0907 - Das Weltraumbaby
Sternfeuers Fähigkeiten traten eines Tages offen zutage.
„Was gibt es Neues?" fragte Douc Langur, als er zu den Zwillingen in eine Kammer am Ende eines Wartungsschachts geklettert war. „Ihr seht so vergnügt aus."
Feierspiel musterte den Forscher mit leisem Mißtrauen. Sternfeuer dagegen lachte Douc Langur an. Sie war sonst eher schüchtern, aber dieses exotische Wesen flößte ihr seltsamerweise Vertrauen ein. Unbewußt verglich sie sich vielleicht manchmal noch mit Douc Langur. Sie hatte wie er lange Zeit vergeblich herauszufinden versucht, wohin sie eigentlich gehörte.
„Die SOL hängt fest, nicht wahr?" fragte sie.
„Ja", antwortete Douc Langur knapp. „Jeder an Bord ist verzweifelt deswegen. Macht es dir nichts aus, daß ihr das Schiff bald verlassen müßt?"
„Dazu kommt es nicht", behauptete Federspiel selbstsicher.
Douc Langur war daran gewöhnt, daß Kinder oftmals die seltsamsten Dinge glaubten. Trotzdem nahm er Federspiels Ausspruch ernst.
„Warum nicht?" fragte er.
„Oh", murmelte Federspiel und kratzte sich im Nacken. „Das ist schwer zu erklären."
Er warf seiner Schwester einen hilfesuchenden Blick zu.
„SENECA wird es nicht zulassen", sagte Sternfeuer ernsthaft.
„SENECA ist dabei, sich abzuschalten."
„Dann wird er damit aufhören."
Warum war dieses Kind so überzeugt, die Wahrheit erraten zu haben? Instinkt? Oder einfache Unfähigkeit, zu erkennen, daß es Tatsachen gab, die man akzeptieren muß, auch wenn sie einem unangenehm waren?
„Hoffentlich behältst du recht", sagte der Forscher. „Es sieht leider nicht danach aus. Aber lassen wir das.
Ich habe ein Problem. Es gibt in der SOL ein Gebiet, das ich nicht betreten kann. Wißt ihr, was man dort versteckt hält?"
„Warum wollen Sie das wissen?" fragte Federspiel mißtrauisch.
„Ich bin neugierig", pfiff Douc Langur lakonisch. Einem erwachsenen Solaner hätte er dies nicht als Begründung anzubieten gewagt. Bei den Kindern war es etwas anderes. Sie würden eine solche Antwort eher akzeptieren als einen langen, logisch fundierten Vortrag.
„Helma Buhrlo lebt dort", sagte der Junge geheimnisvoll. .
Douc Langur überlegte, ob der Name ihm etwas bedeuten sollte.
„Wer ist Helma Buhrlo?" fragte er’ schließlich.
„Eine Solanerin."
„Und warum versteckt man sie?" fragte der Forscher verständnislos. „Ist sie krank?"
Federspiel lachte, und Sternfeuer sah den Forscher spitzbübisch an.
„Krank nicht", erklärte sie schließlich-Sie bekommt ein Baby. Das Baby. Man nennt es auch das Raumbaby."
*
Douc Langur war so verblüfft, daß er sich mit allen vier Füßen im Boden zu verkrallen suchte, denn er fürchtete, sonst aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Ein Kind! Aber was sollte dann die ganze Geheimniskrämerei? In der SOL kamen viele Kinder zur Welt Douc Langur verstand die Belustigung der Zwillinge sehr gut. Es war kein Geheimnis, daß der Forscher den Eigentümlichkeiten menschlicher Fortpflanzungsmethoden eine Zeitlang brennendes Interesse entgegengebracht hatte. Das war verständlich. Douc Langur sah in diesen Vorgängen etwas, worin sich die Geheimnisse des Lebens selbst offenbarten. Leider mußte er feststellen, daß ihn die Beschäftigung mit derlei Fragen der Antwort auf seine eigenen Probleme nicht näherbrachte.
Aber er hatte immerhin begriffen, daß die Geburt eines Kindes ein völlig normaler und im allgemeinen auch ungefährlicher Vorgang war. Wollten die Solaner wegen jedes einzelnen neuen Schiffsbewohners ganze Kabinenfluchten isolieren und gegen alles absperren, so würde es bald kaum noch einen Ort geben, an dem die Erwachsenen ungestört leben konnten.
Also hatte es mit diesem einen Kind eine ganz besondere Bewandtnis.
Ein Raumbaby!
Er konnte sich beim besten Willen nichts darunter vorstellen. Aber vielleicht wußte Rhodan etwas damit anzufangen.
„Warum wollen Sie unbedingt in diesen Sektor hinein?" fragte Sternfeuer plötzlich.
Douc Langur war überrascht. Er hatte nur gesagt, daß er wissen wollte, was dort geschah. Woher wußte das Mädchen, daß es den Forscher plötzlich mit unwiderstehlicher Gewalt zu dem abgesperrten Sektor zog?
„Ich sagte doch schon, daß ich neugierig bin", pfiff Douc Langur abweisend.
„Ich kenne einen Weg", murmelte Federspiel und warf seiner Schwester einen fragenden Blick zu. „Er ist beschwerlich, aber man würde uns nicht bemerken. Allerdings - wenn man uns doch erwischt, wird es ziemlich ungemütlich. Soll ich Sie führen?"
Der
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