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0903 - Der Schattenkelch

0903 - Der Schattenkelch

Titel: 0903 - Der Schattenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Robin von der Legende, die er am Abend zuvor gelesen hatte. Er schilderte wie Agamar, der überehrgeizige Dämon, Lucifuge Rofocale herausgefordert und daran gescheitert war, wie er mit seinen Schattenhunden in eine schwarze Blase verbannt wurde und verschwand. Er berichtete von Dòmhnall und dessen Schüler Ailean, die Agamar verfolgten und ihn bekämpfen wollten.
    »Dabei verlor Ailean den Verstand«, endete Zamorra, »und Dòmhnall das Leben.«
    »Hm«, machte Robin. »Wenn er das Leben verlor, wie kann er dann vor uns stehen?«
    »Das ist einer der Punkte, über den er uns aufklären sollte.« Er wandte sich dem Clochard zu. »Also?«
    Dòmhnall sah Zamorra lange in die Augen. Dann starrte er ihm auf die Brust, wo das Amulett hing. »Ich habe mich in dir getäuscht«, ergriff er schließlich das Wort. »Außerdem kennst du meine Geschichte, Mann mit dem Amulett! Ich glaube, ich kann dir trauen. Und ich glaube, du wirst mir helfen. Der Teufel, den du Lucifuge Rofocale nennst, hat nur meinen Körper getötet. Meine Seele aber hat er in Agamars Schattenreich gesperrt. Ich war eine, wie es mir schien, endlos lange Zeit eingekerkert mit einem Dämon und seinen Dienerkreaturen. Gefangen in einer Blase in irgendeiner Schattendimension neben unserer Welt.«
    »Hat Agamar von dir gewusst?«
    »Nein, er wähnte sich alleine mit den Schattenhunden und seinen Zehen.«
    Zamorra überging diese merkwürdige Bemerkung. »Aber jetzt bist du entkommen«, stellte er stattdessen fest. »Und mit dir Agamar, wie ich annehme.«
    Dòmhnall schüttelte den Kopf. »Dafür war Lucifuge Rofocales Gefängnis zu sicher. Immer wieder schleuderte Agamar Zaubersprüche, Energieblitze und Flüche gegen die Kerkermauern, aber sie hielten stand. Doch das änderte sich irgendwann.«
    »Das änderte sich?«
    »Ja. Plötzlich gelang es Agamar, die Mauern mit seinen Blitzen anzukratzen.«
    »Wann war das?«
    Dòmhnall zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht sagen. In der Gefangenschaft habe ich das Zeitgefühl verloren.«
    »Könnte es vielleicht neun Jahre her sein?«
    »Möglich. Warum fragst du?«
    »So lange liegt es etwa zurück, dass Lucifuge Rofocale vom Dunklen Lord getötet wurde. [1] Vielleicht litt darunter die Festigkeit des Gefängnisses. Was geschah dann?«
    »Als Agamar bemerkte, dass er die Mauer beschädigen konnte, jagte er einen Blitz nach dem anderen immer wieder auf die gleiche Stelle. Doch der Kerker brach nicht zusammen. Es war eher…« Dòmhnall unterbrach sich und suchte nach einem passenden Bild. »Ja, es war eher, als würde er mit dem Fingernagel einen Fluchttunnel in diese Welt kratzen.«
    Robin fischte seine Pfeife aus der Jackentasche und steckte sie sich in den Mundwinkel. »Der Tatsache, dass Sie hier vor uns stehen, entnehme ich, dass der Tunnel fertig ist.«
    »Ja, aber er war zu klein und nicht stabil genug. Kaum war er errichtet, brach er wieder zusammen.« Er wandte sich erneut Zamorra zu. »Ihr dürft nicht vergessen, dass es sich nicht wirklich um einen Tunnel handelt. Er ist nur…«
    Mitten im Satz brach Dòmhnall ab. Sein Blick wurde leer und ging in die Ferne. Jegliche Spannung verschwand aus seinem Körper. Nur das Augenlid zitterte wieder.
    Robin sah zu Zamorra. Der musterte den regungslosen Clochard, erwiderte dann Robins Blick und zuckte mit den Schultern.
    »Dòmhnall? Alles in Ordnung?«
    Die einzige Antwort bestand im Flattern des Augendeckels.
    »Das habe ich vorhin schon bei der Zeitschau gesehen«, sagte Zamorra. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist. Dòmhnall?«
    »… ein Sinnbild dafür, um euch das alles begreiflich zu machen«, fuhr der Clochard plötzlich fort.
    Zamorra sah ihn aus großen Augen an und nickte. Sollte er zu Dòmhnalls »Leerlauf« etwas sagen oder einfach darüber hinweggehen? Er entschied sich für die zweite Alternative. Wichtiger war jetzt erst einmal, die Zusammenhänge zu erfassen.
    Er grübelte eine Sekunde darüber nach, wie der erste Teil des Satzes lautete, den Dòmhnall so überraschend beendet hatte.
    »Äh, sicher, klar. Aber der Tunnel war groß genug, dass du entkommen konntest?«, fragte er schließlich.
    »Ja. Weil ich nur noch als Seele existierte und nicht mehr körperlich war wie Agamar. Ich war aber nicht der Einzige, der entkommen konnte. Vor mir kam noch etwas Anderes in diese Welt!«
    ***
    Gestern, weit von Lyon entfernt und doch ganz in der Nähe
    Agamar kicherte, als er über die rötlich schimmernden Symbole auf dem Kelch

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