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0916 - Der Quellmeister und die Bestie

Titel: 0916 - Der Quellmeister und die Bestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sein. Er fragte sich, ob der Oberpriester ein ebenso regelmäßiges Leben wie der Rest der Priesterschar führte und ebenfalls der Pause der Ruhe huldigte. Da er durch logisches Nachdenken keine Antwort zu dieser Frage finden konnte, beschloß er, einfach anzunehmen, daß es so sei. Dann schlich er sich an der Wand zu seiner Linken entlang, um in den Hintergrund der Halle zu gelangen.
    Das war ein recht ereignisloses Unterfangen. Tantha drang ohne Zwischenfälle bis zum rückwärtigen Teil der Halle vor. Lediglich eines bemerkte er: Der Geruch, der ihm vorhin beim Öffnen des goldenen Tores in die Nase gedrungen war, wurde mit jedem Schritt intensiver.
    Da der Humpelnde nun sicher war, daß er von dem pyramidenförmigen Gebilde oben auf dem Piedestal nicht beobachtet wurde, schritt er kräftiger und unter Umgehung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen aus und gelangte schließlich an das andere Ende der Halle. Dort befand sich, wie er von seinem der Einsamkeit überdrüssigen Gastgeber wußte, ein weiterer Stollen, der die Fortsetzung des Ganges auf der gegenüberliegenden Seite der Halle darstellte, durch den Tantha gekommen war.
    Aus dem Stollen, der völlig unbeleuchtet war, strich ein feuchtwarmer Luftzug, der den zuvor bemerkten Geruch in nahezu umwerfender Intensität mit sich trug. Angesichts der Finsternis, die vor ihm lag, und gepeinigt von dem Gestank, der ihm Übelkeit zu verursachen begann, fragte sich der humpelnde Tantha, ob es sich lohne, noch weiter vorzudringen. Er hatte nie in seinem Leben ein Tier zu Gesicht bekommen, und er kannte die Ausdünstung nicht, die besonders große Tiere von sich geben, aber er ahnte, daß sich irgendwo im Hintergrund der Dunkelheit ein ungeheuerliches Etwas befinden müsse, ein Monstrum. Wahrscheinlich, schloß er, war es der Götze Kukelstuuhr.
    Noch schwankte er, da trat ein Ereignis ein, das ihm die Entscheidung nachhaltig erleichterte. Er vernahm zuerst ein dumpfes Rumoren, das in Kürze zu lautem Donnergrollen anschwoll und sich schließlich zu ohrenbetäubendem Dröhnen auswuchs, daß der Boden zitterte und der Gesteinsstaub in Fontänen von den Wänden rieselte.
    Der humpelnde Tantha war im ersten Augenblick so entsetzt, daß er sich unmittelbar neben dem Stollenausgang flach auf den Boden warf. Dann erinnerte er sich, daß er dasselbe Geräusch schon einmal gehört hatte - nur schwächer. Der junge Priesteranwärter hatte sich darüber gewundert, daß er sich nicht erinnern konnte, woher es kam. Es war die Stimme des Götzen. Kukelstuuhr ließ die Welt wissen, daß Opfer fällig waren!, Da sand er wieder auf. Da sich die Wohnung des Oberpriesters in dieser Halle befand, war wohl nicht anzunehmen, daß das Ungeheuer bis hierher vordringen könne. Es drohte ihm also keine Gefahr. Aber als das dröhnende Gebrüll schließlich abebbte und verklang, da wußte der humpelnde Tantha, daß er zu weiterem Vordringen einfach nicht die Nerven hatte.
    Was am anderen Ende des Stollens lag, war ohnehin kein Geheimnis mehr. Es war die große Arena, in der die Opferfeier stattfand - das Original, dem jene Halle nachgebildet war, in der er zusammen mit den Priesteranwärtern die Gesänge geübt hatte. Und wiederum auf der gegenüberliegenden Seite jener Arena befand sich „das Murcon", der Eingang zu der Örtlichkeit, an der sich der Götze Kukelstuuhr aufhielt, wenn er nicht zu einer Opferfeier in der Arena erschien.
    Der humpelnde Tantha machte sich auf den Rückweg. Ohne Zwischenfall erreichte er das goldene Tor, dessen kaum mannshohe Eintrittsklappe er behutsam hinter sich schloß. Auf dem Weg zu seiner Zelle begegnete er niemand, und in der Zelle lag Hajlik noch immer in tiefem Schlaf.
    Tantha fragte sich, ob er Pankha-Skrin aufsuchen solle. Aber noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war er eingeschlafen.
     
    8.
     
    Am nächsten Tag -die Götzendiener zählten ihre Tage nach den „Pausen der Ruhe", die sie jeweils zwischen zwei Perioden der Aktivität einlegten - nahm der humpelnde Tantha mit den übrigen Priesteranwärtern wieder an einer Übung in der Modellarena teil. Diesmal kannte er die Prozedur, und es bestand keine Gefahr, daß er sich verriet. Die Kleidung, die Priester ebenso wie Priesteranwärter trugen und der Tantha seine eigene Montur angepaßt hatte, kam ihm dabei zu Hilfe: unter der weit nach vorne hängenden Kapuze war es fast unmöglich, das Gesicht zu sehen.
    Der Humpelnde wartete mit Ungeduld auf die erste Möglichkeit, sich mit Pankha-Skrin

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