0904 - Murcons Burg
Es war, als könnten die entsetzlichen Kampfmaschinen den Quellmeister von dem eigentlichen Feind unterscheiden.
Denn Pankha-Skrin wurde nicht eine Falte seiner Hautlappen gekrümmt.
Die Roboter zogen ab, als ihre Arbeit getan war. Pankha-Skrin aber hockte in der Mitte der Halle, umgeben von den Leichen derer, die einem sinnlosen Rachefeldzug zum Opfer gefallen waren, den Leichen von Techno-Spürern und Wahren Zaphooren, von Kontrahenten, .die sich nicht darüber hatten einigen können, wer den Gastwirt bekommen solle.
Den Gastwirt, der gar keiner war!
Pankha-Skrin empfand keine Schuld. Sein entelechisches Bewußtsein sagte ihm klar und deutlich, daß er zwar der Katalysator, aber nicht der Verursacher dieses Blutbades war.
Dennoch war sein Schmerz groß.
Unnötiges Sterben hatte in der entelechischen Philosophie keinen Platz.
Der Quellmeister saß inmitten des unsagbaren Elends, und das Skrimarton, das Quellhäuschen, hatte plötzlich eine trübe, graue Färbung angenommen. Es hatte aufgehört zu pulsieren und war in sich zusammengefallen.
Das war dasselbe, als wenn ein Mensch geweint hätte.
Die Nachricht vom Massaker im Sektor der Techno-Spürer verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch das Große Gasthaus. Die erste Meldung kam von einer jungen Frau aus dem Turm der Unabhängigen Frauen. Sie hatte sich davongeschlichen, um sich mit ihrem Liebhaber zu treffen. Der Treffpunkt lag an einem abgelegenen Ort des Techno-Spürer-Sektors.
Als der Erwartete nicht zum Stelldichein eintraf, hatte sich die Frau aufgemacht, ihn zu suchen. Sie war in die Quartiere der Techno-Spürer eingedrungen und hatte sie gefunden, wie sie von Boronzot und seinen Schlächtern hinterlassen worden waren.
Salsaparu sandte sofort eine weitere Botschaft an die Königin Garlotta.
Die Lage war gefährlich und erforderte eine rasche Entscheidung.
Nachdem Boronzot die kleine Bruderschaft der Techno-Spürer ausgelöscht hatte, würde er sich auf dem schnellsten Wege alles technischen Geräts bemächtigen wollen, das bislang von Vajian und seinen Gefolgsleuten verwaltet worden war. Vielleicht hatte er dies sogar von allem Anfang geplant. Womöglich war der Gastwirt, den Vajian ihm hatte vorenthalten wollen, nur ein Vorwand gewesen, durch die Beseitigung der Techno-Spürer eine Machtposition zu erlangen, die so gut wie unantastbar war.
Die Schiefäugige sandte außerdem Botschaften an zwei Genossenschaften, die auf der anderen Seite des Turmes der Unabhängigen Frauen lebten und im allgemeinen als Verbündete der Wahren Zaphooren galten.
Salsaparu aber meinte, daß Boronzots jüngster Schachzug auch denen, die bisher mit ihm im Bund waren, nicht recht sein würde.
Vor allen Dingen aber schickte die Schiefäugige Späher aus, darunter die leichtfüßige Pritt, die Meisterin der Maskerade, die sich als eine Frau der Wahren Zaphooren verkleidete und geradewegs in Boronzots Reich eindrang, um zu erfahren, was sich dort tat.
Pritt kehrte nach etlichen Stunden zurück. Was sie zu berichten hatte, klang zunächst reichlich verwirrend. „Die Wahren Zaphooren haben den Gastwirt nicht", erklärte die Leichtfüßige. „Niemand weiß, wo er geblieben ist. Boronzot zog mit einer Streitmacht von mehr als achtzig Mann aus, kehrte aber allein zurück - und zwar wesentlich später, als man ihn erwartet hatte. Seit seiner Rückkehr hält er sich in seinem Palast verborgen und bespricht sich angeblich mit seinen Beratern."
Daraufhin stellte die schieläugige Salsaparu einen Stoßtrupp zusammen, dessen Aufgabe es war, in den Sektor der Techno-Spürer einzudringen und dort nach Hinweisen zu suchen, mit denen sich ein Zusammenhang zwischen den verwirrenden Ereignissen der vergangenen Stunden herstellen ließ. Der Stoßtrupp erreichte schließlich die Maschinenhalle und fand dort die Opfer des Massakers: Techno-Spürer wie Wahre Zaphooren. Aus den Spuren ging hervor, daß es den Techno-Spürern, bevor der letzte von ihnen fiel, noch gelungen war, ihre Roboter zu Hilfe zu rufen. Diese hatten darauf ihrerseits unter den Angreifern aufgeräumt.
Lediglich Boronzot hatte das Blutbad auf unerklärliche Art und Weise überstanden.
Der Gastwirt aber war nirgendwo zu finden.
Als Pankha-Skrin den ärgsten Schmerz überwunden hatte, überlegte er, was jetzt geschehen solle. Es wäre ihm noch vor kurzem undenkbar erschienen, daß es für ihn jemals etwas Wichtigeres geben könne als die Verfolgung des Zieles, das sich das loowerische Volk vor Jahrmillionen gesetzt
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