0902 - Zurück zu den Toten
haben…«
***
Sie brachten den Geruch von Tod, Verwesung und altem Fleisch oder vermoderter Haut mit. So jedenfalls dachte Olivia Serrano und schaute zitternd zu, wie sich die drei Gestalten in den Flur schoben, wobei sie sich dicht hinter der Tür aufbauten, als wollten sie die beiden Frauen in die Zange nehmen.
Amanda schloß die Tür. Auch sie machte jetzt nicht den sichersten Eindruck. Sie bewegte sich ganz anders, sie war etwas verlegen. Sie wußte nicht so recht, wohin sie schauen sollte, und auch die Vampire trafen keine Anstalten, um einen Kontakt aufzunehmen.
Es brannte nur ein Licht. Die kleine Lampe mit dem bunten Schirm stand auf einer schmalen Anrichte, und dieses Licht war so dünn, daß es die Blutsauger nicht störte.
Keiner traf Anstalten, seinen Hut vom Kopf zu nehmen. So lag ein Großteil der Gesichter im Schatten, und den beiden Frauen war es auch noch nicht gelungen, den Beweis dafür zu sehen, daß die drei Wesen zu den Vampiren zählten, denn ihre Lippen blieben geschlossen.
Olivia atmete schwer. Sie schwitzte, und sie wußte, daß sie so leicht keine Ruhe finden würde. Dazu waren die Gestalten einfach zu absurd und unrealistisch.
Trotzdem waren sie da.
Beide Schwestern erlebten die Wirklichkeit, die eine schlimm, die andere nicht.
Noch blieben die unheimlichen Gäste ruhig. Sie standen abwartend da und beobachteten. Sehr gut hätten sie auch als Drillinge durchgehen können, denn in der Kleidung unterschieden sie sich in nichts voneinander. Die langen Mäntel, die Hüte und die bleichen Gesichter darunter, die im Schummer licht auch irgendwie gleich wirkten.
Sie warteten ab, sondierten. Die Haustür stand nicht mehr offen. Wenn sie verschwinden wollten, dann sicher über einen anderen Weg, dachte Olivia.
Einer löste die Starre. Er ging vor. Und er schlug ausgerechnet die Richtung ein, in der auch Olivia stand. Sie sah es genau und wußte nicht, wie sie sich verhalten sollte. Die Bedrohung war in den letzten Sekunden schon vorhanden gewesen, doch nicht so dicht und beängstigend wie jetzt, denn der Blutsauger traf keinerlei Anstalten, seine Richtung zu ändern. Er blieb in einer Linie, und er kam Olivia plötzlich vor wie ein Riese. Sie jedenfalls fühlte sich klein und schmächtig.
Dann stand er vor ihr.
Aus dem Hintergrund hörte sie Amandas Stimme. »Keine Furcht, Schwesterherz, er wird dir nichts tun. Ich bin bei dir. Du mußt dich daran gewöhnen, daß sie ab heute zu uns gehören und unsere Gäste sind. Es ist für uns nicht schlimm. Nimm sie einfach, wie sie sind. Du mußt sie als unsere Leibwächter sehen. Sie werden immer wieder zu uns zurückkehren, wenn ihre Einsätze vorbei sind. So ist es gesagt und versprochen worden. Denk doch daran.«
»Ich kann nicht«, hauchte Olivia.
»Du mußt aber!«
Olivia konnte nichts mehr sagen. Vielleicht deshalb nicht, weil der Vampir seinen rechten Arm angehoben hatte, ihn allmählich senkte und ihn dabei auch vorstreckte.
Die Schulter der furchtstarren Frau war sein Ziel. Auf sie legte er seine Hand nieder.
Olivia spürte den Druck. Sie hatte das Gefühl, gleichzeitig zu Eisen und zu Eis zu werden. Es kostete sie Mühe, normal stehen zu bleiben und nicht in die Knie zu sinken. Vor ihren Augen schwindelte alles, sie hörte sich selbst jammern und atmen, und sie merkte, wie sich die Hand von ihrer Schulter löste und über das Gesicht wanderte.
Wenig später drückten die Finger zu.
Kalt wie Graberde waren sie. Olivia fror plötzlich und zitterte wie Blattwerk, das vom Wind gestreift wurde. Sie war nicht mehr in der Lage, etwas zu sagen. Sie hatte auch den Eindruck, nicht mehr atmen zu können, alles in ihr war verkrampft und hatte sich verzogen. Ihr Körper war von Kopf bis Fuß steif, aber es gelang ihr nicht, die Augen vor dem Elend zu schließen, in dem sie sich gefangen fühlte.
Er stand vor ihr!
Er hatte den Kopf gesenkt und starrte sie an.
Olivia sah seine Augen unterhalb der Hutkrempe. Es waren keine menschlichen Augen, auch wenn er ein menschliches Gesicht hatte. Es waren die Augen eines Tiers, nein, nicht das einmal, denn auch ein Tier hatte einen gewissen Ausdruck. Sie kannte das von Hunden her. Diese Augen waren einfach gar nichts. Sie waren nur da, und sie waren so schrecklich anders, so kalt, leer, nicht mal Gier stand darin.
Das Zucken der Lippen lenkte Olivia ab. Sie konnte nicht anders und mußte auf den Mund schauen, der sich langsam öffnete. Er nahm in den folgenden Sekunden an Breite zu. Die Oberlippe
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