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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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völlig untypisch für Maggies sauberes Wesen war, registrierte er zwar, war aber in Gedanken ganz woanders.
    »Hallo Maggie, Marc, ich bin da!«, rief er und stellte die Aktentasche auf der kleinen Bank neben der Haustür ab.
    Die Wohnzimmertür wurde aufgerissen. Eine Klaue schoss heraus.
    Sie bekam Tournier zielgenau am Kragen zu fassen.
    Er gurgelte, war aber zu perplex, um sich zu wehren. Die Klaue ließ ihn los. Er taumelte ins Wohnzimmer, versuchte sich verzweifelt auf den Beinen zu halten, hatte den »Point of no Return«, aber längst überschritten und knallte unsanft auf den Boden. Ein stechender Schmerz zog durch seine Brust und sein Kinn, das er sich unsanft angeschlagen hatte. Als Tournier den Kopf hob, sah er Sterne vor seinen Augen tanzen.
    Vor ihm stand sein zum Leben erwachtes Gefühl drohender Gefahr. Tournier kam gar nicht dazu, seine Schließmuskeln zu entkrampfen, wie es ihm sein Angstzentrum vorgab. Denn die Angst um Maggie und Marc überlagerte angesichts dieses unglaublichen Anblicks alle anderen Instinkte. Als Tournier seine Familie an den Beinen dieser albtraumhaften Kreatur vorbei, wie zwei ängstliche Schafe in einer Ecke zusammengedrängt, bemerkte, entspannte er sich etwas. Nur, um gleich darauf erleben zu müssen, dass seine Zähne so laut aufeinander klapperten, dass es sicher bis draußen auf der Straße zu hören war. Tournier wollte diesen Vorgang stoppen, denn er war bisher immer Marcs Held gewesen, strahlend, stark und unbezwingbar, aber er schaffte es einfach nicht. Gott sei Dank behielt er wenigstens weiterhin seine Schließmuskeln unter Kontrolle. Das hätte seinem Heldenstatus ganz sicher den Rest gegeben.
    »Steh auf«, sagte diese ganz und gar unglaubliche Kreatur mit seltsam angenehmer Stimme.
    Tournier rappelte sich hoch und ordnete fahrig Hemd, Krawatte und Jackett. Am liebsten wäre er zu seiner Familie gestürzt und hätte sie umarmt, aber ein weiterer Instinkt warnte ihn, das besser nicht zu tun. »Geht es euch gut? Seid ihr in Ordnung?«, krächzte er.
    »Ja«, erwiderte Maggie, die ihren Sohn so fest an sich drückte, als wolle sie Brei aus ihm machen. »Monsieur Carax hat uns nichts angetan.«
    »Mons…« Tournier hielt es für noch absurder als den Schatz in seinem Keller, ein wandelndes Skelett mit Monsieur anzusprechen.
    »Bist du der Rest dieser hübschen kleinen Familie? Oder gibt es noch jemanden?«, fragte Carax hinterhältig.
    »Nein. Nur wir drei.«
    »Gut. Damit hast du deinem Sohn soeben das Leben gerettet.« Carax kicherte. »Ich hätte ihn sonst vor deinen Augen und denen deiner Frau in der Luft zerfetzt.«
    Tournier wurde schwindelig, als er sich das vorstellte. Er musste sich an einer Stuhllehne festhalten und setzte sich dann.
    »Hört mir jetzt gut zu, denn ich pflege Dinge nur einmal zu sagen. Bis auf weiteres bleibt die Frau als mein Faustpfand im Haus. Du, Monsieur, wirst ganz normal deinem Broterwerb nachgehen und dich nicht auffällig verhalten. Das gilt auch für die kleine Kröte. Der Junge wird zur Schule gehen und niemandem ein Wort von dem sagen, was hier passiert. Sonst werde ich Madame an ihren eigenen Gedärmen aufhängen.« Carax drehte sich zu Marc um. »Hast du das verstanden?«, zischte er ihn an.
    Marc nickte mit kurzen Bewegungen, während er den Zombie von unten herauf aus angstvollen Augen anstarrte. Er wollte schluchzen, wagte es aber nicht.
    »Was wollen Sie von uns, Mon… Monsieur Carax?«, fragte Michel Tournier.
    »Zum ersten will ich mein Haus wieder haben, in dem ihr ungerechtfertigt wohnt. Und was ich sonst noch für Pläne und Ziele habe, geht euch nichts an. Ihr werdet es aber noch erleben.«
    Die Aussicht, nicht gleich sterben zu müssen, erleichterte Michel Tournier nicht ein bisschen.
    ***
    Nicoles Wohnung
    »Konntet ihr bereits etwas über die schwarze Hand herausfinden?«, fragte Nicole.
    »Null Komma null.« Pierre Robin grinste schräg. »Das ist eines der Aufgabengebiete, die ich euch, in diesem Falle nun dir, zugedacht habe. Vielleicht habt ihr darüber ja was in eurem Supercomputer auf dem Château.« Er kratzte sich erneut, dieses Mal unter der Achsel.
    »Äh, da gibt es ein Problem, das ich im Moment nicht bedacht habe…«
    »Sprich dich ruhig aus.«
    »Ich meine, da du nun dem Château au revoir gesagt hast und deinen Götterg… äh Zamorra nicht sehen willst, wie kommst du dann in eure Bibliothek?«
    Nicole lächelte. »Einen Moment.« Sie ging ins Wohnzimmer und kam mit ihrem Laptop wieder zurück.

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