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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Willow
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auch nicht hierher gekommen, weil Sie mir leid tun. Ich tue nur mir selbst leid. Und ich will mich rächen. Sie können mir dabei helfen. Aber es ist gefährlich, sehr gefährlich.“
    „Wollen Sie etwas zu trinken?“ fragte Jean verwirrt.
    „Ganz gern, wenn Sie etwas Alkoholisches haben.“
    „Ja“, erwiderte er, „einen billigen Kognak. Wenn Sie den mögen?“
    „Immer her damit, junger Mann. Und schenken Sie sich auch ein Glas ein. Sie werden es nötig haben.“
    Nein, dachte Jean, das klingt gar nicht nach einer Verrückten. Sie war verstört, neurotisch, aber nicht verrückt. „Was haben Sie denn da mit Kreide hingezeichnet?“ fragte er, während er zwei Gläser randvoll mit Kognak füllte.
    „Einen Drudenfuß“, erwiderte sie, kippte den Kognak hinunter und streckte ihm das Glas zum Nachfüllen hin. „Ein Pentagramm. Für alle Fälle. Damit er hier nicht eindringen und uns belauschen kann.“
    „Er?“ Er sah sie ungläubig an. Sie war also doch nicht ganz richtig im Kopf. Er mußte sehen, daß er sie so rasch wie möglich wieder loswurde. „Wer soll hier nicht eindringen?“
    „Alain Monod, mein Herr und Meister.“ Sie lachte. „Im Augenblick ist er allerdings bei Ihrer Verlobten.“
    Verrückt oder nicht – das ging zu weit. Er rüttelte sie an den mageren Schultern. „Machen Sie keine dummen Scherze mit mir!“ sagte er drohend.
    „Yvette ist mein Name. Yvette Lescaut.“ Sie sagte es ganz ungerührt. „Ihr Männer seid alle gleich. Ob normale Menschen oder Hexenmeister. Alle gleich.“
    „Sie haben eben behauptet, daß ein fremder Mann bei meiner Verlobten schläft. Wissen Sie, was Sie da sagen?“
    „Ob er mit ihr schläft, weiß ich nicht. Das kommt aber noch. Im Augenblick saugt er ihr bestimmt das Blut aus.“
    Er starrte sie an, nahm sein Glas und leerte es in einem Zug. Dann schlug er sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Wissen Sie, was Sie sind? Verrückt, verrückt, verrückt!“
    „Das denken Sie schon die ganze Zeit. Deswegen ist es doch wahr. Außerdem kommen wir so nicht weiter.“ Sie streckte ihm das Glas hin. „Noch einen Kognak. Sie auch. Unsere Zeit ist beschränkt und kostbar. Also setzen Sie sich auf Ihr Bett und hören Sie mir erst mal zu, ja?“
    „Schön“, meinte Jean. „Aber wenn…“
    Sie hob die Hand und schnitt ihm das Wort ab. „Erst einmal zu Ihrer Manon. Neunzehn Jahre alt, zart, zierlich, hellblondes langes Haar, große blaue Augen, Madonnengesicht mit vielversprechendem Mund. Stammt aus Amiens. Ist sie das?“
    Er nickte.
    „Schön. Sie kam vorgestern ohne Wissen ihrer Mutter hierher nach Paris. Ich habe eine Stellenvermittlung am Gare du Nord. Ich habe ihr einen Posten bei Madame Robin in der Rue de Fragonard Nr. 7 verschafft. Mit Logis.“
    „Du meine Güte“, sagte er. „Und sie hat sich noch nicht bei mir gemeldet?“
    „Das wollte sie ohne Zweifel. Aber jetzt ist es zu spät. Sie hat Sie bereits vergessen.“
    Er ballte die Fäuste und blickte sie wütend an. „Niemals! Nicht meine Manon.“
    Yvette lachte schrill. „Unter normalen Umständen hätte sie das auch nicht. Aber die Umstände sind nicht normal. Sie ist nicht einem gewöhnlichen Mann in die Hände gefallen, sondern Alain Monod.“
    „Monod, Monod…“ Er zog die Augenbrauen zusammen. „Dieser okkulte Scharlatan, der auf dem Mont Valerien in der alten Zitadelle spiritistische Sitzungen abhält?“
    „Genau der.“
    „Ich werde ihn umbringen, wenn er meiner Manon was antut.“
    „Nicht so hitzig, junger Mann. So einfach ist das nicht. Haben Sie eine Waffe?“
    Er nickte. Die Gedanken jagten sich in seinem Kopf. Verrückt oder nicht – diese Alte konnte einen ganz schön aus der Fassung bringen. „Eine 08. Andenken meines Großvaters aus dem Ersten Weltkrieg. Mit acht Schuß Munition.“
    „Die wird Ihnen nichts nützen. Entfernen Sie die Patronenköpfe und gießen Sie neue aus reinem Silber. Tauchen Sie sie zuerst in Weihwasser und passen Sie sie dann wieder ein. Schießen Sie nur auf ihn, wenn er sich in seiner außerirdischen Gestalt zeigt. Wenn Sie ihn umlegen, solange er der Spiritist Alain Monod ist, können Sie ihm nichts anhaben. Sie kommen lebenslänglich ins Zuchthaus, und er lacht sich ins Fäustchen.“
    Er starrte sie eine Weile an. „Sie sind also doch verrückt“, sagte er.
    „Junger Mann“, erwiderte sie. „Sie sollten eigentlich am besten wissen, daß es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als der Mensch mit seinen primitiven Sinnen

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