093 - Wenn die Knochenmänner tanzen
in den düsteren Hinterhof auf flache Dächer
und hölzerne Schuppen.
Einige
Mülltonnen waren so voll, daß der Unrat unter den Deckeln hervorquoll.
Er warf seine
Kippe in den Hof und legte sich ins Bett.
Nachdem er
das Licht ausgeschaltet hatte, starrte zur Decke und wurde schläfrig.
Plötzlich
hörte er ein Geräusch. Die Tür klappte leise ins Schloß.
»Conchita?«
fragte er schlaftrunken und richtete sich im Bett auf.
Ein Schatten
huschte leichtfüßig auf ihn zu, rassiges Parfüm, das ihm bekannt war, stieg ihm
in die Nase.
»Ja«,
wisperte ihre leise Stimme. »Ich bin es. Es ist etwas später geworden,
entschuldige.«
Sie stand
neben ihm, von einem flauschigen Mantel eingehüllt, um den sie lose einen
Gürtel geschlagen hatte.
Zärtlich
streckte Harry seine Hand nach ihr aus und strich über ihren Oberarm. »Egal,
wie spät es auch ist, die Hauptsache ist, du bist noch gekommen.« Seine Hände
umfaßten ihr Gesicht und streichelten es. Seine Lippen glitten halb geöffnet
über ihre Stirn, ihre Augen und suchten ihren Mund, der sich bereitwillig
öffnete.
Aber Conchita
war nicht ganz bei der Sache. Er merkte das sofort.
Ȁrger
gehabt? Mit dem Chef?« fragte er.
»Nein.« Sie
zuckte die Achseln und ließ sich auf dem Bettrand nieder. Er nahm sie in die
Arme, fuhr mit seiner linken Hand unter den Kragen des flauschigen
Morgenmantels und spürte die warme, seidige Haut, die feste Wölbung ihrer
Brust.
»Paco war da«,
preßte sie hervor. »Vielleicht ist er es noch immer, ich weiß es nicht. Ich
habe zu ihm gesagt, daß ich auf mein Zimmer gehe, weil ich müde sei.«
»Wer ist
Paco?« fragte Winter verwundert. Er hörte den Namen zum ersten Mal.
Sie
unterhielten sich englisch. Hin und wieder flickte er in einen Satz einen
spanischen Begriff ein, der ihm geläufig war. Conchita konnte sich in dieser
Sprache ausdrücken wie in ihrer eigenen. Die hübsche Spanierin hatte jahrelang
in einem Hotel in der South Hampton Row in London gearbeitet und dort ihre
Sprachkenntnisse vervollkommnet. Nach ihrer Rückkehr hatte sie sich in einem
Hotel anstellen lassen, wo besonders viele Engländer verkehrten. Sie mochte das
Benehmen und die Art der englischen Touristen mehr als die anderer Europäer.
»Ich kenne
ihn noch aus Granada«, entgegnete sie auf seine Frage. »Paco Guterrez. Er hat
es auf mich abgesehen.«
»Bist du mit
ihm befreundet?«
»Befreundet?«
Sie stieß es hervor, als ekele sie sich vor etwas.
»Paco ist ein
widerlicher Mensch! Er sieht mich immer so komisch an. Unheimliche Augen hat
er. Sobald er sich hier sehen läßt, fühle ich mich ständig beobachtet, egal wo
ich bin. Manchmal taucht er wochenlang nicht in Algeciras auf, manchmal
monatelang nicht. Dann steht er plötzlich wieder vor mir. Er hat mir
prophezeit, daß ich seine Frau würde, aber ich habe immer wieder gesagt, daß er
das nie erwarten könne. Doch er meint es ernst. Auch heute abend hat er mir zu
verstehen gegeben: entweder ihn oder keinen! Ein anderer bekäme mich nicht.«
»Verrückt«,
murmelte Harry Winter. »Hast du denn je etwas mit ihm gehabt?«
»Nichts
Ernstes. Am Anfang, als er mir überall hin nachstieg, habe ich das für einen
Spaß gehalten und ihn zappeln lassen. Mal ein Kuß, nicht viel mehr. Dann bin
ich vor gut einem Jahr aus Granada weggezogen und dachte: Jetzt bist du den
Kerl los. Und nun sitzt er wieder unten.«
»Hast du ihm
zwischendurch geschrieben, so daß er wußte, wo du dich aufhältst?« fragte
Winter und streichelte weiterhin mechanisch ihre Brust.
»Nein, eben
nicht! Das ist ja das Komische. Er hat mich hier aufgestöbert, einfach so, wie
er sagte. Vor fünf Monaten tauchte er zum ersten Mal auf, verschwand wieder für
zwei Monate, kam wieder… Und seit heute mittag ist er in der Bar. Er trinkt,
raucht und hat mich vorhin eine ganze Stunde an der Bar festgehalten, als alle
Gäste gegangen waren. Er sagt, daß er mich heimholen wolle.«
Harry Winter
schüttelte den Kopf. Das mochte begreifen wer wollte, er kam da nicht mehr mit.
Der Mann war entweder vernarrt in Conchita oder er war nicht normal oder
beides.
»Ach, vergiß
es, ärgere dich nicht mehr«, sagte er und wollte dieses Thema beenden. Er küßte
sie. Conchita beugte sich zurück, und Harry fing an, den Gürtel ihres
Morgenmantels zu lösen. Weich fiel der Mantel zu beiden Seiten ihres Körpers
herab. Die Spanierin war nackt, und Harrys Hände glitten an ihrem Leib empor.
Mit einemmal
wurde die Tür aufgerissen, Licht
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