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0905 - Die Anstalt

0905 - Die Anstalt

Titel: 0905 - Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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Osborne House aufgehalten. Gerade Windsor Castle schien noch am ehesten den Bedürfnissen ihres Alters und ihrer gewandelten Persönlichkeit zu entsprechen.
    Nun aber war sie hier - und er war es auch.
    Kurz nach Erreichen des Stadtbezirks, in dem sich der Palast erhob, war Hall von Twist getrennt worden - allerdings war ihm versichert worden, dass dem Jungen kein Leid geschehe, im Gegenteil: Die Aussicht auf eine warme Mahlzeit aus königlicher Küche hatte seine Augen zum Leuchten gebracht.
    Hall brachte den Männern in Schwarz nach wie vor jenes gesunde Maß an Misstrauen entgegen, das ihn bislang am Leben erhalten hatte. Doch zumindest, was Twist anging, hatte er Aufrichtigkeit gespürt. Man hatte ihn in diesen Raum gebracht, dessen Fenster zur Mall Street hin zeigten, und mit der Aufforderung hier zu warten allein gelassen. Ebenso hatte man die schweren Vorhänge geschlossen, sodass der Großteil des nachmittäglichen Sonnenlichts draußen blieb.
    Aber die Düsternis passte zur Erscheinung der trauernden Königin. Eines nicht mehr allzu fernen Tages würde sie trauernd sterben, dachte Hall. Viele würden dann um sie trauern, er auch, falls er dann noch am Leben war. Victoria war über die langen Jahrzehnte ihrer Regentschaft zur Institution geworden. Kein Monarch vor ihr hatte so lange das Zepter in der Hand gehalten. Was würde nach ihr kommen, wer? Viele fürchteten das Unbekannte, und auch wenn Arsenius Hall nicht zu jenen ängstlichen und zaudernden Naturen zählte, machte auch er sich seine Gedanken über die Zukunft.
    Ihr jemals von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, damit hätte Hall nicht im Traum gerechnet - selbst nach der Bemerkung desjenigen, der ihn hierher gebracht hatte, Ihre Majestät wolle ihn sprechen, hatte er bis zuletzt allenfalls an einen engen Vertrauten der Königin geglaubt, der das Gespräch mit ihm suchte - warum auch immer.
    Im ersten Moment ihres Eintretens war er wie erstarrt. Ihre ganze Haltung drückte Unnahbarkeit aus. Doch dann, zwei, drei Schritte, die sie näher an ihn heranbrachten, später, formte sich unerwartet ein Lächeln auf den wächsernen Zügen.
    »Sie sehen Ihrem Herrn Vater ungemein ähnlich - hat Ihnen das schon einmal jemand gesagt?«
    Ihre Stimme war keineswegs brüchig, was in Anbetracht ihrer Betagtheit zu erwarten gewesen wäre - immerhin hatte sie die Siebzig bereits überschritten - sondern klang fest und in jeder Silbe kontrolliert.
    Hall spürte, während er sich von seinem Stuhl erhob, brennende Hitze aus seinem Magen aufsteigen. Gallebitterer Geschmack bildete sich auf seiner Zunge. Hätte er sich in anderer Gesellschaft befunden, hätte er wohl angeekelt ausgespuckt.
    Hier und jetzt beherrschte er sich - obwohl der Finger in der alten und doch ewig frischen Wunde weh tat.
    »Mit Verlaub, Ihr irrt Euch gewiss, Majestät, eine Verwechslung, wie ich es mir schon dachte, denn… ich habe keinen Vater.«
    Das Lächeln auf dem rundlichen Gesicht blieb unerschütterlich. Unmittelbar vor ihm kam sie zum Stehen. Ihre Kleidung war so schwarz, als hätte sie als Vorbild für die Männer gedient, die Hall beim Friedhof aufgelauert hatten. »Jeder Mensch hat einen Vater, Mister Hall, auch Sie - darin zumindest wollen Sie mir doch nicht widersprechen?«
    Er zögerte, nickte schließlich, wenn auch widerwillig. Aber seine Lippen blieben stumm, obwohl seine Gedanken um den Namen kreisten, den der Mann in Grau ihm genannt hatte: Albert Hawk.
    »Sie hatten einen Knaben bei sich, wie man mir sagte.«
    Sofort stahl sich Sorge in seine Züge. Die mächtigste Frau des Vereinten Königreiches bemerkte es und beschwichtigte: »Nein, nein, er hat nichts zu befürchten, Sie schätzen das alles falsch ein - meine Schuld, ich weiß, es hätte vertrauensbildendere Wege gegeben, mich mit Ihnen bekannt zu machen. Allerdings drängt die Zeit, und ich schätze Sie stark genug ein, um die Behandlung, die Ihnen von meinen vielleicht ungestümen Vasallen zuteil wurde, ohne bleibenden Schaden zu verdauen. Wie auch der Knabe… wie war doch gleich sein Name?«
    »Twist«, sagte Hall. Er räusperte sich. »Ich fühle mich für ihn verantwortlich. Er… hat sonst niemanden mehr auf der Welt.«
    »Wenn er Sie hat«, sagte die Monarchin, »ist ihm sicherlich viel geholfen. Ich respektiere Menschen, die sich um andere kümmern. Mein ganzes Leben lang habe ich versucht, dasselbe, was Sie tun, Mister Hall, auch für meine Millionen Kinder zu tun.«
    Sie meinte ihre Untertanen, das war ihm

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