091 - Ein Geist kehrt zurück
muß mich voll auf meine Tätigkeit konzentrieren. Diese Konzentration wird mich sehr viel Kraft kosten. Das bedeutet, daß ich, wenn man mich stört, einen zweiten Versuch vielleicht erst morgen machen könnte.«
»Bis morgen hält die Frau bestimmt nicht durch«, sagte Dr. Winger. »Ich sorge dafür, daß Sie niemand stört.«
Der Chefarzt verließ den Raum, und Mr. Silver tat etwas, was jedermann in der Klinik als glatten Mordversuch angesehen hätte. Er schaltete sämtliche Maschinen und Geräte ab, entfernte Schläuche und Drähte, denn all das brauchte Schwester Sandra nicht.
Was sie dringend nötig hatte, konnte ihr nur Mr. Silver geben. Schwarze Magie hatte diese junge Frau vergiftet. Silbermagie sollte ihr das Ende ersparen.
Aber es würde schwierig sein, das wußte der Ex-Dämon, denn die »Krankheit« war schon ziemlich weit fortgeschritten.
Der Ex-Dämon schloß die Augen, sammelte sich, konzentrierte sich, aktivierte seine übernatürlichen Kräfte. Ein kaltes Prickeln durchlief ihn.
Er schöpfte aus einer Tiefe, die kein Mensch auch nur annähernd erfassen konnte. Langsam hoben sich seine Lider, und in seinen perlmuttfarbenen Augen tanzten winzige Glutpartikel.
Er beugte sich über die Frau und umschloß ihren Kopf mit seinen großen Händen. Sein Atem beschleunigte. Wie ein Blasebalg hob und senkte sich sein gewaltiger Brustkorb.
Es hatte den Anschein, als würde er auf diese Weise seine Energie in die Frau pumpen.
Die Silbermagie strömte in den Kopf der Krankenschwester, überflutete allmählich ihren Körper.
Der Kampf begann. Mr. Silver löste die Verbindung nicht, denn solange er den Kopf der Frau zwischen seinen Händen hielt, konnte er seine Kraft lenken, verstärken, gezielt einsetzen, und er wußte auch über die feindliche Kraft besser Bescheid. Dadurch konnte er seine Magie besser dosieren und genau da ansetzen, wo sie am dringendsten gebraucht wurde.
Der Ex-Dämon verschaffte sich ein klares »Krankheitsbild«.
Er sah gewissermaßen in die Frau und erkannte die lebensgefährliche Bedrohung, die sich in ihr festgesaugt hatte. Die wichtigsten Organe waren von dem schwarzen Gift befallen. Mit Medikamenten war da nichts zu machen.
Mr. Silver wußte nicht einmal mit Sicherheit, ob seine Kraft ausreichen würde, um der Frau den Tod zu ersparen. Sie war wirklich schlimm dran, aber der Hüne wollte es versuchen.
Die von ihm ausgesandte Silbermagie attackierte die schwarze Kraft an vielen Stellen gleichzeitig. Er durfte nicht zuviel Kraft einsetzen, denn das hätte die Frau nicht ausgehalten. Es durfte aber auch nicht zuwenig sein, sonst war sie wirkungslos.
Der Ex-Dämon begab sich auf eine gefährliche Gratwanderung. Er brauchte sehr viel Fingerspitzengefühl, um die gegnerische Kraft bezwingen zu können, ohne der Krankenschwester zu schaden.
Mit blinkenden Stacheln griff die Silbermagie an und stach als erstes in die schwarze, wuchernde, gallertartige Masse, die das Herz der Frau umschloß.
Sandra zuckte zusammen, und ein Seufzer entrang sich ihrem halb geöffneten Mund. Die schwarze Kraft war gezwungen, sich zu verteidigen. Sie löste sich zum Teil und holte zum Gegenschlag aus, doch Mr. Silvers Magie war schneller und löste die ersten schwarzen Zellen auf.
Was übrigblieb, rottete sich hastig zusammen und bildete einen Kern des Bösen, der allen weiteren Angriffen trotzte. Mr. Silver war gezwungen, einen weiteren Impuls nachzuschicken.
Ihm war klar, daß er damit ein großes Wagnis einging, aber anders war ein Erfolg nicht zu erringen, und je länger dieser ungewöhnliche Kampf dauerte, desto mehr schwächte er die Frau, denn das Böse bediente sich rücksichtslos ihrer nur noch gering vorhandenen Energie.
Silberkristalle schwärmten aus und rissen mit scharfen Kanten und Ecken die schwarze Oberfläche auf, die sofort von aggressiver Silbermagie infiltriert wurde.
Der schwarze Gegner bäumte sich ein letztes Mal auf, brach dann aber zerstört auseinander und konnte sich nicht länger in der Frau halten.
Die Krankenschwester atmete kräftiger, ihr Herz schlug stärker, die Pulsfrequenz erhöhte sich und Sandras Wangen verloren die wächserne Farbe.
Schwester Sandra wurde dem Leben wiedergegeben. Sie öffnete zögernd die Augen und blickte Mr. Silver verwundert an. Er hielt immer noch ihren Kopf zwischen seinen Händen.
Jetzt ließ er ihn los und lächelte die Krankenschwester freundlich an.
»Wer sind Sie?« wollte Schwester Sandra wissen. Sie schaute sich um. »Wieso
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