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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schluckte. »Himmel, das kann doch nicht wahr sein!«
    »Ich sah es mit meinen eigenen Augen.«
    Sie schaute mich leblos an. Ihre Augen waren dabei wie Steine. »Und ich habe davon nichts mitbekommen.«
    »So sieht es aus.«
    »Ich habe geschlafen.«
    »Weiß ich nicht. Jedenfalls war dein Bett leer. Irgendwie mußt du aber in den Spiegel hineingekommen sein, Marcia, das steht für mich fest, und mir geht in diesem Fall auch nicht so um deine Person, sondern mehr um den Spiegel.«
    »Weshalb denn um ihn?«
    »Weil er allein wichtig ist. Er kann nicht normal sein. Jetzt ist er es, aber ich habe ihn anders erlebt, und ich möchte von dir mehr über ihn wissen. Was ist mit ihm los?«
    »Ich habe ihn bekommen«, sagte sie tonlos.
    »Ja, von deinen Eltern, die verunglückt sind.«
    Plötzlich kam das Leben wieder zurück, »pas - das weißt du?«
    »Ja, ich hörte es.«
    »Von wem?«
    »Eine gewisse Alexa Tardi erzählte es mir.«
    Wieder geriet sie in Erstaunen. »Du kennst die Tardi?«
    »Ich lernte sie in dieser Nacht kennen. Ich habe auch die anderen Frauen aus dem Ort gesehen, denn sie oder ihre Stimmen rissen mich aus dem Schlaf.«
    »Was wollten sie denn?«
    »Von mir nichts, Marcia. Sie redeten über dich. Sie haben sich regelrecht zusammengerottet und waren darüber nicht begeistert, daß du in deinen Heimatort zurückgekehrt bist. Sie riefen immer nur einen Satz. Sie ist wieder da! Sie ist wieder da! Es klang nicht nach einem Willkommensgruß, Marcia, das muß ich gestehen. Ich habe zudem den Eindruck gewonnen, daß du hier nicht sehr willkommen bist.«
    Sie schürzte die Lippen. »Das weiß ich selbst.«
    »Warum bist du es nicht?«
    »Ich bin eben anders.«
    »Liegt es an dem Engel? Liegt es daran, wie du aufgewachsen bist? Oder hat es mit dem Tod deiner Eltern zu tun? Die sind ja verunglückt.«
    »Ja, das sind sie, John. Sie sind wirklich verunglückt; man hat sie nicht beschützen können.« Ihre Stimme klang verändert, jetzt, wo sie sich erinnerte. Da stieg die Vergangenheit wieder in ihr hoch, und plötzlich brannte ihr Blick. »Sie sind gestorben, obwohl sie es nicht wollten und großes Vertrauen hatten. Doch ihr Vertrauen wurde mißbraucht.« Sie hob einen Arm und schlug wuchtig mit der Handfläche auf die Decke.
    »Durch wen wurde es mißbraucht?«
    »Sie haben ihm vertraut.«
    »Bitte, Marcia!« drängte ich. »Ihrem Schutzengel haben sie vertraut«, flüsterte sie. »Sie haben ihm immer vertraut. Sie beteten ihn an. Ich weiß es, ich war zwar Kind, aber ich habe es nicht vergessen. Sie waren so von ihm überzeugt, daß er sie immer beschützen würde, was er nicht getan hat. Hätte er sie beschützt, wäre der Unfall nicht passiert.«
    »So siehst du es.«
    »Und das ist die Wahrheit, John.«
    »Ich akzeptiere sie. Deine Eltern sind tot, aber du lebst, und wie ich dich einschätze, hast du bis heute ihren Tod noch nicht richtig überwunden.«
    »Das stimmt nur zum Teil. Mit ihrem Ableben habe ich mich abgefunden, aber nicht damit, wie es geschah. Daß sie von ihrem Schutzengel schmählich im Stich gelassen wurden. Daß er nicht seine Schwingen über sie ausgebreitet hatte. Das ist es, was ich nicht akzeptieren kann, daran leide ich, das gebe ich zu.«
    »Du hast dich von den anderen Menschen hier abgekapselt, wie ich hörte.«
    »Nicht ohne Grund. Ich wollte herausfinden, weshalb der Schutzengel versagt hatte.« Sie schaute jetzt zu den Fenstern, als würde sich dort die Lösung abzeichnen. »Ich war noch jung, als sie starben. Wohl hatte ich viel über den Schutzengel erfahren, aber sie haben mich nicht in die Tiefen des Geheimnisses eingeweiht. Sie wollten es später tun, aber ihre Zeit war leider vorbei.«
    »Nun, wie ich dich kenne, hast du trotzdem einen Weg gefunden und hast den Engel kontaktiert.«
    »Kann man so sagen.«
    »Du hast dich gerächt?«
    Sie hob die Schultern.
    »Und der Engel liegt blutleer in einem gruftähnlichen Verlies unter der Kirche.«
    Marcia erschrak. »Das weißt du auch schon?«
    »Nicht nur das. Ich habe ihn gesehen. Man führte mich hin, und da habe ich ihn mir genau anschauen können. Die Gestalt lag auf dem Rücken. Ihr Körper zeigte zahlreiche Schnittwunden, die du ihm wahrscheinlich zugefügt hast. Du hast ihm das Blut genommen und es für deine Zwecke gebraucht. Du bist durch das Blut des Engels zu einer Heilerin geworden. Man kann sagen, daß der Engel trotz allem noch seine Pflicht getan hat. Mir hat er indirekt das Leben gerettet, denn die Messerwunde des

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