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0911 - Nachtgestalten

0911 - Nachtgestalten

Titel: 0911 - Nachtgestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Montagne schritten, warf Zamorra immer wieder fragende Blicke zur Seite. So energiegeladen hatte er den meist eher steif und pflichtbewusst wirkenden Butler, der damals mit Lady Patricia Saris ins Château gezogen war, schon lange nicht mehr erlebt. Und ich bezweifle, dass Williams Redseligkeit wirklich allzu viel mit Pierre oder dieser vermutlich absolut unwichtigen Weissagung zu tun hat , dachte er.
    »Wie geht es Fooly?«, fragte er so beiläufig und in so aufrichtigem Tonfall, als hätten sie die ganze Zeit über nichts anderes gesprochen.
    William ließ es sich nicht anmerken, aber Zamorra kannte ihn besser, als der Butler vermutete und registrierte durchaus, wie ein Schatten der Sorge über sein Gesicht zog. »Ich versuche mein Möglichstes, Monsieur. Und das, wenn ich das sagen darf, ist unter den uns gegebenen Umständen nicht wenig. Mehr kann ich momentan leider nicht sagen.«
    Mister MacFool, oder kurz »Fooly« genannt, war ein Jungdrache, dessen sich William vor einiger Zeit angenommen hatte wie ein Adoptivvater. Daher traf es ihn auch schwer, dass Fooly kürzlich Opfer eines magischen Ereignisses geworden war. Seitdem lag das Tier im Koma. Zamorra konnte sich nur zu gut vorstellen, wie emsig der Butler den tollpatschig-liebenswerten Schuppenträger umsorgte - und jede Gelegenheit dankbar annahm, die ihn von seiner Sorge um den Zustand des Drachen ablenkte.
    »Wenn ich etwas tun kann, um seine Genesung zu beschleunigen, lassen Sie mich es einfach wissen, ja?« Sie hatten die Treppe erreicht und gingen in Richtung des weitläufigen Kellers, der unter dem Haus lag.
    Zamorra sah, wie William dankbar nickte. »Das werde ich, Monsieur le professeur; verlassen Sie sich darauf. Aber nun zurück zu Ihrer Mission. Ich nehme an, Sie wollen sich der Regenbogenblumen bedienen?«
    »Korrekt. Pierre schien es eilig zu haben, mich an seiner Seite zu wissen. Und da im Stadtpark von Lyon ebenfalls einige der rätselhaften Blumen wachsen, ist diese Verbindung einfach die schnellste.«
    Nach kurzer Zeit hatten Zamorra und William den Teil des gewaltigen Kellers erreicht, in dem die hiesigen Regenbogenblumen wuchsen. Eine kleine Mini-Sonne schwebte über ihnen und sorgte dafür, dass die rätselhaften und immerblühenden Gewächse mit ihren mannsgroßen und in allen Farben des Regenbogens schimmernden Blütenkelchen genügend Wärme und Helligkeit abbekamen. Im Laufe seiner Abenteuer hatte Zamorra einiges über die Fähigkeiten der Blumen herausgefunden - so kannte er neben dem Standort Lyon noch viele weitere Plätze, an denen sie wuchsen und ihm eine direkte Anreise ermöglichten - doch noch immer konnte er sich keinen vollständigen Reim auf sie machen.
    »Grüßen Sie Chefinspektor Robin von mir«, sagte William, als Zamorra zwischen die Blumen trat und seinen übernatürlichen Ort-zu-Ort-Transfer begann.
    Wenige Augenblicke später fand sich der Meister des Übersinnlichen im Freien wieder. Wärmende Frühlingssonne fiel auf sein Gesicht und ein frischer, aber nicht unangenehmer Wind wehte ihm um die Nase und zerzauste sein kurzes Haar. Willkommen in Lyon , dachte Zamorra und trat aus der durch mehrere Büsche und anderes Gewächs verborgenen Ecke des Lyoner Stadtparks, an welcher die Regenbogenblumen wuchsen.
    Der Professor zögerte nicht lange. Zu oft schon hatte er diese Art des Reisens durch Zeit und Raum angewandt, als dass sie ihn noch lange desorientiert sein ließe. Mit gezielten Schritten eilte er auf den Ausgang des Parks zu, vor dem Robins Dienstwagen, ein Modell Mercedes E-300, bereits auf ihn wartete.
    ***
    Die Zeit ist nah, bald klärt sich alles auf. Halte dich bereit, und habe keine Angst. Beiliegendes als Zeichen meiner Aufrichtigkeit. L.
    Marie Dupont las die Zeilen bereits zum dritten Mal und konnte sich noch immer keinen Reim darauf machen. Genauso wenig wie auf die fünfzehntausend Euro, die gemeinsam mit dem merkwürdigen Schreiben in dem kleinen Päckchen gelegen hatten.
    Sie war eine Weile ziellos durch die Stadt marschiert, nachdem Kenzo sie gefeuert und ihr damit von einem Moment auf den nächsten jegliche finanzielle Absicherung genommen hatte. Gedankenverloren hatte sie über ihre Lage nachgedacht und dabei gar nicht darauf geachtet, wohin ihre Schritte sie trugen. Entsprechend überrascht war Marie gewesen, als sie sich schließlich vor ihrer eigenen Wohnungstür wiederfand.
    Und dann hatte sie das Päckchen gesehen, das in ihrem Briefkasten gesteckt hatte, und ihr Verständnis von

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