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0909 - Drachentod

0909 - Drachentod

Titel: 0909 - Drachentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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nicht viel Schlaf gefunden hatte. Trotzdem grinste er die beiden Franzosen abenteuerlustig an.
    »Willkommen in der Volksrepublik China. Unser Land fühlt sich geehrt, so bedeutende Gelehrte aus dem Ausland willkommen zu heißen.«
    Zamorra schüttelte dem jungen Major herzlich die Hand. »War es schwer, ein Visum für uns zu bekommen?«
    Yang lachte. »Sie haben ja keine Ahnung. Sie können von Glück reden, dass man Sie nicht gleich bei der Einreise verhaftet hat. Einige Leute sind noch ganz schön sauer wegen Ihrer Tibet-Eskapaden. Ich musste einige Beziehungen spielen zu lassen, um Sie ins Land zu bekommen.«
    »Bei so viel Gastfreundschaft wird einem ja ganz warm ums Herz«, meinte Nicole trocken. »Das sollten wir nicht allzu lange ausnutzen. Schließlich sind wir nur auf der Durchreise.«
    »Kein Problem.« Yang grinste. »Folgen Sie mir unauffällig.«
    Der Geheimdienstmann führte sie zu einem Teil des Flughafens, zu dem normale Zivilisten keinen Zugang hatten. Doch Yangs Ausweis öffnete ihnen problemlos alle Türen. Auf einem abgelegenen Flugfeld wartete der Nachbau einer britischen Jetstream 31E auf sie. Die zweimotorige Turbo-Prop-Maschine war völlig schwarz und wies keinerlei Kennzeichnungen auf. Die Propeller rotierten bereits.
    »Der Pilot wird Sie unterhalb des Radars nach Hongkong bringen. Er weiß nicht, wer Sie sind und wird keine Fragen stellen. Wir haben eine geheime Landebahn in den New Territories. Dort wird Sie ein Fahrer abholen, der Sie nach Kowloon bringt. Er ist Festlandchinese, hat also keine Verbindung zu den Neun Drachen.«
    »Danke Yang.« Zamorra schüttelte dem Geheimdienstmann herzlich die Hand. »Sie haben einen gut bei uns.«
    »Oh, mehr als einen, da können Sie sich sicher sein, Professor.« Der Major grinste über beide Ohren. »Vielleicht könnten Sie ja mal bei Chin-Li ein gutes Wort für mich einlegen.«
    Der Parapsychologe lachte. »Vorsicht, an der haben sich schon ganz andere die Zähne ausgebissen.«
    »Das würde ich drauf ankommen lassen.« Für einen Moment wurde Yang wieder ernst. »Und Sie sind sicher, dass ich nicht mitkommen soll? Ich habe Kontakte…«
    »Ganz sicher. Sie haben schon genug für uns getan. Sie sollten für uns nicht den letzten Kredit bei Ihren Vorgesetzten aufs Spiel setzen.«
    Yang nickte, gab auch Nicole die Hand und ging. Zamorra grinste Nicole an. »Okay, dann mal los. Ich würde zu gerne wissen, wer uns in Hongkong nach dem Leben trachtet.«
    ***
    Die ehrbaren Bürger von Hongkong hatten keine Ahnung, was sich in dieser Nacht in ihrer Stadt zutrug. Lam Chi-Wei hatte die Bruderschaft so perfekt unterwandert, dass er an jeder wichtigen Schaltstelle des komplizierten Geflechts aus Drachen-Hierarchie und organisiertem Verbrechen seine Agenten postiert hatte. Es gab keine illegale Spielhölle, kein Bordell und keinen Haushalt eines Triaden-Bosses, in dem der Drachen-Zauberer nicht mindestens einen Angestellten auf seiner Gehaltsliste stehen hatte. Punkt Mitternacht ließen seine Soldaten ihre Masken fallen, um die Stadt zu übernehmen.
    Einige dieser Maulwürfe warteten schon seit Jahren auf diesen Moment. Andere erhielten kurzfristig einen Anruf, der an das erinnerte, was Lam bisher für sie getan hatte, und jetzt die entsprechende Gegenleistung einforderte. Die meisten folgten widerspruchslos den Anweisungen. Nichts war umsonst, für jede Wohltat musste man irgendwann bezahlen. Nirgendwo wussten die Menschen das besser als in Hongkong.
    Die Übernahme fand auf allen Ebenen statt. So eroberten ehrgeizige Adepten im Handstreich die illegalen Clubs im Hafen, während ein alter Trunkenbold, der sein Leben lang nur belächelt worden war, einem besonders drachentreuen Triaden-Boss in Causeway Bay im Schlaf die Kehle durchschnitt. Und Bruder Chows Sicherheitsteam, das den Auftrag hatte, Lam Chi-Wei im Notfall sofort zu eliminieren, ließ den loyalen Sicherheitschef des Ordens mit einem Dutzend Kugeln im Leib in einer dunklen Gasse zurück und lief mit wehenden Fahnen zum Feind über. Nach wenigen Minuten hatte sich das Machtgefüge in Hongkongs Unterwelt komplett verändert. Jeder Widerstand wurde im Keim erstickt.
    Nur dem Kloster in Mong Kok wagte sich niemand auch nur zu nähern. Darum würde sich Lam Chi-Wei ganz allein kümmern. Sein Leben lang hatte er sich auf diesen Tag vorbereitet. Jetzt war die Stunde der Abrechnung gekommen.
    ***
    Meister Shiu spürte den Eindringling, bevor er ihn hörte. Es war wie ein kaum wahrnehmbarer Luftzug, ein

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