0921 - Die Trennung
ich die Spaßbremse mache.«
Gegen zehn Uhr fuhren sie in den Pariser Osten. Cana, der aus reichem Hause stammte und im Gegensatz zu Laurent und Zamorra ausschließlich Parapsychologie bei Darien studierte, besaß ein eigenes Stadthaus im Gebiet zwischen dem Friedhof Père Lachaise und dem Place de la Nation.
Laurent blieb hinter dem Steuer sitzen und machte keinerlei Anstalten, auszusteigen.
»Na, was ist jetzt?« Zamorra hatte im Auto eine weitere Flasche Bier geleert.
»Gemach, mein Freund. Wir haben noch etwas Zeit. Genau dreizehn Minuten. Vorher geht’s nicht.«
»Hä? Was ist denn das nun wieder für ein Scheiß?« Zamorra starrte ihn aus rot umrandeten, schon etwas trüben Augen an.
»Wart’s einfach ab, ja? Du wirst schon sehen.«
Kurze Zeit später stiegen sie aus und gingen die Häuserfronten entlang. Es herrschte ziemlich viel Betrieb hier. Autos schoben sich durch die Straßen, Schlangen roter Rücklichter bildeten sich, Menschen waren auf den Gehsteigen unterwegs. Der Eingang, vor dem Laurent stehen blieb, sah aus wie alle anderen in dieser ewig langen Häuserzeile. Er klingelte.
Eine von außen vergitterte Klappe in der Tür ging auf, ein wächsernes Gesicht mit kalten Augen erschien. »Haben Sie mir etwas zu sagen, Monsieur?«
»Fortreaux.«
Die Klappe schloss sich wieder. Gleich darauf ging die Tür auf.
Zamorra und Laurent sahen sich einem unangenehm wirkenden Mann in schwarzer Kleidung gegenüber. Wortlos drehte er sich um und ging ein paar Schritte den düsteren, von schummrigem Licht nur spärlich erhellten Gang entlang. Laurent folgte ihm. Also tat es auch Zamorra.
Links und rechts gab es einige Türen. Vor einer stoppte der Mann und öffnete sie. »Hier herein, Messieurs, bitte.«
Laurent nickte. »Danke.«
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Zamorra verzog ungläubig das Gesicht. »Was ist denn das hier?«
Es handelte sich um eine Art Garderobe. An Haken hingen, sorgfältig aufgehängt, insgesamt zehn bademantelähnliche Kleidungsstücke in den verschiedensten Farben. Zamorra fasste eines an. Sie schienen aus Seide zu sein. Über jedem der Mäntel hing eine Gesichtsmaske. Einige ähnelten jenen des venezianischen Karnevals, glatt, weiß und ausdruckslos, andere zeigten schreckliche Dämonenfratzen.
Laurent begann sich auszuziehen. »Los, Zamorra, du auch. Such dir eine Maske aus, du hast die freie Auswahl. Und zieh dir den dazugehörigen Kimono an. Das hier ist so eine Art Maskenball. Bedingung ist, dass du die Maske die ganze Nacht nicht ablegst. Cana will, dass die Teilnehmer und natürlich Teilnehmerinnen alle unerkannt bleiben. Denn es sollen ziemlich bekannte Leute dabei sein.«
»Und warum müssen die unerkannt bleiben? Was geht hier ab, mein Freund?«
»Jetzt sei doch nicht so ungeduldig. Du siehst’s ja gleich.«
»Fortreaux. Das war ein Codewort, nicht wahr?«
»Du bist scharfsinniger, als ich dachte.« Laurent grinste. »Damit sich die Teilnehmer nicht beim Umziehen über den Weg laufen, sind die Ankunftszeiten streng einzuhalten, sonst bist du draußen. Jean weist dann den Ankömmlingen eine der Umziehräume zu. Alles sehr gut durchdacht, wie du siehst.«
Zamorra zuckte mit den Schultern. Ihm war jetzt ohnehin alles egal. Nathalie schien nur noch ein weit entfernter, schnell verblassender Traum zu sein. Er wählte eine Teufelsfratze mit gierigen Augen und heraushängender Zunge und stülpte sie sich über. Aus was für einem Material sie bestand, vermochte er nicht zu sagen, nur, dass es sich warm, fast lebendig anfühlte. Es schien ihm zudem, als passe sich die Maske perfekt seiner Gesichtsform an. Der scharlachrote Kimono war mit allerlei seltsamen magischen Zeichen bedeckt.
Totaler Humbug. Ich liebe Humbug…
Sie gingen durch eine zweite Tür und stiegen durch ein schmales Treppenhaus in den ersten Stock. In den Fluren und Räumen, die zum Teil modern, zum Teil mit barocken Möbeln eingerichtet waren, herrschte bereits Betrieb. Zamorra zählte rund 30 Maskierte, davon etwa die Hälfte Frauen. Die meisten trugen Kimonos wie sie.
Zwei der Frauen liefen jedoch völlig nackt herum!
Niemand schien sich daran zu stören. Einige Maskierte gingen mit Tabletts umher und reichten den Anwesenden Sektgläser und kleine Häppchen. Leise klassische Musik ertönte im Hintergrund. Zamorra bediente sich. Die seltsame Stimmung, am besten noch als abwartende Spannung zu bezeichnen, schlug ihn in ihren Bann. Er fühlte ein seltsames Kribbeln in der
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