0906 - Ein Monster aus der Märchenwelt
einiges zu verbergen hatten und tiefer in diesem Fall steckten, als Suko es sich je hätte träumen lassen.
Und sie hatten es geschafft, ihn zu überwältigen. Er war wie ein Blinder in ihre Falle gelaufen, während John in dem anderen Lagerraum zurückgeblieben war.
Und Suko war allein.
Diese Tatsache sah er als einen Vorteil an, wobei er aber nicht glaubte, daß sich das saubere Pärchen aus dem Staub gemacht hatte. Das würde er auch nicht tun. Zwar hatte man ihn niedergeschlagen, doch Suko gehörte zu den Menschen, die einiges einstecken konnten.
Außerdem war er kein Mensch, der sich leicht in sein Schicksal ergab.
Eine Gehirnerschütterung würde er wohl nicht haben. Suko war schon wieder soweit fit, daß er sich darüber ärgerte, wie er überhaupt in diese verdämmte Falle gelaufen war. Daß ihm, einem Fachmann, so etwas passierte! Er zeigte aber auch, daß er den Kontakt zur Wirklichkeit nicht verloren hatte, obwohl es ihm so vorkam, als er versuchte, sich zu erheben, denn da erwischte ihn ein Schwindel, und er hatte für einen Moment das Gefühl, einfach weggetrieben zu werden.
Er blieb für einen Moment sitzen, bekam seinen Atem unter Kontrolle und startete- einen weiteren Versuch, der ihn auf die Füße bringen sollte.
Das klappte, auch wenn es mit einigen Schwierigkeiten verbunden war.
Jedenfalls stand er schließlich, streckte den Arm aus und suchte nach einem Halt.
Er grinste, als er sah, daß er ausgerechnet eine Puppe angefaßt hatte.
Ihr Gesicht befand sich dicht vor dem seinen, und er sah die violett geschminkten Lippen, die zu einem lasziven Lächeln verzogen waren.
Die weibliche Schaufensterpuppe trug ein rotes Kleid mit weitem Ausschnitt, aus dem die steifen Brüste hervorschauten.
Er atmete tief und langsam. Suko erholte sich. Er nahm sich die Zeit, denn es hatte keinen Sinn, wenn er sich jetzt auf den Weg machte und seinen Freund John suchte. Dazu fühlte er sich einfach noch zu schwach. Suko vermißte seine Waffe, denn der vertraute Druck war nicht mehr vorhanden. Seinen Stab besaß er noch, auch die Peitsche, die Beretta aber hatte man ihm weggenommen. Es hätte ihn auch gewundert, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, und Suko dachte daran, daß die beiden Künstler nicht nur auf ihrem Gebiet Bescheid wußten, sondern auch Profis in anderer Hinsicht waren. Er würde sich vor ihnen in acht nehmen müssen.
Die ersten Schritte in Richtung Tür setzte er vorsichtig, und er lauschte, ob sich das saubere Paar durch irgendwelche Geräusche verriet, doch es war nichts zu hören.
An der Tür blieb er stehen.
Das Stechen und Hämmern in seinem Kopf hatte zugenommen. Es war nicht gut gewesen, daß er sich schon jetzt bewegte, aber was hätte er sonst tun sollen?
Warten?
Nein, wenn er sich nicht selbst half, dann würde ihm niemand helfen. Davon ging er aus, als er den Flur betrat, in dem es nicht so warm war und auch nicht so intensiv nach Farbe roch wie im Atelier.
Rechts lag die Haustür. Dort wollte er nicht hin. Ihn interessierte mehr die Quertüran der linken Seite. Suko wußte, daß Diana Perl und Darius Chan dort ihr Puppenlager hatten. Er und John hatten es schon kurz besichtigt.
Der Schuß war nicht zu überhören, auch wenn er gedämpft klang. Für einige Sekunden stand Suko regungslos auf der Stelle, den Kopf leicht nach links gedreht, weil er den Knall aus dieser Richtung vernommen hatte.
Hinter der Tür, im Lager.
Suko wollte hin, und es störte ihn in diesem Fall nicht, daß er waffenlos war…
***
Auf einmal war die Dunkelheit verschwunden!
Es floß keine strahlende Helligkeit durch das Puppenlager, in dem es nun aussah, als wäre hier das nackte Chaos ausgebrochen, denn die Figuren lagen zumindest kreuz und quer übereinander, das Licht war irgendwie weich. Es erinnerte an einen dünnen Teppich, der von der Decke her nach unten floß und sich über alles legte, was sich ihm präsentierte.
Ich mußte schnell reagieren. Vor mir standen zwei Puppen, sehr dicht sogar. Beim nächsten Schritt hätten sie mich richtig erwischt. Eine Hand hatte ich schon zu spüren bekommen.
Sie standen zwar relativ dicht beisammen, aber ich konnte zwischen ihnen hindurchschauen. Mein Blick fiel gegen die Tür, wo sich Diana Perl aufhielt, deren Ebenbild ich auch als Puppe in diesem Lager entdeckt hatte.
Die lebende Diana erinnerte mich ebenfalls an eine Puppe, denn sie rührte sich nicht.
Ich suchte Chan!
Rechts von mir lag der Puppenhaufen, als wären dort zahlreiche Leichen
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