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0901 - Die Zweidenker

Titel: 0901 - Die Zweidenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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können, daß ich mich gar nicht fürchtete.
    Sie schlüpfte zu mir ins Bett und drängte mich an die Wand. „Ist es so recht, Baya?" fragte sie. „Du hast ganz kalte Füße, ich werde sie dir wärmen. Schlaf nur, es kann dir nichts geschehen. Hab keine Angst, kleine Baya ..."
    Und sie drückte sich fester gegen mich, suchte unter der Decke meine Hand. Sie unterhielt sich noch eine Weile mit mir, aber ihre Stimme wurde immer leiser, bis sie sich in Schlaf geredet hatte und schließlich ganz verstummte. Jetzt erst fand ich meine Ruhe und konnte ebenfalls einschlafen. Ich tat es in dem Bewußtsein, meiner doppelt so alten Schwester das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben.
    Aber dieses Gefühl wurde bald von einem seltsamen und aufregenden Traum verdrängt. Er handelte von Unbekannten, die eigentlich nur Loower sein konnten.
    In meinem Zimmer breitete sich Licht aus, als würde jemand vorsichtig und langsam an einem Dimmer drehen. Als das Licht eine gewisse Helligkeit erreicht hatte und man die Gegenstände darin verschwommen sehen konnte, wurde ein Summton hörbar.
    Das Licht war orangefarbig, und der Summton paßte dazu. Ich empfand das Licht und den Klang als harmonisch.
    Kerinnja rührte sich. „Was ist das?" fragte sie verschlafen. „Pst!" machte ich. „Ein Traum.
    Verscheuche ihn nicht."
    Ich war nun hellwach, kletterte über meine Schwester, die Schwer wie ein Sack auf dem Bauch lag, und setzte mich an den Bettrand. Neugierig starrte ich in die orange Dämmerung.
    Das konnte noch nicht alles sein. Es mußte noch etwas kommen.
    Und es kam noch etwas.
    Der Summton wurde unhörbar, aber irgendwie konnte ich ihn noch spüren. Vater hatte Kerinnja einmal erklärt, daß Tiere eine feineres Gehör als Menschen hätten, und ich war sicher, daß unser Hund, den wir auf Gäa besessen hatten, jetzt etwas hätte hören können.
    Kerinnja begann sich unruhig hin und her zu wälzen, und ich kraulte sie im Nacken, wie ich es von Vater gesehen hatte. Ihr Schlaf wurde etwas ruhiger. „Keine Angst, kleine Terranerin", sagte eine fremdländisch klingende Stimme aus der Luft. „Dir soll nichts geschehen."
    „Das hat Kerinnja heute auch schon einmal zu mir gesagt", erwiderte ich. „Wer ist Kerinnja?"
    „Meine Schwester." Ich deutete auf sie. „Aber ich habe gar keine Angst.
    Wovor auch?"
    „Mach trotzdem die Augen zu."
    „Warum?"
    „Es ist besser, wenn du nicht siehst, was es sonst zu sehen gäbe."
    „Was denn?"
    „Sollen wir dich in künstlichen Schlaf versetzen, kleine Terranerin?"
    Ich mußte kichern. So hatte mich noch niemand genannt. Der Sprecher mußte also jemand sein, der kein Terraner war. Logisch, nicht?
    War es nicht einmal ein Mensch? fragte ich mich und preßte gehorsam die Augen zusammen. Ich tat dies besonders deutlich, mit entsprechender Grimasse und geballten Händen, damit es nicht auffiel, daß ich mogelte.
    Ich war recht neugierig, und deshalb blinzelte ich.
    In der Luft erschien eine Kugel.
    Das heißt, es war keine richtige Kugel, sondern nur kugelig, aber so unregelmäßig wie ein unbehauener Eelsbrocken mit annähernder Kugelform.
    Die nicht kugelrunde Kugel dehnte sich wie ein Luftballon aus.
    Ein Luftballon aus Energie mit unregelmäßiger Form. Das Gebilde wurde immer größer und einer Kugel immer unähnlicher. Als es fast so groß wie Vater war, teilte es sich.
    Und aus der Energieblase wurden zwei Gestalten. „Du hast wirklich keine Angst?" fragte die eine Gestalt. „Nein", sagte ich und tat weiterhin so, als presse ich fest die Augen zusammen. „Worum geht es? Ist das ein Spiel?"
    „Ja ... vielleicht. Ich weiß nicht, was das ist."
    „Du weißt nicht, was ein Spiel ist?" wunderte ich mich. „Ein Spiel ist zum Beispiel, wenn ich rate, wer du bist."
    Die eine Gestalt näherte sich der Tür meines Zimmers. Sie war sehr breit und wirkte gedrungen. Am breiten Rücken hatte sie ein Flügelpaar, vorne Stielaugen wie ein Frosch, aber insgesamt sah sie aus wie einer von diesen terranischen Flugsauriern, die es nicht mehr gibt.
    Wie konnte ich nur von solch seltsamen Phantasiegeschöpfen träumen?
    So hatte ich mir Loower nie vorgestellt.
    Plötzlich erklang vom Korridor Gepolter. Vater begann mit verzweifelter Stimme Kerinnjas Namen zu rufen, Mutter schrie schrill. Kerinnja sprang im Bett hoch. Sie starrte auf meinen Besuch und begann ebenfalls zu schreien. Ich konnte nur dasitzen und zuschauen.
    Etwas prallte gegen meine Zimmertür.
    Sie sprang auf, und Vater taumelte hinein.

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