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0924 - Der Herr der Nebelberge

0924 - Der Herr der Nebelberge

Titel: 0924 - Der Herr der Nebelberge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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hervor.
    »Siehst du?«, rief er. »Alles bestens! Es ist wirklich genial hier oben.«
    »Aber geh nicht bis nach vorne. Ist das klar, Winzling? Das ist zu gefährlich!«
    »Ich pass schon auf.«
    Stanef betrat den hinteren Teil der Treppe, den abgebrochenen Brückenbogen. Zunächst sah Hendreg nur den strubbeligen Blondschopf hinter dem Geländer auf- und abhüpfen, doch dann erreichte der Kleine eine Stelle, an der der Handlauf herausgebrochen war. Einerseits konnte der Fünfzehnjährige seinen Bruder nun zwar vollständig erkennen, andererseits fehlte jeglicher Schutz vor dem Abstürzen.
    »Genug jetzt«, versuchte er es noch einmal. »Komm runter, wir müssen nach Hause.«
    Der Achtjährige blieb genau vor der Lücke stehen und wandte sich seinem Bruder zu. Er strahlte von einem Ohr bis zum anderen. »Das ist so toll hier!« Er legte den Kopf in den Nacken, breitete die Arme aus und rief aus vollen Lungen: »Ich bin der Herr der W…«
    Abrupt brach der Satz ab. Hendregs Augen weiteten sich vor Entsetzen.
    »Winzling?«
    Er erhielt keine Antwort. Die Lücke im Geländer, wo der Kleine gerade noch gestanden hatte, klaffte ihm entgegen wie ein zahnloses Maul. Stanef war verschwunden. Von einem Augenblick auf den anderen.
    »Stanny!«
    Nichts! Vor sich sah Hendreg nur noch die gewaltige Treppe. Würdevoll - und leer!
    ***
    Die Stimmung im Kaminzimmer des Château Montagne war gedrückt. Selbst das knisternde Buchenholzfeuer wärmte lediglich das Innere des Raumes, nicht das der Menschen.
    Professor Zamorra saß auf dem Sofa, starrte in die Flammen und dachte an Nicole Duval.
    Wie mochte es seiner Lebens- und Kampfgefährtin gehen?
    War sie das überhaupt noch? Seine Lebens- und Kampfgefährtin?
    Nach einem grundlosen Streit in einem Café war sie vor sechs Wochen aus dem Château ausgezogen. Bis heute wusste der Parapsychologe nicht, warum! Klar, sie hatte von einer Auszeit gesprochen. Davon, dass sie von dem Dämonengesocks und Zamorras Sprüchen genug hatte. Aber das beantwortete nicht die entscheidende Frage: warum?
    Seither durchlebte er ein Wechselbad der Gefühle, ein grausames Potpourri unterschiedlichster Stimmungen. In der einen Minute am Boden zerstört und grüblerisch, packte ihn in der nächsten Minute eine Welle der Unternehmungslust. Dann ackerte er durch frühere Veröffentlichungen und Vorträge, ergänzte sie, sortierte, scannte und archivierte alte Bücher und wirbelte in jeder Hinsicht herum, als gäbe es kein Morgen - Hauptsache er war beschäftigt und hielt sein Herz fern vom Schmerz. Trotzdem suchte der ihn wieder und wieder heim. Manchmal brachte er seinen Kumpel Wut oder seine Freundin Verzweiflung mit. Manchmal kam er auch alleine. Doch immer traf er den Dämonenjäger mit der Wucht eines Tornados, fegte durch dessen Seele und hinterließ nichts als Verwüstung und Ödnis.
    An solchen Tagen wünschte er sich manchmal, es gäbe tatsächlich kein Morgen und verfluchte sich im nächsten Moment für sein Selbstmitleid.
    Seit er von der Quelle des Lebens getrunken hatte, würde es für ihn immer ein Morgen geben. Weder Alter noch Krankheit konnten das verhindern, nur ein gewaltsamer Tod.
    Als die Hüterin der Quelle damals von ihm verlangt hatte, wegen eines angeblichen Gesetzes seinen Konkurrenten um die Erlangung der Unsterblichkeit zu töten, hatte er sich nicht nur geweigert, sondern sogar noch die Unverfrorenheit besessen, auch für Nicole einen Schluck des Wassers einzufordern. Mit List und Argumentationskunst hatte er die Hüterin dazu gebracht, der Forderung nachzukommen. Dafür würde er, so hatte sie ihm jedoch prophezeit, irgendwann einen hohen Preis zahlen müssen. Den Rest seiner Unsterblichkeit mit Nicole verbringen zu können, war ihm das allemal wert gewesen.
    Nun hatte sie ihn verlassen und er hatte eine Unendlichkeit ohne die Liebe seines Lebens vor sich. War das der Preis, von dem die Hüterin gesprochen hatte? Er hatte viele Freunde durch die Mächte der Finsternis verloren und stets vermutet, dass darin der Preis bestand. Doch womöglich bestand er nicht in den Freunden, die ihm genommen worden waren, sondern in der Liebe, die aus freien Stücken gegangen war.
    Das Schicksal hatte sich im letzten Jahr von seiner grausamen Seite gezeigt: Merlin war gestorben; Fooly lag seit Monaten im Koma; Ted Ewigk war nach langer Zeit der Abwesenheit zurückgekehrt - mit dem Verstand eines Zweijährigen; sein Amulett hatte der Parapsychologe Asmodis geben müssen, weil der es vielleicht

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