093 - Wenn die Knochenmänner tanzen
Zigeunerin trat
heraus. Die Miene des Mannes verklärte sich.
Larry achtete
zunächst nicht auf die Szene, aber dann hörte er zeterndes Geschrei.
Er wandte den
Kopf und sah, daß sich die Zigeunerin der Annäherungsversuche erwehrte.
»Anko! Anko!«
schrie sie, und trommelte wie verrückt auf dem Mann ein, der sie angefaßt
hatte. Ein weiterer Mann stürzte aus der Höhle, offensichtlich der zu Hilfe
gerufene Anko. Er war breit wie ein Kleiderschrank und groß wie ein Bär.
»Laß meine
Frau los!« Mehr sagte Anko nicht. Mit seiner großflächigen Hand schlug er dem
fremden, abgerissen aussehenden Mann mitten ins Gesicht. Der Getroffene
taumelte, verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
»Und nun
verschwinde von hier und laß gefälligst meine Frau in Ruhe!« brüllte Anko mit
gewaltiger Stimme.
Der
geschlagene Mann hockte auf dem Boden, Larry lief zu ihm. Ehe er ihn erreichte,
stand der Fremde wieder auf und schien aus der Lektion, die ihm erteilt worden
war, keine Lehre zu ziehen. Er taumelte schnaufend auf das vor der Höhle
stehende Paar zu. Anko nahm sofort Abwehrstellung ein.
»Aber sie muß
hier sein«, sagte der Geschlagene benommen und fuhr sich übers Gesicht.
»Warum laßt
Ihr sie nicht heraus?« Dem Akzent nach war er Deutscher.
»Hier ist
niemand!« bekam er von dem wütenden Anko zu hören.
Der
verwahrlost aussehende junge Mann streckte seine Hand aus, und Anko mußte
annehmen, er wolle erneut nach seiner Frau greifen. Ehe er jedoch voll aktiv
werden konnte, tauchte Larry Brent auf.
Er hielt
Ankos Hand fest. »Sie mögen recht haben, mit dem, was Sie denken, aber es ist
sicher falsch, diesen Mann zu züchtigen. Sehen Sie denn nicht, daß er völlig
verwirrt ist?«
Mit einem
einzigen Blick erkannte Larry die Not des Mannes, der hier offensichtlich etwas
suchte, was es überhaupt nicht gab. Etwas stimmte mit dem Fremden nicht, der
überrascht aufblickte.
»Er läuft den
ganzen Morgen schon hier rum«, machte sich Anko Luft. »Er sucht jemand.
Aber den gibt
es hier nicht.«
»Ich habe
hier übernachtet… ich weiß es genau… hier im Hotel.« Der Fremde blickte von einem
zum anderen, redete konfuses Zeug.
»Hier gibt es
kein Hotel«, sagte Larry.
»Aber
Roswitha, meine Frau…« Er wollte noch etwas sagen, erinnerte sich aber
offensichtlich nicht daran.
»Wo ist Ihre
Frau?« erkundigte sich X-RAY-3.
»Ich weiß
nicht… meine Frau ist tot! Sie haben sie ermordet…erstochen.«
»Wer?«
Das
Zigeunerpaar starrte sich an.
»Aber er
hatte keine Frau, er ist die ganze Zeit über schon allein hier«, stieß die Frau
hervor.
Sie bezog die
Anschuldigung auf sich.
»Er ist
wahnsinnig!« ergänzte Anko.
Der Deutsche
schüttelte den Kopf. »Ich finde sie nicht… ich weiß nicht, wo ich sie
zurückgelassen habe.« Er blickte Larry Brent flehentlich an. »Können Sie mir
nicht helfen? Suchen helfen… das Hotel… die Maskierten – viel Blut…« Er
schüttelte sich und griff an seine Schläfen, als fiele es ihm entsetzlich
schwer, seine Gedanken zu ordnen.
Genau diesen
Eindruck hatte auch Larry Brent. »Wer sind Sie?« fragte er. Der Mann hatte
offensichtlich sein Gedächtnis verloren. Er sah aus, als irre er schon seit
Tagen ziellos umher und wisse nicht, wohin er gehöre.
»Ich weiß
nicht«, erhielt der PSA-Agent zur Antwort.
»Woher kommen
Sie?«
»Ich… aus…«
Er kniff die Augen zusammen, und steile Falten bildeten sich auf seiner Stirn.
»Frankfurt?«
Er lauschte dem Wort nach.
»Sie sind
Deutscher?«
»Ja.«
»Sind Sie
schon lange hier?«
»Weiß nicht.«
X-RAY-3
wandte sich mit seiner Frage an das Zigeunerehepaar. »Wann haben Sie ihn zum
ersten Mal gesehen?« Ehe er sich versah fing er an, sich für etwas zu interessieren,
was ihn eigentlich nichts anging. Aber hier brauchte jemand Hilfe, die er von
den Bewohnern dieses Ortes nicht bekommen konnte.
»Gestern
abend. Da ist er durch das Dorf gelaufen«, erklärte Anko. »Er ist uns allen
aufgefallen. Wir hielten ihn für einen Touristen, der sich die Höhlen ansehen
wollte. Heute morgen tauchte er wieder auf. Er war schon einmal hier an der
Höhle, da habe ich ihn bereits rausgeworfen. Er sprach meine Frau an, sie
sollte mit ihm gehen.«
»Wie sprach
er sie an? Hat er einen Namen genannt?«
»Ja, den
gleichen wie eben. Ros…«
»Roswitha!«
»Ja, richtig.
Er sprach Tamia so an.« Damit deutete er auf seine Frau. »Er muß sie
verwechselt haben. Vielleicht sieht sie seiner Frau
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