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0924 - Der Herr der Nebelberge

0924 - Der Herr der Nebelberge

Titel: 0924 - Der Herr der Nebelberge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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dürfen wir dann nicht ans Ufer gehen?«
    Im ersten Augenblick wusste Hendreg darauf keine Antwort. »Weil wir reinfallen könnten«, sagte er schließlich, ohne sich selbst zu glauben. »Und im Nebel verlaufen.«
    »Nicht, weil uns so ein Wesen schnappen könnte?«
    »Nein.«
    »Ehrlich nicht?«
    »Ehrlich nicht.«
    Stanef atmete sichtlich erleichtert durch. »Warst du schon einmal am Ufer?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es verboten ist.«
    »Das ist das Weißbeerenpflücken auch und du hast es trotzdem getan.«
    Kleine Brüder konnten eine echte Plage sein!
    Hendreg schwieg. Was hätte er auch sagen sollen?
    »Versprichst du mir, dass es keine Monster im Nebel gibt, Henny?«
    Fing Stanef etwa noch einmal von vorne an? »Ich verspreche es dir, Winzling!«
    »Dann will ich ans Ufer!«
    Dem Älteren stockte der Atem. »Das geht nicht .«
    »Warum? Hast du Angst?«
    »Nein!« Hendreg zog den Arm von Stanefs Schulter. »Natürlich nicht. Große Brüder haben keine Angst. Aber es ist nun einmal…« Verboten? Was Stanef von dieser Argumentation hielt, hatte er bereits gezeigt. Zu gefährlich? Nein, gerade hatte er noch das Gegenteil behauptet. »… zu weit weg. Wir würden es nie schaffen, bis heute Abend wieder zu Hause zu sein.«
    Enttäuscht verzog der achtjährige Junge das Gesicht. »Wir müssen auch nicht bis ganz hin. Lass uns nur einfach ein bisschen in diese Richtung spazieren. Ja? Bitte? Bitte!«
    Hendreg seufzte. Hatte Stanef nicht behauptet, er sei nicht nervig? »Na schön, aber wirklich nur ein paar Schritte.«
    Sie standen auf und Stanefs Hand suchte die von Hendreg. Auch das noch! Hendreg sah sich einen verlegenen Augenblick lang um, ob sie auch wirklich alleine waren, dann nahm er seinen Bruder an der Hand und sie liefen los. Vorbei am Weißbeerteich, über die Wiese und den Abhang hinunter.
    Aus den paar Schritten wurden immer mehr. Jedes Mal, wenn Hendreg vorschlug, den Rückweg anzutreten, quengelte Stanef so lange, bis der Ältere nachgab. Sie marschierten eine halbe Stunde, eine ganze, anderthalb. Immer weiter bergab. Das Nebelmeer hatten sie längst aus dem Blick verloren, weil hohe Sandzapfenbäume ihnen die Sicht verstellten. Hendreg wunderte sich, wie ausdauernd der kleine Bruder sein konnte. Wenn sie ihrem Vater bei der Weißbeerenernte helfen mussten, nörgelte er immer als Erster. »Ich hab keine Lust mehr.« - »Das ist mir zu anstrengend.« - »Ich will wieder heim.« Bei dieser Wanderung jedoch kam kein Laut der Beschwerde über seine Lippen.
    Nach zwei Stunden näherten sie sich einem Waldrand. Hendregs Füße schmerzten in den Lederstiefeln. Er wollte gerade ein letztes Mal zur Umkehr drängen - und dieses Mal wollte er darauf bestehen! -, als Stanef auf die dichte, undurchdringliche Hecke zeigte, die sich parallel zur Baumlinie erstreckte und den Wald offenbar umgab.
    »Was ist das?«
    »Eine Hecke. Das siehst du doch, Winzling. Hier kommen wir nicht weiter. Los, kehren wir um!«
    »Nein, nicht die Hecke! Da drüben!«
    Stanef fuchtelte mit dem Finger und Hendreg konnte nur schwer der Richtung folgen, die er anzeigte. Doch dann entdeckte er es auch: Ein gutes Stück links von ihnen schien das Grün der Hecke dunkler zu sein. Oder gab es da einen Spalt? Einen Durchgang? Davor überkreuzten sich zwei schräg in den Boden gerammte Pfähle.
    Hendreg erkannte das Symbol bereits aus der Ferne, doch bevor er auch nur ein Wort sagen konnte, rannte Stanef los.
    »Das muss ich mir ansehen!«
    »Winzling, warte!« Mit großen Schritten hastete er ihm nach, aber der kleine Kerl war so flink, dass er ihn erst kurz vor den mannshohen, überkreuzten Pfählen einholte.
    Die Brüder blieben stehen. Sie erkannten die Hecke als so undurchdringlich, wie sie von Weitem gewirkt hatte. Nur an dieser einen Stelle unterbrach ein Spalt das dichte Geflecht aus Ästen, Blättern und Stacheln. Zwei Schritte vor dem Durchgang befanden sich die aufgerichteten Pfähle, oberschenkeldicke, dornenbewehrte Beißholzstämme, die ein grobes Seil an ihrem Kreuzungspunkt aneinander band. Auf der Rinde zeigten sich große, dunkelrote Symbole, gemalt mit dem Saft von Blutäpfeln, wie Hendreg wusste. Stilisierte aufgerissene Mäuler, die ihre Hauer bleckten, Totenschädel und ähnliche Bilder konnte der Junge entdecken. Sie stellten eine genauso eindringliche Aufforderung dar, den Durchgang nicht zu benutzen, wie die skelettierten Schneespringerschädel, die auf den Spitzen der Pfähle thronten.
    Aus großen Augen

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