0903 - Nächte der Angst
vorn. Wie eine dunkle, tödliche Projektion tauchte er plötzlich auf und warf sich wieder mit aller Gewalt gegen das Fahrzeug.
Zum Glück war der Sprungwinkel ungünstig gewesen, so rutschte der Körper bäuchlings über die Kühlerhaube hinweg und landete auf der anderen Seite im Sand.
Endlich freie Bahn!
Alex schaltete höher. Seine Handfläche war schweißnaß. Sie wäre beim Schalten beinahe noch abgerutscht. Es war alles der reine Wahnsinn, und er wollte nicht näher darüber nachdenken. Den Bogen hatte er mittlerweile geschafft. Die Frontseite des Fiats zeigte zur Straße hin, und das genau war sein Fluchtweg.
Erst jetzt schaltete er die Scheinwerfer ein. In ihrem Licht zeichnete sich plötzlich eine Gestalt ab.
Es war ein Mann, der dort bewegungslos stand, zum Wagen hinschaute und lächelte.
So zumindest kam es Alex vor. Er konnte den Fremden auch nicht genau erkennen, aber das Gesicht blieb ihm schon in der Erinnerung haften. Für ihn hatte es ausgesehen wie ein blasser Fettfleck, und ebenso blaß wirkten auch die blonden Haare auf seinem Kopf.
Die fremde Gestalt hob den rechten Arm. Locker winkte sie dem Mann hinter dem Steuer zu, der dicht an dem anderen vorbeifuhr, einfach auf die Straße hinauf, und das Glück hatte, von keinem querfahrenden Fahrzeug erwischt zu werden.
Der Fiat holperte über das alte Pflaster, und Alex Preston riß das Steuer nach rechts. Er hörte die Reifen jaulen, die ebenfalls gegen die Behandlung protestierten, das war ihm alles egal. Für ihn allein zählte, daß er diese Attacke lebend und sogar noch unverletzt überstanden hatte. Diesem bluthungrigen Köter war es nicht gelungen, ihm eine Wunde zuzufügen oder Fleisch aus seinem Körper zu reißen.
Aber er wüßte noch mehr. Der Hund hatte ihn nicht spontan angegriffen. Wenn er es recht bedachte, mußte das Tier auf ihn gelauert haben. Ja, nur auf ihn, denn es war geschickt worden. Es hatte an der Baustelle gestanden und mußte gewußt haben, daß er kommen und in den Wagen steigen würde.
Das hatte der Hund verhindern sollen. Er war perfekt dressiert worden, nur fragte sich Alex Preston, wer das getan hatte. Wer wollte, daß er durch einen Hundebiß starb?
Die Lösung war einfach, wenn auch nicht zu verstehen. Er dachte darüber nach, als er den Fiat vor einer Einfahrt angehalten hatte, wo man eigentlich nicht parken durfte. Er konnte einfach nicht mehr fahren. Er brauchte eine gewisse Ruhezeit, um alles noch einmal überdenken zu können.
Drei Dinge kamen zusammen.
Da war der Hund gewesen, dann der fremde Mann, und er dachte noch einen Schritt weiter, denn ihm kam seine Verlobte wieder in den Sinn. Vera Tanner hatte sich an diesem Abend so erschreckend anders verhalten. Sie war nicht mehr normal gewesen, sie hatte unter einem Druck und einer Beeinflussung gestanden, mit der Alex nicht mehr zurechtkam. Das überstieg seinen Horizont.
Aber gab es die Verbindung zwischen dem Hund, dem Fremden und seiner Verlobten tatsächlich?
Die Punkte des Dreiecks existierten für ihn, nur schaffte er es nicht, sie zu verbinden.
Noch nicht…
Kam Zeit, kam Rat. Allerdings durfte er sich nicht zuviel Zeit lassen. Er hatte durchaus das Gefühl, daß sich gewisse Dinge zusammendrängten und es in naher Zukunft zu einer Explosion kam, deren Wellen auch ihn mitreißen konnten.
Alex dachte daran, seine Verlobte anzurufen und ihr alles zu erzählen.
Nein, den Gedanken verwarf er schnell wieder. Vera lag sicherlich schon im Bett. Er wollte sie auf keinen Fall erschrecken, das wäre nicht gut gewesen.
Bevor er startete, warf er Blicke in die Spiegel.
Hinter ihm war alles ruhig. Kein auf Menschen dressierter Hund raste über die Straße oder den Gehweg. Die Stille tat ihm auf eine gewisse Art und Weise gut.
Noch einmal atmete er tief durch. Dann drehte er wieder den Schlüssel, und der Motor sprang an.
Der Fiat rollte vor.
Wohin, das war Alex Preston unklar. Er hatte das Gefühl, an einem Scheideweg in seinem Leben zu stehen, aber er nahm sich vor, nicht aufzugeben, und in seinem Kopf entstand bereits ein Plan. Allein konnte er ihn jedoch nicht durchführen, dazu brauchte er Hilfe…
***
Vera Tanner war in die kleine Dusche gegangen und hatte sich unter die heißen Strahlen gestellt, weil sie sich schmutzig fühlte. Wenn sie an den Anruf dieses Lou Ryan dachte, revoltierte ihr Magen, und sie mußte würgen. Sie haßte diesen Mann, und sie wußte zugleich, daß sie ihm und seiner anderen Ausstrahlung verfallen war.
Nein, das
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