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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Willow
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etwas, bis die Polizei eintraf.
     

     
    Eine halbe Stunde später kam Jean mit einem geborgten Bademantel und barfuß in die Unfallstation zurück. Dort hatte man soeben gemeldet, daß gleich ein Verunglückter eingeliefert würde, den man gerade aus dem Krankenwagen herausschweißen wollte. Den gleichen Mann, der erst vor einer halben Stunde aus der Unfallstation entlassen worden war.
    Die Ärzte hatten schon alles für eine Notoperation vorbereitet.
    An den Gängen tuschelten die Schwestern miteinander. Zwei Unfälle innerhalb von vierundzwanzig Stunden! Dieser junge Mann war ein ausgesprochener Pechvogel.
    Jean war durch den Hintereingang der Notaufnahme gekommen. Er hörte das Getuschel der Schwestern, die vor dem Operationssaal auf die Einlieferung des Pechvogels warteten – auf seine Einlieferung.
    Als er dann hinter der Säule hervortrat, die ihn den Blicken der Schwestern verborgen hatte, gab es natürlich zuerst ein paar spitze Schreie. Dann wurde er umringt, ausgefragt und zum Schluß, als er alles erklärt hatte, als ein Mann gefeiert, der unverschämtes Glück im Unglück hatte.
    Jean war sehr nachdenklich geworden, als er eine halbe Stunde später endgültig die Unfallstation verließ – diesmal in einem Taxi. Keine der Schwestern kannte Manons Pariser Adresse. Merkwürdig, alles sehr merkwürdig! Dieser Irrtum von Manons neuer Anschrift hatte ihm also das Leben gerettet. Jean mußte an seinen Vater und seinen Großvater denken, und seine Miene verfinsterte sich. Der Fahrer war angeblich von einer Hornisse abgelenkt worden, die durch das offene Seitenfenster ins Führerhaus flog und ihn dicht über dem rechten Auge in die Haut gestochen hatte. Der Mann war allergisch gegen Wespen- und Hornissenstiche. Er hatte in panischer Angst reagiert.
    Alles sehr merkwürdig. „Machen Sie doch bitte das Seitenfenster zu“, bat Jean den Taxifahrer höflich, aber bestimmt.
     

     
    Manon ahnte nichts von den Ereignissen, die sich knapp drei Kilometer von ihr entfernt auf dem anderen Seineufer abspielten. Madame Robin hatte so geschickt an ihr Pflichtbewußtsein appelliert, daß sie es nicht gewagt hatte, sich eine Stunde frei zu nehmen. Und das Telefon funktionierte am Abend immer noch nicht.
    Manon ging nach dem Abendessen auf ihr Zimmer und zog sich für die Seance bei Monsieur Alain Monod um. Vielleicht gelang es ihr dort, sich für eine Stunde fortzustehlen. Zumindest konnte sie das Telefon des Meisters benützen und Jean im Institut anrufen.
     

     
    Diesmal waren sie die ersten, die im Turm des Meisters auf dem Mont Valerien eintrafen. Simone Baldin hatte rotgeweinte Augen. „Er war bei Ihnen?“ fauchte sie Manon an, als sie dieser in der Garderobe den Mantel abnahm. „Na warten Sie, das werden Sie mir büßen.“
    „Bei mir?“ erwiderte Manon verständnislos. „Simone, bei allem, was mir heilig ist, schwöre ich Ihnen, daß…“
    „Ach was!“ fauchte Simone wütend. „In diesem Haus ist keinem etwas heilig. Er war die ganze Nacht weg. Er war bei Ihnen. Er hat es mir selbst gesagt.“
    „Unsinn“, widersprach Manon und benutzte sofort die Gelegenheit, als Simone von neu eintreffenden Gästen abgelenkt wurde, um die Nummer des Universitätsinstituts zu wählen.
    Aber dort meldete sich niemand mehr. Jean mußte bereits nach Hause gegangen sein.
    Vielleicht sollte sie einfach verschwinden, dachte Manon. Wenn dieser Alain, dieser Schuft, tatsächlich behauptet hatte, er habe die Nacht bei ihr verbracht, wollte sie keine Minute länger hierbleiben.
    Aber sicher hatte Simone nur auf den Busch klopfen wollen. Eifersüchtige überlegten nie, was sie sagten. Trotzdem wollte sie sich fortschleichen. Aber Madame Robin wußte das immer zu verhindern. Wie geschickt sie es auch anstellte – Madame Robin war noch geschickter, sie immer wieder in ein Gespräch zu verwickeln oder neuen Gästen in der „Hölle“ vorzustellen.
     

     

So landete sie kurz vor Mitternacht wieder oben im Turmzimmer. Diesmal schlossen ganz andere Gäste als gestern die Hände um den Tisch zu einem Kreis.
     

     
    Aber sonst war alles so, wie sie es vor vierundzwanzig Stunden erlebt hatte. Der „Meister“ saß als schweigende Silhouette im Umhang ihr gegenüber. Der verwitterte Totenkopf lag im Pentagramm seiner Knochen auf dem Tisch und grinste sie mit schimmernden Augenhöhlen an.
    Von der Stammgemeinde waren nur Madame Robin und Mademoiselle Yvette erschienen. Doch dann erlebte Manon die erste Überraschung des Abends. Der

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