0927 - Monster-Zoo
stehen.
Beide waren durchgeschwitzt. Und beide standen in der Stille. Es bewegte sich nichts vor ihnen auf der relativ freien Fläche, wo zwei Verkaufsbuden standen, deren Frontseiten durch Rollos verdeckt waren. Rechts von ihnen lag das große Freigehege, in dem sich die Löwen tummelten. Dahinter fühlten sich die Elefanten wohl, aber auch sie ließen nichts von sich hören.
Shao schaute zum Himmel. Keine Vögel lauerten auf einen Angriff, aber auch die Hexe war nicht zu sehen. Dann schraken beide zusammen, als sie ein dünnes, klagendes Heulen hörten.
Sie schauten sich an.
»Ein Schakal«, raunte Shao. »Das muß ein Schakal gewesen sein. Ich kenne die Laute.«
»Ja, das denke ich auch. Geh jetzt zum Wagen.«
»Gut!«
Suko glaubte noch nicht daran, daß sie entkommen waren. Jetzt, wo das erste Ziel fast sichtbar vor ihnen stand, hielt ihn doch eine gewisse Unruhe gepackt. Auch wenn sie den Rover erreicht hatten, befanden sie sich noch nicht in Sicherheit. Es mußte ihnen erst gelingen, das Gelände zu verlassen, was gar nicht einfach war, denn die Eingänge waren verschlossen.
Suko verstand sich darauf, Schlösser aufzubrechen, auch hier würde er es schaffen. Natürlich hatten sie das alles nicht gewußt. Wenn ja, hätten sie anders reagiert. Sie hatten sich vorgestellt, die Hexe noch im Zoo zu stellen.
Auch jetzt ging Shao vor, während ihr Suko folgte. Die Finsternis hatte vieles gleichgemacht. Der Zoo war zu einer gewaltigen Schatteninsel geworden, die aber mit verschiedenen Farbstufen besetzt war. Mal heller, mal dunkler. Man hatte die Bäume wachsen lassen, aber es gab auch freie Flächen, die eingezäunt waren. Dort hielten sich die Tiere auf, die das Gelände nicht verließen. Hasen, Hamster, Ziegen und Schafe. Tiere, die von Kindern geliebt wurden.
Der Wagen stand in der Dunkelheit. Shao erreichte ihn als erste. Sie löste die Zentralverriegelung - und schrak wieder zusammen, als sie den unheimlichen Ruf vernahm.
Wieder heulte der Schakal. Oder war es ein Wolf. Vielleicht auch mehrere.
Ihr kam der Gedanke in den Sinn, daß die Hexe die Tiere beherrschte. Sie würde ihnen auch die Freiheit geben können, und dieses Wissen gefiel ihr gar nicht.
Sie öffnete die Fondtür, damit Lady Sarah auf den Rücksitz gebettet werden konnte. Das Licht aus dem Wageninnern fiel auch nach draußen. Shao war deutlich zu erkennen.
Sie winkte Suko zu, der seine Schritte beschleunigt hatte. Etwas trieb ihn an, so rasch wie möglich den Rover zu erreichen. Zu sehen war nichts, aber er konnte sich gut vorstellen, daß die Hexe sie unter Kontrolle hielt.
Beide atmeten auf, als Suko das Fahrzeug erreicht hatte. »Endlich«, sagte Shao, »warte, ich helfe dir.«
»Aber sei vorsichtig.«
»Schon klar, keine Sorge.«
Sie konnten Sarah nicht einfach in den Fond hineindrücken, sie mußten behutsam mit ihr vorgehen, und das erforderte ihre Aufmerksamkeit. Für die Umgebung konnten sie keinen Blick haben, was derjenigen Person natürlich gefiel, die sie schon seit einiger Zeit beobachtete.
Es war die Hexe Beth Calvaro.
Und sie war nicht allein!
***
Beth hatte miterleben müssen, wie ihr die Felle wegschwammen. Sie hatte die Niederlage erlebt, aber sie hatte sie sich selbst nicht eingestehen wollen, und der Wunsch nach einer endgültigen Rache war um so stärker in ihr hochgeflammt.
Sie gab auch zu, daß diese alte Frau sie reingelegt hatte, denn mit diesem Trick hatte sie nicht gerechnet. Zwei Helfer, einer davon sehr gefährlich und mit einer Waffe ausgerüstet, mit deren Funktion sie nicht zurechtkam.
Reingelegt worden war sie. Man hatte sie fertiggemacht, aber sie war nicht ausgeschaltet worden.
Sie wußte jetzt, wie sie sich den dreien gegenüber zu verhalten hatte. Jedenfalls war für sie wichtig, daß die alte Frau starb - und die anderen am besten gleich mit.
Zwar war sie aus dem Gehege geflohen, aber diese Flucht war für sie zugleich ein Neuanfang gewesen, denn der nächste Plan bildete sich bereits in ihrem Kopf.
Nicht nur die Vögel gehorchten ihr, auch anderen Tieren konnte sie den Willen aufzwingen. Ob Löwen, Tiger, Panther oder auch Schakale, es spielte keine Rolle.
An die ersten beiden traute sie sich nicht heran. Es hätte zu viele Schwierigkeiten gegeben, sie aus den großen Freigehegen zu locken. Da kannte sie andere Möglichkeiten.
Sie wußte, daß die Gehege der Schakale und Wölfe gereinigt und renoviert wurden. Die Tiere waren für diese Zeit in Wagen untergebracht worden. Gitter
Weitere Kostenlose Bücher