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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Dann wandte er den beiden für einen Moment den Rücken zu.
    Michel Tournier schluckte. Jetzt war der entscheidende Augenblick da! Einen Moment zögerte er, ließ die Hand mit dem Kreuz, die sich bereits aus der Tasche bewegte, wieder zurücksinken. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und riss es heraus. Mit einem krächzenden Laut wollte er es Carax an den Hinterkopf drücken.
    Der Zombie schien etwas zu ahnen. Er fuhr herum. Statt in den Nacken drückte Tournier das Kreuz nun direkt auf die Knochenstirn.
    Ein greller Blitz zuckte durch den Raum. Tournier zog erschrocken die Hand zurück. Er erwartete, das Kreuz fallen zu sehen. Aber es blieb auf der Stirn des Untoten haften, als zöge ein Magnet es an.
    Der Zombie stieß einen röhrenden Schrei aus, der in schrille Dissonanzen ausartete. Er taumelte, tastete nach dem Kreuz, versuchte, es von seiner Stirn zu ziehen. Rauch stieg auf. Es roch nach verschmorten Haaren, nach verbrannten Knochen. Carax rezitierte Abwehrformeln, drehte und wand sich wie ein Wahnsinniger, riss Teller und Essen von der Anrichte und warf zwei Stühle um. Dann sank er in die Knie.
    Tournier beobachtete das Geschehen voller Angst und kam gar nicht auf die Idee, dem Monster auch gleich noch das Weihwasser mitzugeben, das in seiner Aktentasche war. Und als er sich wieder daran erinnerte, war es zu spät. Carax erwies sich der nur schwachen Kraft des Kreuzes gewachsen. Das schwarze Flimmern um seine Stirn bewirkte, dass er es aus dem Knochen, in das es sich langsam hineinfraß, herausziehen und in hohem Bogen wegschleudern konnte. Es knallte gegen die Wand.
    Carax verharrte einen Moment auf den Knien, dann kam er hoch.
    Mit noch rauchender Stirn schleuderte er Tournier dem Kreuz hinterher. Er knallte ebenfalls gegen die Wand, gurgelte und rutschte langsam daran herunter. Schwer atmend, mit einer blutigen Schramme an der Stirn, blieb er sitzen und starrte dem Monster entgegen, unfähig, nochmals etwas zu unternehmen.
    Maggie wimmerte leise, die Hand entsetzt vor den Mund gepresst.
    Sie war sich sicher, dass Carax sie nun alle umbringen würde.
    Er tat es nicht. »Mach das niemals wieder«, flüsterte er in Michel Tourniers Richtung. »Ein netter Versuch, wirklich. Und nicht ungeschickt für mich. So konnte ich dir meine wirkliche Macht zeigen. Du weißt nun, dass du mir nicht gewachsen bist. Nichts und niemand kann mich wieder aus dieser Welt tilgen. Und nun geht in euer Schlafzimmer.«
    Die Tourniers gehorchten wortlos, nachdem Maggie ihrem Mann aufgeholfen hatte und ihn nun stützte.
    Carax vernichtete mit einem Zauber aus den Finsteren Dokumenten das silberne Kreuz, das wie zähflüssiges Quecksilber auseinander lief und auf geheimnisvolle Weise im Boden versickerte. Danach warf er die Flasche mit Weihwasser, das er nun deutlich wittern konnte, in hohem Bogen aus dem Fenster. Sie zerschellte an einem Baum.
    ***
    Nicoles Wohnung
    Pierre Robin hatte Nicoles Wohnung kurzerhand zu ihrem Hauptquartier bestimmt, weil sie nicht weit von den Brennpunkten des Geschehens zu liegen schien. Jedenfalls, soweit man das im Moment sagen konnte.
    Sie wussten seit einer halben Stunde aus den Beständen des Stadtarchivs, dass sich das einstige Gefängnis Sans Espoir an der Ecke Rue de Bizerte / Rue Truffaut befunden hatte. Das war nicht allzu weit von hier. Zwecks Koordination ihres weiteren Vorgehens warteten sie im Hauptquartier auf Inspektor Emile Gaudin, der sein baldiges Kommen angekündigt hatte.
    »Ich denke, dass wir dem Haus einen Besuch abstatten und die Leute dort gründlich befragen sollten«, meinte Nicole gerade. »Gaudin sieht das sicher auch so. Warum also warten? Die schwarze Hand ist der einzige Anhaltspunkt, den wir gerade haben.«
    »Immer gemächlich mit den jungen Pferden«, erwiderte Robin gemütlich grinsend. »In deinem fortgeschrittenen Alter schadet Hektik nur. Natürlich stimme ich dir zu. Aber Emile hat hier das letzte Wort. Ohne Wenn und Aber. Ohne ihn läuft nichts. Schon deswegen, weil ich ihn nicht in Teufels Küche bringen will.«
    Nicole nickte. »Wo wir durchaus landen könnten, mein Lieber. Also, warten wir eben. Was darf ich dir derweil anbieten? Etwas von meinem Blasentee? Du weißt ja, alte Leute brauchen so was. Kaffee? Whisky?«
    »Espresso wäre toll.«
    In diesem Moment klingelte es. Gaudin stand vor der Tür. Mit überaus ernstem Gesicht.
    »Was ist, Emile? Hat dein Hamster das Zeitliche gesegnet?«, versuchte Robin einen seiner berüchtigten Scherze.
    Gaudin

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