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0910 - Der Totflüsterer

0910 - Der Totflüsterer

Titel: 0910 - Der Totflüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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die Stimme ständig ungefragt in seine Gedankengänge ein. Inzwischen ging Agamar davon aus, dass das eine Folge der Neuwerdung war, vielleicht ein Rest von Pereires Bewusstsein. Es war schließlich auch Schuld daran, dass Agamar sich bei der Seelenauslese von Pereires Hass auf den Namen Luynes hatte leiten lassen.
    Was ein Fehler war!
    Ja, ja! Natürlich war es ein Fehler gewesen! Das war ihm inzwischen auch klar. Diese strahlend weiße Schmeißfliege mit der magischen Ausstrahlung hätte niemals seine Spur gefunden, wenn er wahllos Seelen gestohlen hätte. Aber das ließ sich jetzt nicht mehr ändern!
    Mit behandschuhten Fingern trommelte er auf das Lenkrad seines Renault, wartete und überlegte. Was sollte er tun?
    Nachdem er dem Weißmagier bei Luynes gerade noch ausgewichen war, hatte er sich auf den Weg zu seinem Auto gemacht, das er einige Querstraßen weiter geparkt hatte. Es war ein nicht zu unterschätzender Vorteil, dass er auf die Fähigkeiten seines Wirtskörpers zurückgreifen konnte. Seine eigenen magischen Möglichkeiten waren bis zum Verzehr der siebten Seele ausschließlich auf die Neuwerdung beschränkt und so war es äußerst praktisch, dass er auch andere Fortbewegungsmittel als seine Füße verwenden konnte.
    In diesem Fall konnte er es allerdings nicht!
    Die dumme Schnepfe, die ihm die sechste Seele gespendet hatte, musste dies nämlich ausgerechnet so tun, dass sie dadurch den ganzen Verkehr blockierte!
    Agamar wurde nervös! Er wusste nicht genau, wie lange es diesmal dauerte, bis der Hunger über ihn kam. Keinesfalls wollte er im Stau stehen, wenn es geschah!
    Als endlich wieder Bewegung in den Verkehr kam, machte er sich schnellstmöglich auf den Heimweg - und fand dort den Weißmagier mit seiner Dienerin vor, die sich gerade an seinem Haus zu schaffen machten! Er parkte den Wagen in Sichtweite und beobachtete.
    Zuerst sah es so aus, als wollten sie wieder gehen, da ihnen niemand öffnete.
    Pereires aufgedunsenes Gesicht verzog sich zu einem hämischen Grinsen.
    Wer hätte ihnen auch öffnen sollen? Elisabeth? Oder ihre gesamte bucklige Verwandtschaft? Schlecht möglich! Elisabeth war gut verpackt und ihre Großmutter, ihre Eltern und ihre zwei Geschwister waren tot. Das hätten sie sich bestimmt nicht träumen lassen, dass sie das Hauptgericht der Familienfeier werden sollten, zu der Edouard Pereire sie eingeladen hatte!
    Da überlegte es sich der Weißmagier anders und brachte mit einem Zauber, den Agamar nicht erkennen konnte, die Tür dazu, sich vor ihm zu öffnen.
    Verdammt! Nun entdeckten sie seine Vorräte! Das war nicht mehr zu vermeiden! Wie sollte er nun seinen Hunger stillen?
    Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gebracht, spürte er die ersten Vorboten der Gier nach Menschenblut, Menschenfleisch, Menschenleben.
    Warum hatte der Magier im weißen Gewand die Tür aufgezaubert? Warum war er nicht einfach gegangen?
    Weil du Narr erst die Tür geschlossen und dann die Handschuhe angezogen hast! Du hast die Konservierungssäfte auf dem Knauf hinterlassen!
    Tatsächlich? Konnte das stimmen? Möglich war es. Es war schon lästig genug, ständig diesen Schleim aus den Fingerspitzen auszusondern. Aber aus Tarnungsgründen Handschuhe tragen zu müssen, die innerhalb weniger Stunden von innen so vollgeschmiert waren, dass er die Finger kaum noch krümmen konnte, war nahezu unerträglich.
    Niemand hat gesagt, dass die Neuwerdung ein Kinderspiel ist! Sie ermöglicht dir, deinen Tod zu überleben. Hör also mit deinem labilen Gewinsel auf und zeig lieber etwas Dankbarkeit! Und nun sieh zu, wie du den Hunger auf anderem Weg stillen kannst!
    Agamar schlug mit Pereires Hand auf das Lenkrad. Er warf einen hasserfüllten Blick zu seinem Haus (seinem ehemaligen Haus! Denn er wusste, dass er es nie wieder betreten würde), startete den Renault und fuhr davon. Er würde sich auf dem Immobilienmarkt nach einem anderen Anwesen umsehen müssen.
    ***
    Professor Zamorra und Nicole fuhren mit dem BMW nicht bis zum Château Montagne, sondern nur bis zum Stadtpark von Lyon. Die Sitze hatten sie großzügig mit Plastikfolie bedeckt. Alle vier Fenster standen sperrangelweit offen, den Gestank aus Pereires Haus bekamen sie trotzdem nicht aus der Nase.
    Das war auch der Grund dafür, dass sie so schnell wie möglich unter die Dusche wollten. Und der schnellste Weg von Lyon ins Château führte über die Regenbogenblumen im Stadtpark.
    Bereits zwanzig Minuten, nachdem sie aufgebrochen waren, kamen sie aus dem

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