0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner

Vom Netzwerk:

kicherte der Meister des Übersinnlichen noch immer.
    ***
    Sie kamen.
    Endlich, sie kamen. Zurück zu ihm. Groß und mächtig, voller Energie und Leben. Sie machten sich auf den Weg, das spürte er selbst aus der Ferne. Denn es hatte Vorboten gegeben, ersten Spähtrupps gleich, die sich hergewagt hatten, um zu sehen, was sie finden würden. Und seitdem fieberte er dem Augenblick entgegen, an dem sie die Schwelle zu seinem Reich übertreten und ihm gehören würden.
    Er brauchte sie.
    Er wollte sie.
    Und, bei ihm, er würde sie haben.
    Es würde werden wie früher. Nur diesmal würde es halten. Diesmal würde nichts seinem Willen Grenzen setzen. Die Beschränkungen seines Gefängnisses aus Schwäche und Behinderung waren bereit, durchbrochen zu werden - ein für alle Mal.
    Er, der sich Gott nannte, dankte sich dafür, dass er wusste, was Warten hieß.
    ***
    Der Kaffee schmeckte wie Teer, den jemand mit einigen Eimern Heißwassers zu strecken versucht hatte: eine dunkle, schwere Brühe, die sich unangenehm präsent ihren Weg seine Kehle hinab bahnte und seinen Magen zu lautstarken Protesten animierte. Dan Rydell starrte auf den weißen Becher in seiner Hand und erwartete halb im Scherz, das Getränk müsse sich gleich wie Säure durch das Plastik des Trinkgefäßes ätzen und auf den Linoleumboden suppen. Es passte in diese Umgebung wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.
    Dan befand sich im sogenannten Besprechungszimmer A von Extreme Endeavors , einem Fuhrunternehmen mit Sitz im kanadischen Yellowknife. Warum der Raum, weit und breit der einzige seiner Art, ein A hinter seinem Namen hatte, wusste er nicht; überhaupt gab es einiges, das er an diesem heruntergekommen wirkenden Gebäude nicht verstand. Aber dafür, so hatte er längst innerlich beschlossen, wurde er auch nicht bezahlt. Also war es nicht sein Problem.
    Der Raum war vielleicht zwanzig Quadratmeter groß und wurde von einem weiß lackierten Holztisch dominiert, um den zehn Männer saßen. Einer von ihnen war Dan. An der Wand hinter ihm hing eine breite Schiefertafel, wie man sie hin und wieder noch in Grundschulen fand, auf der gegenüberliegenden Seite eine große Land- und Straßenkarte der Region. Durch ein geschlossenes Fenster fiel helles Tageslicht hinein, dennoch hatte irgendwer die Neonröhren an der Zimmerdecke eingeschaltet. Niemand schien sich daran zu stören.
    Nicht zum ersten Mal ließ Dan seinen Blick über die anderen Wartenden schweifen. Es waren überwiegend Männer, und die meisten von ihnen sahen aus, als kämen sie entweder frisch aus dem Knast oder seien gerade auf dem Weg dorthin. Große, breitschultrige Typen mit wulstigen Stirnen, flachen Boxernasen und Händen so groß wie Wagenräder. Vier von ihnen trugen Cowboyhüte, gleich sechs eine Vokuhila. Ein schnurrbärtiger Schrank von vielleicht fünfzig Jahren, auf dessen Hemdtasche der Name »SexxySteve«, eingestickt war, hatte eine Halbglatze und trug sie sichtlich stolz zur Schau. Die Tätowierung darauf - sie zeigte einen Teufel, der sich, wenn Dan das richtig erkannte, an einer Nonne verging - hatte ihn sicher eine gehörige Stange Geld gekostet. Sie passte zu ihm, denn auch sie war geschmacklos.
    Inmitten dieser Gestalten wirkte die einzige Frau dagegen fast wie eine Eule. Langes, strohblondes Haar umrahmte ein schmales Gesicht, das hinter den riesigen getönten Gläsern ihrer grünen Plastikgestell-Brille nur schemenhaft zu erkennen war. Einzig die blasse Hakennase ließ erkennen, dass da tatsächlich ein Mensch hinter all dem Vorbau saß. Dan schätzte, dass die Eule ihren vierzigsten Geburtstag locker bereits zum fünften Mal in Folge gefeiert hatte, und ihre dunkelblaue Latzhose war vermutlich noch älter.
    Als die Tür aufschwang, ging ein leises Raunen durch die Gruppe, die bis dato schweigend dagesessen hatte. Drei Männer traten ein, Schlipsträger mit weißen Hemden und dunklen Stoffhosen. Zwei von ihnen blieben links und rechts des Eingangs stehen, während der dritte schnurstracks zur Tafel schritt.
    »Guten Morgen«, sagte er dann. »Wer mich noch nicht kennt: Ich bin Allan Snyders, Vize-Chairman von Extreme , und wenn Sie sich dafür entscheiden, unseren Auftrag anzunehmen, bin ich während der kommenden acht Tage Ihr Boss.« Seine Wangen waren gerötet, was ihm das Aussehen eines kleinen Schweinchens verlieh.
    Einer der Cowboys hob die Hand, ergriff unaufgefordert das Wort. »Frage: Haben die Geschichten von CNN irgendeine Auswirkung auf die Besoldung? Soll