0904 - Murcons Burg
Angst gewesen und hatte die Worte des Fremden nur halb gehört. Inzwischen aber waren sie ihr in die Erinnerung zurückgekehrt. Der Fremde hatte nicht direkt, aber doch in umschreibender Weise geleugnet, ein Gastwirt zu sein. Er schien mehr über das Große Gasthaus zu wissen als mancher, der sein Leben hier verbracht hatte. Denn er nannte es „Murcons Burg". Er hatte gesagt, daß es wahrscheinlich Mittel und Wege gebe, mit denen die Zaphooren die Freiheit wiedererlangen konnten, aber sie müßten erst gesucht werden.
Salsaparu hatte lange Zeit darüber nachgedacht und sich schließlich entschieden, dem Fremden mit dem seltsamen Namen Pankha-Skrin zu glauben. Er war kein Gastwirt. Sein Besitz brachte den Unabhängigen Frauen also nur insofern einen Vorteil, als es andere gab - zum Beispiel Boronzot - die Pankha-Skrin nach wie vor für einen Gastwirt hielten.
An einem solchen Spiel aber war der Schiefäugigen nichts gelegen. Sie glaubte, daß Pankha-Skrin den Zaphooren in der qualvollen Enge des Großen Gasthauses wirklich helfen könne, wenn man ihn nur gewähren ließe.
Anstatt ihn in ihre Gewalt zu bringen, wodurch sie wiederum die Rache Boronzots herausgefordert hätte, wollte sie ihn lieber den Wahren Zaphooren überlassen und auf dem Weg über die Königin Garlotta ein Abkommen mit Boronzot erzielen, durch das Pankha-Skrin die Möglichkeit gegeben wurde, zum Wohle aller Zaphooren tätig zu werden.
Salsaparus Boten waren längst zum Turm der Königin unterwegs, als Vajian in der Maschinenhalle von Boronzot gestellt wurde.
Salsaparu wußte in diesem Augenblick noch nicht, daß ihr Entschluß eine unvorstellbare Katastrophe auslösen würde. Sie hatte sich in Boronzot getäuscht. Sie wußte nicht, mit welcher Grausamkeit er die Techno-Spürer zu bestrafen sich vorgenommen hatte - so unmenschlich in der Tat, daß das ohnehin prekäre Kräftegleichgewicht im Großen Gästhaus vollends aus der Balance gebracht wurde und das Resultat nur noch eines sein konnte: der totale Krieg - der blutige Kampf aller gegen alle - und im schlimmsten Fall die Vernichtung des gesamten Volkes der Zaphooren.
Vajian erkannte, daß er sich in einer denkbar ungünstigen Lage befand.
Er war in Boronzots Falle gegangen.
Mit Gewalt ließ sich hier nichts ausrichten. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst!" rief er dem Oberherren der Wahren Zaphooren zu. „Ich habe es unternommen, den Gastwirt aus der Gefangenschaft der Blinden zu befreien, damit ich ihn dir zurückgeben kann."
Boronzot stieß ein höhnisches Gelächter aus.
„Such dir einen Dümmeren, der das glaubt!" spottete er. „Ich weiß, daß du mich hintergehen wolltest.
Ich haue es aus sicherer Quelle!"
Vajians Gesicht wurde fahl. „Wer hat dir diese Lüge aufgetischt?" fragte er, aber seine Stimme hatte keinen sonderlich überzeugenden Klang. „Deine eigenen Leute, Vajian", antwortete Boronzot. „Meine eigenen Leute?!" schrie der Oberbruder. „Sie würden niemals gegen mich..."
„O doch!" fiel ihm Boronzot ins Wort. „Wenn man ihnen nämlich das Messer an die Kehle setzt!"
Vajian zuckte zusammen. ,,Du ha st ... meine Leute gefoltert?" keuchte er. „Ich habe sie gezwungen, die Wahrheit zu sagen", erklärte Boronzot mit harter Stimme. „Du brauchst dich um sie nicht mehr zu gorgen. Sie spüren keinen Schmerz mehr."
„Du hast sie umgebracht ...!"
Vajians Schrei gellte wie ein Fanfarelnsignal durch die Halle. Die mächtige Gestalt des Oberbruders krümmte sich. Aus blutunterlaufenen Augen stierte Vajian den Widersacher an. Ein dumpfes Grollen kam aus seiner Kehle. Mit einem wilden Satz griff er an.
Boronzot hatte darauf gewartet. „Schützt euren König!" rief er seinen Kämpfern zu.
Vajian schwang die Keule, die er aus den Falten seines Gewandes hervorgezogen hatte. Fahle Blitze in unaufhörlicher Folge zuckten aus der Waffe. Drei von Boronzots Kriegern wurden getroffen und gingen lautlos zu Boden. Die anderen aber schleuderten ihre Speere dem in rasender Wut angreifenden Techno-Spürer entgegen. Zwei Wurfgeschosse trafen Vajian In die rechte Schulter. Er achfete Ihrer nicht. Der dritte Speer aber traf ihn mitten auf der Brust.
Vajian strauchelte. Er gab einen halb röchelnden Schrei von sich, in dem sich Wut und Schmerz mischten.
Dann stürzte er vornüber. Er kämpfte bis zum letzten Augenblick gegen den Tod - versuchte immer wieder, sich in die Höhe zu stemmen und an Boronzot heranzukommen. Schließlich aber verließen ihn die Kräfte. Er brach
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