0927 - Monster-Zoo
auf eine Karte, denn sie lief auf den fahrenden Wagen zu, dessen Geschwindigkeit Suko gesenkte hatte. Im Fernlicht war sie deutlich zu erkennen.
Ihre Haare wippten bei jedem Schritt. Sie hielt ihr Schwert in der rechten Hand. Der Luftzug weitete die Jacke, und die Vorderseite des Oberkörpers lag bloß.
Sogar das haßentstellte und verzerrte Gesicht war zu sehen. Die schimmernden Augen, in denen sich das Licht brach, und Beth Calvaro traf keine Anstalten, die Richtung ihres Laufs zu verändern.
»Die ist wahnsinnig!« keuchte Shao. »Die ist einfach verrückt. Die macht sich unglücklich. Der Rover ist stärker als ein Mensch. Sie kann bei einem Zusammenprall nicht gewinnen.« Die Chinesin hatte hektisch gesprochen. Sie hockte nach vorn gebeugt auf dem Beifahrersitz. Obwohl sie angeschnallt war, stemmte sie sich mit den Händen am Armaturenbrett ab. Auch Suko wußte nicht, was diese Person vorhatte. Wenn sie so weiterrannte, kam das schon einem Selbstmord gleich.
Sie schwang auch die linke Hand nach vorn, so konnte sie den Schwertgriff mit beiden Händen umfassen.
»Die will den Wagen zerstören!« rief Shao. »Paß auf, die hechtet durch die Scheibe und…«
»Das glaube ich auch. Gib jetzt acht!« Suko bremste noch im selben Augenblick.
Shao wurde von dem Gurt aufgefangen, tickte wieder zurück und rammte schon die Tür auf, denn Suko hatte an seiner Seite das gleiche getan.
Es kam auf jede Sekunde an, und beide erlebten die nächsten Augenblicke irgendwie verlangsamt.
Es mußte einfach an der Spannung liegen, unter der sie standen und auch litten, denn dabei waren ihre Sinne bis zum zerreißen gespannt.
Aus vollem Lauf sprang die Hexe nach vorn. Sie lag plötzlich waagrecht in der Luft, die Arme mit dem Schwert vorgestreckt, und dann ratschte die Klinge über die Motorhaube hinweg, wo sie eine lange Spur im Lack hinterließ, bevor sie gegen die Scheibe prallte und diese zerstörte.
Das Glas zerbrach. Bröseliger Splitterregen wehte durch das Auto, und einen Moment später jagte auch der Körper in den Innenraum hinein. Nun konnte die Hexe an Sarah Goldwyn herankommen, um sie zu vernichten.
Die Hexe wollte die verfluchte Jane Collins leiden sehen, auch wenn es durch den Tod einer anderen Person geschah.
Genau das hatten auch Shao und Suko festgestellt, denen es gelungen war, den Wagen zu verlassen, kurz bevor die Frontscheibe zerstört wurde. Sie sahen die Hexe in den Rover rutschen, das lange Schwert hatte sie vorgestreckt. Es fuhr am Lenkradring vorbei und stach hinein in die Rückenlehne des Fahrersitzes, um an der anderen Seite wieder zum Vorschein zu kommen.
War Sarah getroffen worden?
Shao riß die linke Hintertür auf. Sie schaute gar nicht hin und tat, was sie tun mußte. Sie zerrte die bewußtlose Frau ins Freie und schaute auch auf das Schwert, das aus der Lehne ragte, aber nicht blutverschmiert war.
Als Sarah Goldwyn wieder ins Freie fiel, wurde das Schwert zurückgezogen, und auch die Hexe krümmte sich zusammen, um ihren Platz auf der Motorhaube zu verlassen.
Eine Schlange hätte sich nicht schneller winden können, so elegant bewegte sie sich, um für ihre Aktionen mehr Platz zu haben. Sie wollte es allein erledigen. Das Schwert sollte die blutige Beute bekommen. Mit einem großen Ausfallschritt ging sie vom Rover weg, befand sich auf der Beifahrerseite, wo auch Sarah Goldwyn lag, aber von Shaos Körper gedeckt wurde.
Die Chinesin schaute hoch. Sie sah das durch Glas verletzte und leicht blutenden Gesicht der Hexe wie eine Maske des Bösen, sie sah aber auch das Schwert, das den Tod bringen sollte.
Shao schnellte hoch.
Sie würde angreifen, auch wenn sie waffenlos war.
Das brauchte sie nicht mehr.
Wieder erschien auf dem Dach des Wagens eine Gestalt. Und wieder war es Suko, der schräg und im Rücken der Hexe auf die Mörderin zuhechtete…
***
Suko verfehlte sie nicht. Er hatte seinen Sprung genau bemessen, traf die Frau im Rücken, riß sie einfach zur Seite und umklammerte mit dem linken Arm ihren Hals, während die andere Hand nach dem Gelenk der Frau suchte. Er wollte es drehen, sogar brechen, damit sie das Schwert losließ.
Beide konnten den Aufprall nicht ausgleichen und landeten auf dem Boden. Suko hatte es besser, denn er kam auf dem Rücken der Hexe zu liegen. Er drückte sie in den Staub, als wollte er die Gestalt tief in die Erde rammen.
Noch immer würgte er sie. Er hörte sie keuchen und knurren. Sie versuchte auch, ihr rechtes Handgelenk zu befreien, aber das
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