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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Toter?
    Ich drehte meinen Kopf nach links. Alexa Tardi hatte mich beobachtet und fragte leise: »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Natürlich. Wollten Sie mir diesen Toten zeigen?«
    »Toten?« murmelte sie.
    »Ich denke nicht, daß er noch lebt.«
    »Springen Sie in die Tiefe, dort werden Sie ihn sehen. Sie haben ja Licht. Es kann ihnen eine erste Auskunft geben. Ich werde hier oben auf Sie warten.«
    Es war zwar leicht, den Boden mit einem Sprung zu erreichen, aber ich mußte trotzdem achtgeben, weil ich auf keinen Fall die dort unten liegende Gestalt verletzen wollte.
    Ein kurzes Zielen, dann stieß ich mich ab und drehte mich etwas nach rechts, als ich in das Loch hineinsprang und mit beiden Beinen auf dem feuchten Boden landete.
    Über mir hielt Alexa ihr Versprechen. Sie stand am Rand der Luke und hielt die Hand mit der Kerze gesenkt, was nicht viel Licht brachte. Durch meine Lampe hatte ich es da besser.
    Ich stand neben den Füßen und sah, daß die Gestalt auf dem Rücken lag. Schon beim ersten Ableuchten stellte ich fest, daß sie nackt war. Sie trug tatsächlich keinen Fetzen am Körper, und ich erkannte auch, daß es sich bei ihr um einen Mann handelte.
    Ich konzentrierte mich auf die Haut. Sie war normal, also nicht schuppig, holzig oder harzig, wie ich es von irgendwelchen Dämonengestalten her kannte, aber sie war trotzdem anders. Sie hatte einen dunkleren Ton, wie ihn kein Mensch aufzuweisen hatte. Auch kein farbiger, denn diese Haut hier zeigte einen Graustich, als wäre jemand mit einem Pinsel darüber hinweggegangen.
    Das Licht wanderte allmählich nach oben und gab immer mehr Einzelheiten preis.
    Mir kam es vor, als wäre an dieser Haut geschnitzt worden. Ich entdeckte die nie mehr als fingerlangen Risse, die sich überall verteilten.
    Das begann an den Oberschenkeln und zog sich über die Hüften, den Leib und die Brust hinweg fort, bis sie das Gesicht erreichten, wo sie ein regelrechtes Muster bildeten.
    Ich blieb nicht an den Füßen stehen, sondern bewegte mich weiter auf den Kopf zu.
    Wunden, wohin ich auch schaute. Nicht aufgeklafft, sondern wieder zusammengelappt, aber nicht zusammengewachsen, wie es bei Marcia der Fall war, wenn sie mit ihren Händen und dem Engelsblut heilte.
    Allmählich formte sich in meinem Kopf ein Bild, und ich wußte jetzt mit fast hundertprozentiger Sicherheit, wie Marcia zu dem Blut gekommen war. Sie mußte es diesem Körper entnommen haben. Mit einem scharfen Gegenstand hatte sie ihn an verschiedenen Stellen eingeschnitten und das Blut so lange aus den Wunden laufen lassen, bis sich keines mehr im Körper befand.
    Neben dem Gesicht blieb ich stehen und beugte mich nach unten, um besser sehen zu können.
    Es war ein menschliches Gesicht, das stand außer Frage. Aber es war auch irgendwie anders. Das Gesicht hatte einen Mund, eine Nase, zudem zwei Augen, doch es sah aus, als wäre es aus Stein, und daran erinnerte mich seltsamerweise auch der übrige Körper, den ich bisher noch nicht berührt hatte.
    Das allerdings änderte ich, streckte ihm den Arm entgegen und spreizte die Hand.
    Mit vier Fingern fuhr ich über das Gesicht, um die Haut zu erkunden.
    Keine Haut mehr. Das Gebilde war hart geworden, auch irgendwie knorrig. Dabei noch nicht mal zu kalt; die sogenannte Haut hatte eine nahezu angenehme Temperatur.
    Leben spürte ich nicht. Da zuckte nichts, da konnte ich keine Haut zusammendrücken und auch die Ränder der Wunden waren so starr wie alte Pappe.
    Ich richtete mich wieder auf und drehte den Kopf, wobei ich ihn leicht anhob.
    Am Rand der Luke wartete Signora Tardi. Sie hatte sich hingehockt, hielt die Kerze noch immer. Da sie in ihrer Hand zitterte, bewegte sich auch die Flamme und strahlte nicht nur nach oben gegen die Decke, wo sie einen Kreis malte, sondern fiel auch als Schattengebilde auf die Leiche und mich.
    »Sie werden jetzt Fragen haben, Signore Sinclair?«
    »Eine Menge sogar.«
    Im Hocken hob die Frau ihre Schultern. »Ich kann Ihnen nicht alles beantworten.«
    Ich wußte, wer er war, aber ich fragte Alexa trotzdem. »Wer ist diese Person?«
    Mit dem Mund gab sie mir keine Antwort, eher mit den Augen, die sich weiteten. »Haben wir über ihn nicht gesprochen?«
    »Sie meinen über den Engel?«
    »Sicher.«
    »Sieht so ein Engel aus?«
    Die Tardi lachte nach meiner Frage. »Haben wir das nicht schon besprochen, Signore Sinclair?«
    »Gewissermaßen schon«, gab ich zu. »Aber wir waren uns im Ergebnis uneinig, denke ich.«
    Alexa nickte so heftig,

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