0908 - Höllenbrut
die Quelle dieser Macht hat den Ministerpräsidenten wohl auch ursprünglich so schwer verletzt, sagt man.«
»So. Sagt man das.« Ein zufriedenes Lächeln umspielte die Lippen der Mal'akin. »Ein mächtiger Mann also, der was auch immer entfliehen wollte und so den Ausweg zu uns gefunden hat. Und Stygia, Ministerpräsidentin der Hölle, würde es freuen, wenn ich diesen Mann für mich einnehmen könnte. Mal sehen, ob das nicht die Gelegenheit der Mal'akin ist, aus dem Rand der Hölle hervorzutreten und eine neue Rolle einzunehmen.« Savina ließ nachdenklich die Flüssigkeit in ihrem Becher kreisen. »Doch wenn ich es schaffe, ihn an mich zu binden, würde das bestimmt als erstes die Ministerpräsidentin gierig machen und sie würde ihrerseits versuchen, ihn in die Hand zu bekommen. Aber jedes Problem zu seiner Zeit. Zuerst müssen wir uns überlegen, was wir mit dieser Frau machen, die meinen mächtigen Magier begleitet. Sie scheint ihm sehr nahe zu stehen. Ich wundere mich sowieso, wie sie durch das Tor mitkommen konnte.« Sie sah zu Said. »Wie lange dauert es, bis du deinen Arm wieder geheilt hast?«
»Höchstens bis morgen, Mal'akin.«
»Das ist sehr gut. Wir müssen deinem Vater Bescheid geben.«
Nachdenklich setzte sie den Becher an die Lippen und trank aus.
***
Es war dämmrig und das Feuer auf dem kleinen Platz vor dem Gemeindehaus ließ die Schatten an den groben Holzwänden der Hütten zucken und tanzen. Zamorra konnte fast glauben, dass der rötliche Schimmer von den Flammen kam, aber etwas schien sich immer gerade außerhalb seines Blickwinkels zu bewegen. So normal das Dorf auch aussehen mochte, mit den umher wuselnden Bewohnern, die alle möglichen Sitzgelegenheiten herbei trugen und sich lachend auf die Schultern hieben, der Meister des Übersinnlichen konnte eine aufsteigende innere Unruhe nicht leugnen.
Nicole trat zu ihm. »Nicht ganz das, was ich mir für heute Abend vorgestellt hatte, aber was soll's.« Sie zupfte an der viel zu weiten Hose, die sie über dem ebenfalls viel zu weiten Hemd mit einem Ledergürtel um die Taille fest gezurrt hatte. »Hochmodisch ist wirklich anders, Hosentaschen wären auch nett gewesen, aber zum Glück passen wenigstens die Stiefel einigermaßen. Hier, dein Jackett. Jetzt bist du wieder komplett, Chérie. Pass bitte auf den Inhalt der Tasche auf.«
Zamorra nahm seine nicht mehr ganz beigefarbene Jacke und zog sie an. Er steckte die Hand in die Tasche mit dem Dhyarra und umschloss ihn in der Faust. Nicole konnte mit dem mächtigen Artefakt zwar besser umgehen, aber in ihrer Leihkleidung hatte sie wohl keine Möglichkeit, den Machtkristall zu verstecken.
Zamorra würde den Stein bei der nächsten Gelegenheit in die Hosentasche stecken, wo er nicht so schnell herausfallen konnte und die Ausbeulung vom Jackett kaschiert würde. Aber nicht jetzt, wo jeder die seltsamen Neuankömmlinge beobachtete.
Der Magier konnte die neugierigen Blicke der Dorfbewohner fast körperlich spüren. Jareds Ankündigung, er wolle die Wogen bezüglich Nicoles Anwesenheit glätten, schien zwar Früchte zu tragen, aber es war klar, wer hier wieder einmal unangefochten im Mittelpunkt stand. Nur versuchten die Dorfbewohner jetzt ihre Neugier auf den ungewohnten Anblick einer Menschenfrau etwas dezenter zu befriedigen und starrten sie nicht mehr ganz so offensichtlich an. Was einigen von den Jüngeren nicht ganz gelang.
Nicole schob ihre Hand unter Zamorras Arm und sah sich neugierig um. Falls sie die Aufmerksamkeit unangenehm fand, ließ sie es sich nicht anmerken. »Und gleich gibt es lokale Spezialitäten, wenn mich nicht alles täuscht.«
Die Männer hatten sich Mühe gegeben und auf einem Tisch an einer Hauswand ein improvisiertes Büffet aufgebaut. Es dampfte aus Holzschüsseln, in Körben stapelten sich kleine Brote und seltsame Früchte waren zu kleinen Pyramiden aufgeschichtet. Die kleine Esse der Schmiede war unzeremoniell zu einem Grill umfunktioniert worden, auf dem der schmale Asiate und Traian gerade einige unförmige Fleischstücke legten.
»Zugegeben, es hat ein rustikales Ambiente. Aber wir sind Lebenskünstler, nehmen was wir kriegen können und es hätte schlimmer kommen können.«
»Sprach sie - und es kam schlimmer.«
»Chérie, dein Optimismus ist immer wieder herzerfrischend. Komm, lass uns unsere Henkersmahlzeit genießen.« Nicole zwinkerte ihm zu und zupfte an seinem Arm.
»Warum habe ich nur das Gefühl, dass du recht hast«, murmelte Zamorra kaum
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