0902 - Zurück zu den Toten
bereits die Arme an, um sich auf die Ellbogen stützen zu können. Den Kopf drückte er ebenfalls in die Höhe, bewegte ihn und starrte unter der Öffnung des Steins hinweg auf die Lichtung, wo sich das Mondlicht auf dem braunen Wintergras abzeichnete und dessen Spitzen leicht versilberte.
Die Zeit war reif!
Der Vampir spürte es. Er war für diese Welt vorbereitet worden. Man hatte ihn geschickt, ihm eine Botschaft in das Gehirn eingepflanzt, und er wußte genau, was er zu tun hatte.
Die andere Welt hatten er und seine beiden Artgenossen verlassen. In ihr waren sie auf den Einsatz vorbereitet worden, denn sie hatten während ihrer Zeit in der fremden Welt vergessen, woher sie eigentlich gekommen waren. Jemand hatte sie geholt, hatte sich mit ihnen beschäftigt und sie behandelt wie ein Lehrer die Schüler.
Und dieser Lehrer war besser als sie alle zusammen. Besonders dann, wenn sich auf seiner Stirn das blutige D abzeichnete. Es war sein Stigma, sein Zeichen, das den Kennern sagte, mit wem sie es zu tun hatten. Mit Dracula II, dem legitimen Nachfolger des großen Vlad aus Rumänien. Mallmann hatte sich auf dessen Thron geschwungen, und er war es, der seinen Weg unbeirrt gehen würde.
Drei seiner Freunde und Diener hatte er für einen Einsatz vorbereitet.
Diese Kultstätte kam ihnen sehr entgegen. Sie war wunderbar angelegt, der Wald verbarg sie, und sie war nur wenigen Menschen bekannt. So sollte es auch bleiben.
Der Blutsauger stöhnte. Er rollte sich einige Male um sich selbst und hatte sein Versteck dann verlassen. Bäuchlings lag er auf der Wiese. Mit einem letzten Griff zurück holte er noch den grauen Hut mit der breiten Krempe hervor. Er würde ihn später aufsetzen, wenn er sich hingestellt hatte. Zwar war er vom langen Liegen nicht steif geworden, aber seine Bewegungen waren auch nicht so, wie er es sich gewünscht hätte.
Etwas schwankend stand er auf den Beinen, fühlte sich zugleich leer und ausgebrannt. In seinem Körper war nichts mehr, nur Asche und Leere.
Er konnte es nicht genau beschreiben, aber das Ergebnis war ihm klar.
Er brauchte Blut!
Den frischen Lebenssaft eines Menschen. Ihn leerzusaugen, war für ihn das höchste der Gefühle.
Als er daran dachte, öffnete er den Mund. Über die Lippen drang das Fauchen in die Stille hinein, als sollte es zu einem Weckruf für die anderen werden.
Der Blutsauger hob den rechten Arm. Dann setzte er seinen Hut auf und schob ihn weit nach vorn. Ein Schatten trennte das Gesicht in zwei Hälften. Die untere lag frei, genau dort befand sich der Mund mit den blassen, blutleeren Lippen. Eine Zungenspitze schlug für einen Moment hervor wie das Ende einer dicken Peitschenschnur. Sie blieb draußen und wurde in die Höhe gedrückt. Die Spitzen Zähne wurden sichtbar.
Er zog die Schultern in die Höhe, drückte den Kopf nach vorn, als wollte er, ähnlich wie eine Katze, einen Buckel bilden. Den Mund hielt er wieder geschlossen, als er sich drehte und mit leicht tappenden Schritten zu den anderen Steinen hinging, unter denen er seine Artgenossen wußte.
Das Material war normalerweise grau, durch das Mondlicht aber hatte es einen leicht grünlichen Schleier bekommen.
Vor einem ähnlichen Stein wie dem seinen blieb der Vampir stehen und bückte sich.
Noch während der Bewegung sah er die bleiche Krallenhand, die sich unter dem Schein hervorschob, im Mondlicht für einen Moment zuckte und so aussah, als wäre sie künstlich und würde nur durch eine Fernsteuerung in Bewegung gehalten.
Die Hand war nicht künstlich, denn sie gehörte dem Blutsauger Nummer zwei, der aus seinem Versteck nach draußen kroch. Er hatte mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen wie sein Vorgänger und seine gekrümmten Finger suchten Halt im Boden, doch er rutschte immer wieder ab, was auch der erste Vampir sah. Deshalb bückte er sich, umklammerte das Gelenk und zerrte seinen Artgenossen unter dem Stein hervor. Und er half ihm auch, als dieser auf die Beine kam.
Nebeneinander blieben sie stehen. Beide schwankten nicht mehr, aber beide trugen Hüte. Sie sahen aus wie Brüder, denn selbst die Gesichter glichen sich.
Der Wald schwieg, bis ein Vogel einen Schrei ausstieß. Er klang wie eine Warnung und ein Klagelied zugleich. Der Schrei verwehte am Himmel, dann war es wieder still.
Bis auf das Kratzen im Rücken der beiden Blutsauger. Sie hörten es zugleich und drehten sich um.
Der dritte Vampir war unter seinem Stein hervor ins Mondlicht gekrochen. Noch lag er auf dem
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