0923 - Ice Road Shockers
darauf, dass er es mitbrachte.
Eine Woche geht schnell vorbei. Dan Rydell nahm einen weiteren Schluck des bitteren Kaffees und entschloss sich, ab sofort keine Fragen mehr zu stellen.
***
»Wie heißen Sie eigentlich?«
Mit einem Mal fiel Dan auf, dass er den Namen seines schweigsamen Mitreisenden noch gar nicht kannte. Fragend blickte er nach links, wo der Mann auf dem Beifahrersitz seines Führerhauses saß und mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck aus dem Fenster auf die vorbeirasende Landschaft blickte.
»Zamorra«, sagte der Fremde und lächelte freundlich. »Nochmals danke fürs Mitnehmen.«
»Hey, es ist Ihr Geld.« Dan hob die Hand, lachte. »Wäre zwar nicht meine Idealvorstellung eines Urlaubs, aber jeder tickt wohl anders.«
Er war dem Kerl auf dem Parkplatz von Endeavors begegnet, wo er Fahrer ansprach und sie darum bat, mit ihnen über die Ice Road reisen zu dürfen. Zwei hatten schon abgelehnt, als er sich Dan zugewandt hatte. Sein Gesicht war ehrlich, seine Börse beachtlich… und der Zweck seiner Anfrage klar gewesen. Dachte Dan zumindest.
»Sie sind wegen Mitch gekommen, richtig? Wegen des Mannes, den sie da gefunden haben?« Ein Sensations-Tourist. Mit mehr Geld als Verstand, aber genau wegen des Geldes bin ich hier, oder? Kurzzeitig ging ihm wieder das Bild der blonden Maus durch den Sinn. Wie er es auch drehte und wendete, er wurde sie nicht los.
Zamorra schüttelte den Kopf. »Ob ich ein Sensationstourist bin, meinen Sie? Nein. Obwohl… gewissermaßen vielleicht schon. Ich suche ein wenig Abwechslung.«
»Na, davon werden Sie hier wenig finden, Kumpel.« Lachend deutete Dan durch die Windschutzscheibe nach vorn, wo die Anzeichen der Zivilisation am Wegesrand immer spärlicher wurden. Und mit ihnen verschwanden auch die Wiesen und Bäume zunehmend. Es wurde kalt da draußen, mit jedem gefahrenen Kilometer mehr. Eisig. »Das Bild da wird sich nicht ändern, bis wir Dellinger's Point erreichen. Weiß auf Weiß - etwas weniger Abwechslungsreiches kann ich mir gar nicht vorstellen.«
Der Mann auf dem Beifahrersitz lächelte abermals. »Verzeihen Sie, da habe ich mich unklar ausgedrückt. Das hier ist tatsächlich genau das, wonach mir der Sinn stand. Einfach… einfach etwas, das untypisch für mich ist. Verstehen Sie?«
Irrte er sich, oder lag da eine vertraute Schwere in den Worten des Mannes? Es mochte Einbildung sein, aber wenn nicht… Schau mal an , dachte Dan plötzlich interessiert. Wie heißt sie denn? Und warum glaubst du, vor ihr wegzulaufen helfe dir dabei, sie aus deinem Kopf zu bekommen?
Es war drei Jahre her, seit Dan und Diane sich begegnet waren, und die Zeit war an ihnen nicht spurlos vorübergegangen. Ja, es hatte Krisen gegeben, manche sogar unüberwindlich, aber dennoch hatten sie stets wieder zueinandergefunden - freiwillig. Weil es, weil sie ihre Natur waren, einer die des anderen. Durch die emotionalen Narben wurden sie füreinander nur noch attraktiver.
Dan und Diane. Dan, nicht »Jack«, und obwohl sie beide gerade erst Mitte zwanzig waren, hatten sie sich nicht mit sechzehn kennengelernt - im Gegensatz zu den beiden Figuren aus dem Song von John Meilencamp, der ihr Song geworden war. Weil er ihr Leben, selbst wenn sie es damals noch getrennt voneinander gelebt hatten, perfekt widerspiegelte. Ihre Grundeinstellung. Das, was sie verband.
Oh ja, das Leben ging tatsächlich noch weiter, nachdem der anfängliche Kitzel vergangen war.
War es altklug zu glauben, so etwas Profundes mit gerade einmal vierundzwanzig Lenzen erkannt zu haben? Möglich, aber in Dan Rydells Augen war es auch und vor allem die Wahrheit. Der Reiz des Neuen, die starke Anziehung zum jeweils anderen, war nur eine Phase, die vorüberging. Das, was eine Beziehung wirklich funktionieren ließ, war die Fähigkeit der beiden Partner, sich auch jenseits der Schmetterlinge im Bauch noch in die Augen sehen zu können. Die Bereitschaft, gemeinsam die Routine zu stemmen.
Deswegen war er hier. Auf der Ice Road. Trug seinen Teil dazu bei.
Zwischenspiel - Stygia: Neues Leben
Hölle
»Oh, bei allen Dämonen der Schwefelklüfte…«
Sie war die Fürstin der Finsternis gewesen. Sie hatte über Seelen gerichtet und sich mit den Mächtigen des Reiches aus Ewigem Feuer verbündet. Ihr Wort hatte Wert, ihr Wille Bedeutung - und zuletzt hatte sie, ausgerechnet sie, es sogar auf den Stuhl geschafft, den zu besetzen ihr noch vor Jahren wie ein Ding der Unmöglichkeit vorgekommen war. Sie hatte ein Erbe
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