092 - Schreie aus dem Sarg
aufzustehen.«
Bosco leckte sich die Lippen. »Kann er mich denn schon hören?« Er rieb sich die Handflächen an der Hose trocken. Dann sagte er rauh:
»Na schön, Roc, steh auf!«
Alle warteten gespannt. Natwick gehorchte nicht. Chet Bosco warf der Totenpriesterin einen unsicheren Blick zu.
»Hab ich etwas falsch gemacht?«
Die Antwort bekam er von Natwick. Ein Ruck ging plötzlich durch den toten Körper, und dann öffnete der Leichnam langsam die Augen. Er drehte den Kopf, wandte Bosco das graue Gesicht zu. Seine Augen waren blicklos, gebrochen.
Er setzte sich auf. Seine blutgetränkte Kleidung glänzte. Neben dem Ledersofa kam er mit eckigen Bewegungen auf die Füße.
»Er wirkt unbeholfen«, stellte Chet Bosco fest.
»Das gibt sich mit der Zeit«, sagte Yora. »Er wird seinen Körper bald so wie früher beherrschen.«
»Das hoffe ich, denn so, wie er jetzt ist, kann ich ihn nicht gebrauchen.«
»Er wird jeden deiner Befehle ausführen«, sagte Yora. »Und er ist so gut wie nicht zu stoppen.«
»Du meinst, man kann ihn nicht umlegen, weil er bereits tot ist.«
»So ist es.«
»Ist er überhaupt nicht zu vernichten?« fragte Chet Bosco.
»Mit weißmagischen Waffen kann man ihn töten. Er ist auch verloren, wenn man sein Gehirn zerstört. Aber sonst ist er kugelfest.«
»Kugelfest«, wiederholte der Gangsterboß und rieb sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. »Das ist natürlich ein ungeheurer Vorteil.« Er wandte sich an O'Hara und Cosby. »Stellt euch das mal plastisch vor, Jungs. Roc marschiert in die Ausstellung, ohne daß ihn jemand daran hindern kann. Das eröffnet ganz neue Aspekte. Man ballert auf ihn, aber er schluckt die Kugeln wie nichts, räumt die Klunker ab und bringt sie mir.«
»Du willst ihn allein einsetzen, Boß?« fragte O'Hara. »Das finde ich nicht so gut. Man könnte ihn überwältigen.«
»Ein Trio«, sagte Chet Bosco und schnippte mit dem Finger. »Ein Zombie-Trio. Drei unverwundbare Männer, Spezialisten allererster Garnitur! Sie ziehen los und begehen den Raub des Jahrhunderts.« Seine Augen leuchteten. »Juwelenexperten. Fachleute für Juwelenraub. Wißt ihr, an wen ich denke?«
»George Quinn und Brian Hawke?« fragte O'Hara.
»Genau. Sie haben einen Blick für wertvolle Juwelen. Ich hätte sie für mein Unternehmen nie gewinnen können, aber wenn Yora sie zu Zombies macht, werden sie mir gehorchen. Die namhaftesten Juwelenräuber Englands werden für mich arbeiten. Ich brauche nur zu Hause zu sitzen und zu warten, bis sie mir die Beute bringen. Niemand wird sie aufhalten können und sie werden mich auch nicht betrügen, denn sie haben kein eigenes Interesse mehr an den Juwelen.«
»Hört sich gut an, Boß«, sagte O'Hara.
»Mit einer solchen Entwicklung habe ich nicht gerechnet«, sagte Bosco. »Yora, du bekommst die Augen des Todes, und wenn du dir sonst noch etwas von der Beute nehmen möchtest, geht das in Ordnung. Es wird für uns immer noch genug übrigbleiben. Aber ich brauche noch zwei Männer.«
»Das ist kein Problem«, sagte das Mädchen mit dem Seelendolch.
»George Quinn und Brian Hawke. Du machst sie zu lebenden Leichen, okay?«
»Du kannst mit ihnen rechnen.«
Der Gangsterboß rieb sich grinsend die Hände. »Ich kann das alles immer noch nicht richtig begreifen, aber Freunde, für uns bricht eine neue Ära an. Das Zombie-Trio macht uns unschlagbar. Keiner anderen Gang steht so eine ›Waffe‹ zur Verfügung. Ich werde bald die Nummer eins in dieser Stadt sein.«
***
Terence Pasquanell!
Er stürzte sich auf mich. Ich schlug aus der Drehung zu und duckte mich gleichzeitig. Meine Faust schien einen Sandsack zu treffen. Der Schlag erzielte keine Wirkung.
Pasquanells Hände griffen über mich hinweg. Ich wuchtete mich mit der Schulter gegen ihn. Er klappte in der Mitte zusammen, hing mit dem Oberkörper über meine Schulter.
Ich richtete mich auf. Er verlor den Bodenkontakt. Ich drehte mich mit ihm und schleuderte ihn zwischen das Alteisen.
Doch Pasquanell blieb nicht liegen, sondern erhob sich sofort wieder. Ich wollte die winzige Zeitspanne nützen, um an meine magischen Wurfsterne zu gelangen.
In diesen Silberdingern, die geweiht und mit weißmagischen Symbolen verziert waren, steckt eine Kraft, mit der ich den gefährlichen Werwolfjäger schwächen konnte.
Er schien zu ahnen, was ich vorhatte, und verhinderte es sofort. Ich kam nicht an die Sterne, mußte die wuchtigen Schläge abblocken, mit denen mich der Untote fertigmachen
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