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0907 - Imperium der Zeit

0907 - Imperium der Zeit

Titel: 0907 - Imperium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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öffnete den Mund und sprach die unheimliche Erscheinung einfach an.
    »Stehen bleiben!«, rief er schlicht, etwas Besseres fiel ihm auf die Schnelle nicht ein. Und auch wenn er sich nicht sicher war, ob der Legionär den Inhalt seines Befehls verstanden hatte, reagierte er doch entsprechend. Der Römer hielt im Schritt inne und drehte sich langsam zu Zamorra um.
    Na super, und jetzt? , fragte eine zynische Stimme in seinem Kopf. Der Professor entschied sich, sie zu ignorieren.
    Aus der Nähe betrachtet, sah der Legionär Furcht einflößend aus. Das lag nicht so sehr an seiner Kleidung, seiner Gestalt, dem stechenden Blick seiner Augen oder dem Mordswerkzeug in seiner Hand - sondern an der wabernden Erscheinung, die er bot. Nun, da Zamorra ihn genau in Augenschein nehmen konnte, erkannte er erst, wie sehr der Mann flimmerte und flackerte. Es war fast irreal, ihn zu sehen. Das Auge nahm seine Anwesenheit zwar wahr, doch weigerte sich der Verstand, das Bild zu akzeptieren, welches ihm übermittelt wurde. Der Römer war mal diffus, seltsam unstofflich und durchscheinend, und im nächsten Augenblick doch wieder so konkret und körperlich wie Zamorra selbst.
    Und er kam auf ihn zu!
    Zamorra hob die Arme, um seine friedliche Absicht zu unterstreichen. Da war etwas in den Augen des Unheimlichen, das ihn daran hinderte, ihn als direkte Bedrohung anzusehen. »Ich will reden«, sagte er betont ruhig, »weiter nichts. Okay?«
    Verstehst du mich überhaupt? Der Professor wusste es nicht, doch blieb der Legionär zumindest schon einmal stehen. Abwartend, auf eine weitere Bewegung lauernd.
    Dann öffnete er den Mund. »Eripe me«, flüsterte er, und seine Stimme klang wie tausend Jahre Elend. Wie eine Aufforderung, die aus Jammer geboren war. Fragend sah Zamorra ihn an. »Eripe me!«, wiederholte der Legionär, lauter werdend und aggressiver. Zamorra nickte nur, um Zeit zu gewinnen, Zeit zum Nachdenken. »Wie?«, fragte er vorsichtig. »Quomodo?«
    Sofort legte der Fremde den Speer um, sodass die Spitze nun auf Zamorra zeigte.
    Offensichtlich die falsche Frage, dachte der Professor und schluckte trocken, als sich die blutige Waffe näherte. Dann explodierte die Welt.
    Mit einem Mal, ohne Ankündigung, erzeugte Merlins Stern eine magische Schutzaura um Zamorra, an der der Speer des Angreifers scheiterte. Die Aura entstand quasi aus dem Nichts, leuchtete in einem schwachen Grün, und wirkte wie eine Wand, die keine schwarzmagische Attacke durchdringen konnte. Zamorra kannte derartige Auren, doch selten hatte er erlebt, dass sich eine so völlig spontan und unvorbereitet gebildet hatte. Zwar rettete sie ihm hier durchaus die Haut, doch ließ sie auch abermals sehr beunruhigende Rückschlüsse auf das Amulett und dessen Funktionsweise zu. Schlüsse, die dem Professor gar nicht gefielen.
    Und… sie raubte ihm unglaublich viel Kraft!
    Auch der Römer war von der plötzlichen Schutzhülle überrascht worden. Mit einem erschrockenen Gesichtsausdruck machte er einige Schritte zurück, um Distanz zwischen sich und das grüne Leuchten zu bringen. Dann, und scheinbar ebenso unmotiviert, begann er sich aufzulösen.
    Es fing an den Füßen an. Wo eben noch feste Substanz, noch sichtbare Haut gewesen war, entstand plötzlich ein weißer, dichter Nebel, der sich Stück für Stück den Körper hinaufarbeitete. Zentimeter für Zentimeter verschwand Zamorras Gegner in einer Wolke aus blickdichtem Weiß, das doch nichts anderes zu sein schien, als er selbst - nur in einem anderen Zustand. Einzig die Waffe blieb bis zuletzt sichtbar und - so vermutete Zamorra, während er das surreale Schauspiel sprachlos beobachtete - konkret. Erst als der Legionär sich vollends aufgelöst hatte, was nur wenige Sekunden dauerte und dem Mann weder einen Laut noch irgendeine andere sichtbare Reaktion abverlangte, ging auch der Speer in einer Wolke aus Nebel auf, der vom kühlen Abendwind verweht wurde.
    Sofort verging auch die Schutzaura um Zamorra, und mit einem entkräfteten Seufzen fiel der Meister des Übersinnlichen auf die Knie.
    ***
    Schwer atmend blieb er eine Weile hocken und versuchte, seinen Kreislauf wieder in die Gänge zu bekommen. Bunte Schlieren tanzten durch seine Sicht, und in seinen Ohren rauschte das Blut wie ein stürmischer Ozean. Das Amulett, abermals war es das Amulett gewesen! Langsam wurde dieser Gegenstand, der ihm all die Jahre so eine große Hilfe war, zum unkalkulierbaren Risiko. Zu einer ganz eigenen Art der Bedrohung.
    »Bist du in

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