0924 - Das Totenbuch
so, wie ich es mir gewünscht hätte. Der Fall ist noch nicht gelöst, im Gegenteil, er fängt erst jetzt an und wird mich noch vor einige Probleme stellen.«
»Ich höre trotzdem gern zu.«
Ich berichtete, was ich erlebt und aufgedeckt hatte, aber ich redete mit ihm auch über meine Vermutungen.
»Ja«, sagte er dann und räusperte sich, »da wird Ihnen wohl Bill Conolly weiterhelfen können, wenn überhaupt.«
»Das stimmt, Sir, denn Paul Sibelius kann nicht mehr sprechen.«
»Heißt so der Tote?«
»Ich erfuhr es durch Bill Conolly. Haben die Kollegen von der Spurensicherung etwas herausgefunden?«
»Nichts, was uns weiterhelfen könnte.«
»Das dachte ich mir.«
»Machen Sie trotzdem weiter, John.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
»Soll ich Ihnen Suko schicken?«
»Das ist noch nicht erforderlich. Ich werde zunächst zu den Conollys fahren. Irgendwo muß ich ja ansetzen.«
»Da ich den Namen des Toten kenne, werde ich mich mit der Fahndung in Verbindung setzen. Ich bin sicher, daß sie über ihn etwas herausfinden.«
»Tun Sie das, Sir.« Daß ich seine Sicherheit nicht teilte, sagte ich ihm nicht. Ich ging eher davon aus, daß Menschen wie dieser Sibelius bisher unerkannt, vielleicht in verschiedenen Verstecken gelebt hatte, aber genau wußte ich es nicht. Bill würde mir sicherlich mehr darüber sagen können. Er hatte den Kuchen angerührt, und er würde auch dafür sorgen, daß der Teig größere Wellen schlug.
Wieder einmal klemmte ich mir das Buch unter dem Arm und verließ die Wohnung.
Passiert war nichts. Ich sah keinen Schatten mehr, und trotzdem glaubte ich, beobachtet zu werden.
Wieder im Auto, unternahm ich einen Versuch, wobei ich hoffte, daß er nicht negativ ausfallen würde. Ich ließ mein Kreuz über den Buchdeckel schweben und achtete darauf, ob es sich in meiner Hand erwärmte.
Ja, ein wenig war zu spüren.
Sehr schwach nur, wie ein Hauch, aber darauf achtete ich nicht mehr. Ich wollte das Buch nicht zerstören, denn ich ging einfach davon aus, daß es noch zahlreiche Geheimnisse barg.
Mit diesem Bewußtsein machte ich mich auf den Weg zu meinem kranken Freund Bill Conolly…
***
Hatte ihn die Sommergrippe erwischt, so fühlte sich Sheila, seine Gattin, blendend. Sie empfing mich in weißen Shorts, einem roten Top als Oberteil, hochgesteckten Haaren und dünnen Sandalen an den nackten, gebräunten Füßen.
Sheila nahm die Sonnenbrille ab und lächelte. »Jetzt wird Bill happy sein.«
Ich küßte sie auf beide Wangen. »Meinst du?« fragte ich dann.
»Sicher.«
»Und was ist mit dir? Geht es dir wieder besser, hast du den seelischen Horror überstanden?«
»Ja, das ist vorbei.« Erleichterung klang in ihrer Antwort mit. »Noch einmal möchte ich das aber nicht erleben.«
Sheila hatte da wirklich eine schwere Zeit durchgemacht, aber sie war wieder okay, betrat vor mir das Haus, wo es angenehm kühl war, und gemeinsam schlugen wir den Weg zu Bills Arbeitszimmer ein, das zu einem Krankenzimmer umfunktioniert worden war, denn mein alter Freund lag auf der Couch, sah unglücklich aus, und das Begrüßungslächeln mißlang ihm. Es wirkte, als hätte er auf eine Zitrone gebissen. Bis zum Hals war er zugedeckt worden und sagte sofort: »Glaub nur nicht, daß mir dies Spaß macht, aber Sheila hat dafür gesorgt, daß ich wie eine verdammte Mumie aussehe.«
»Zu recht.«
»Fang du nicht auch noch an!«
»Möchtest du was trinken, John? Ich habe eine Apfelsaftschorle zubereitet. Das kenne ich aus Deutschland - ist sehr erfrischend.«
»Gute Idee.«
»Bring mir auch was mit«, sagte Bill mit krächzender Stimme und mußte husten.
Sheila lächelte ihm raubtierhaft zu. »Aber sicher doch, du bekommst deinen Tee.«
»Nicht schon wieder«, beschwerte sich Bill und wandte sich an mich, als Sheila das Zimmer verlassen hatte. »Weißt du, wie der schmeckt?«
»Nein.«
»Wie ein Laternenpfahl ganz unten.«
»Du mußt es ja wissen«, erwiderte ich lachend.
»Furchtbar«, stöhnte Bill. »Immer nur Tee, das ist ja nicht zum aushalten.«
Ich hatte mir einen Stuhl geholt und schob die Bücher und Zeitschriften zur Seite, die mir im Weg standen. Dann nahm ich Platz, nickte Bill zu und erklärte ihm, daß er schlecht aussah.
»Fang du nicht auch noch damit an!«
»Es stimmt aber. Du brauchst dich nur im Spiegel anzuschauen.«
»Lieber nicht.«
»Ist das Fieber gesunken?«
»Etwas.«
»Aber noch zu hoch?«
»Ja, und ich bekomme hin und wieder auch noch
Weitere Kostenlose Bücher