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093 - Der Geist im Totenbrunnen

093 - Der Geist im Totenbrunnen

Titel: 093 - Der Geist im Totenbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cedric Balmore
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körperliche Eigenheiten, die den Blicken anderer verborgen blieben, ein winziges Muttermal an einer nur ihm bekannten Stelle … Je länger er darüber nachdachte, desto stärker wurde in ihm die Gewißheit, daß es leicht sein würde, Daphne zu überzeugen.
    Ein Risiko war, daß sich Daphnes Reaktion nicht einkalkulieren ließ. Vielleicht drehte sie durch, weil sie mit der neuen, unerklärlichen Situation nicht fertig wurde.
    Ein Toter kehrte zurück…
    „Da wären wir, Sir“, sagte Bradford und bremste. Er nannte den Betrag, den der Fahrgast ihm schuldete, und Leroy Chester fiel siedend heiß ein, daß er kein Geld hatte. Sein Anzug enthielt nur ein Feuerzeug und den Paß…
    Aber hatte er nicht auch dem Museumsdiener das Ticket bezahlt und ein Trinkgeld gegeben, ganz in Gedanken? Leroy Chester griff in seine Jackentasche und zog erleichtert eine Pfundnote daraus hervor. „Stimmt so“, sagte er und stieg aus.
    „Soll ich auf Sie warten, Sir?“
    „Nicht nötig, danke. Ich gehe zu Fuß zurück, das wird mir guttun“, meinte Leroy.
    Er sah zwei Wagen vor dem Haus stehen, seinen schwarzen Humber und Harry O’Neills Sportflitzer. Leroy ging um das Gebäude herum, wie es seine Gewohnheit war. Er pflegte Marhill Place fast immer über die Terrasse zu betreten.
    Leroy blieb am hinteren Hausende stehen, musterte den großen, schönen Garten und fragte sich mit einem wehen Ziehen in seinem Herzen, warum dieser prächtige, alte Park nicht mehr ihm gehörte und welche fremde, unheimliche Macht ihn dazu zwang, hier als Besucher zu erscheinen… und warum.
    Er stieß die Luft aus und zögerte ein wenig, ehe er die große, überdachte Terrasse betrat. Schließlich war er nicht mehr der Herr von Marhill Place. Er mußte daran denken und danach handeln, sonst konnte es leicht Ärger geben. Ärger mit Daphne, Ärger auch mit Harry.
    Es war schon verrückt und quälend zugleich, im eigenen Haus auf seine Gewohnheiten und Rechte verzichten zu müssen.
    Er hörte Geräusche.
    Seltsame Laute, Keuchen und Atmen…
    Sein Herz schlug plötzlich hoch oben im Hals. Es war eigentlich nicht schwer, die Geräusche zu deuten, aber er konnte nicht glauben, was er da hörte. Er wollte und mußte mit eigenen Augen sehen, was sich in dem großen, zum Garten liegenden Wohnzimmer tat.
    Er erreichte die Schwelle, blickte ins Innere des Raumes und hatte plötzlich das Gefühl, ein zweites Mal zu sterben.
    Daphne und Harry lagen auf der Couch, leidenschaftlich ineinander verschlungen, ein helles Bündel zuckender Leiber, das selbstvergessen die wilden Freuden körperlicher Liebe genoß.
    Das ist nicht wahr, dachte Leroy.
    Von allen absurden Lügen, die die Gegenwart dir vorspiegelt, ist dies die schrecklichste!
    Daphne liebt mich doch!
    Sie ist keine Frau, die ihren Mann begräbt und eine halbe Stunde später mit seinem Freund schläft…
    Er wandte sich ab. Wie betäubt torkelte er in den Garten und warf sich ins Gras. Aber irgendwie war er unfähig, auch nur eine einzige Träne zu vergießen.
    Langsam verebbte der Schock. An seine Stelle trat der Haß und das Empfinden, sich rächen zu müssen.
    Leroy Chester setzte sich auf und schloß die Augen. Er wußte jetzt, er war getötet worden. Von Daphne und Harry. Sie hatten ihn aus dem Weg geräumt, um sich hemmungslos lieben zu können. Wahrscheinlich war es auch ihre Absicht gewesen, sich in den Besitz seines nicht unbeträchtlichen Vermögens zu setzen…
    Wie hatte er nur so blind sein können, das nicht zu begreifen? Harrys häufige Besuche, die Interessen, die er mit Daphne teilte, ihre Einsamkeit und häufige Langeweile, die den Nährboden für das mörderische Komplott gebildet haben dürften…
    Leroy schluckte.
    Er war also wirklich tot. Seine Seele lebte noch, aber sein Körper hatte aufgehört, zu existieren.
    Wenn schon! Die geheimen Kräfte und Mächte, die Marhill Place beherbergte, hatten einen Weg gefunden, das scheußliche Verbrechen aufzudecken.
    Sie hatten ihn als Wilson Carrington auferstehen lassen und boten ihm ganz offenkundig die Möglichkeit, dieses grausame, scheußliche Verbrechen, diesen entsetzlichen, verwerflichen Treuebruch zu rächen.
    Leroy war in der Gestalt eines anderen wiedergekommen, hatte die Hintergründe seines Todes erfaßt und war entschlossen, die Konsequenzen daraus zu ziehen.
     

     
    Chester stand auf, ging um das Haus herum und klingelte an dem Frontportal. Er mußte lange warten, ehe hinter der Tür Schritte ertönten. Daphne öffnete ihm. Sie

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