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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Willow
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der in der Kellerwand eingelassen war. Ihre Finger tasteten ihn ab, bis sie eine kleine Rosette auf der rechten Seite fanden. Madame Robin drückte darauf, und lautlos schwang der Spiegel in ein gemauertes Gewölbe hinein.
    Das war das geheime Verlies und Versteck des Jean Dougnac, der sich vergeblich vor der Guillotine und der Rache Robespierres verkrochen hatte. Seine damalige Haushälterin hatte das Versteck den Jakobinern verraten, weil sie auf die heimliche Geliebte des Arztes eifersüchtig gewesen war.
    Ja, dachte sie, meistens stolpern die Männer über die Eifersucht der Frauen, denen sie am meisten vertrauen.
    Dann leuchtete sie in das Gewölbe hinein. Die Kiste, die sie suchte, stand an der hinteren Wand. Der Deckel war mit Spinnenweben überzogen. Die „Kiste“ war schon seit Monaten nicht mehr gebraucht worden.
    Madame Robin nahm einen Zipfel ihrer Küchenschürze, die sie sich vorgebunden hatte, und wischte die Spinnweben und den Staub von dem dunkel gebeizten Deckel.
    „Wenigstens sauber sollst du es in der Kiste haben, mein Täubchen“, sagte sie leise. Dann hob sie den Deckel ab und schaute in die Kiste hinein.
    Blutflecken hatte es nie gegeben, dachte Madame Robin und nickte nachdenklich.
    Sie zog die Kiste aus dem Verlies heraus und ließ den Spiegel und die Geheimtür wieder in die alte Lage zurückschwingen.
    Schade, dachte sie noch, während sie die Kiste dicht an die Kellertreppe heranschob, ich glaube, sie wäre eine ganz gute Sekretärin geworden.
    Ein Tropfen Wachs zerplatzte auf dem dunkelgebeizten Deckel, den Madame Robin mit der Schürze entfernte, ehe sie wieder nach oben schlurfte und in der Küche die Kerze löschte.
    Unten im Dunklen wartete die Kiste auf ein neues Opfer.
     

     
    Kaum war Yvette Lescaut in ihre ärmliche Behausung in der Rue de Chabrol zurückgekehrt, als sie sich sofort ans Telefon setzte und sich das Telefonbuch vornahm.
    Im Telefonbuch waren rund zwanzig Jean Dougnacs verzeichnet, die sie alle der Reihe nach noch um drei Uhr morgens anrief. Sie bekam alle möglichen Schimpfworte durch den Draht an den Kopf geworfen. Aber das rührte sie nicht. Für den Meister erduldete sie alles.
    Aber der richtige Jean Dougnac, den der Meister suchte, war nicht unter den Angerufenen, die sich mit schlaftrunkener Stimme meldeten. Es waren alle ältere Männer, und eine gewisse Manon Regnard, die angeblich schwer verunglückt war, kannte keiner von ihnen.
    Dann kam Yvette plötzlich auf die Idee, die Polizeireviere von Paris anzurufen und zu fragen, ob ihnen ein gewisser Jean Dougnac bekannt sei. Sie müsse ihm eine dringende, lebenswichtige Botschaft mitteilen, die keinen Aufschub dulde.
    Die meisten Revierbeamten waren etwas höflicher als die Jean Dougnacs zuvor. Sie fragten Yvette nach näheren Angaben, die sie ihnen nicht geben konnte, und meinten dann gähnend, ihren Jean Dougnac würde sie auf diese Weise wohl nie finden.
    Doch bei der vierten Nummer horchte sie auf. Es war das Revier vom Quai d’Orsay.
    „Ein gewisser Jean Dougnac, sagen Sie, Madame? Na, so etwas!“
    Yvette hakte sofort nach. „Kennen Sie ihn vielleicht? Rasch, es geht um Leben und Tod!“
    „Was Sie nicht sagen, Madame“, meinte der Beamte sarkastisch. „Bei ihm geht es ebenfalls um Leben und Tod. Das muß ja ein ausgemachter Pechvogel sein!“
    „Du liebe Güte!“ sagte Yvette mit geheuchelter Anteilnahme. „Es wird ihm doch hoffentlich nicht auch was passiert sein.“
    „Warten Sie mal“, meinte der Beamte gedehnt und raschelte mit einem Papier. „Ist Ihr Jean Dougnac vielleicht 24 Jahre alt, einszweiundachtzig groß, dunkelblond, von Beruf angehender Mediziner und wohnt im Quartier Latin?“
    „Genau das ist er!“ rief Yvette durchs Telefon. „Nun sagen Sie schon, was ist ihm denn passiert?“
    Der Beamte räusperte sich. „Wir haben ihn vor einer Stunde hier vor der Tür aus einem Kanalisationsgraben gefischt, Madame.“ Seine Stimme klang nun väterlich und teilnahmsvoll. „Er war dort eine Stunde lang unter einem Berg Sand begraben.“
    „Um Gottes willen“, schrie Yvette. „Lebt er noch?“
    „Bis jetzt ja, Madame“, meinte der Beamte vorsichtig. „Allerdings müssen Sie da schon in der Universitätsklinik nachfragen. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Nummer.“
    Yvette Lescaut notierte die Nummer. In ihren Augen lag ein triumphierendes Leuchten.
    Sie wählte sofort die Nummer des Meisters in Suresne. Doch dort meldete sich nur die Haushälterin Simone Baldin.
    „Der

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