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0931 - Shinigami

0931 - Shinigami

Titel: 0931 - Shinigami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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anbot.
    Nicole lächelte unwillkürlich, während sie die Treppen zum 4. Stock hochstieg. Auf allen Treppenabsätzen fand sich Staub in den Ecken, die Wände waren mit Graffiti übersät und das billige Linoleum, das über die aus Holz gezimmerten Stufen gelegt war, hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Die einzelnen Wohnungstüren waren mit selbst gemalten Pappschildchen versehen, und als Nicole die vierte Etage erreichte, stand dort die Wohnungstür nur angelehnt. Dennoch klopfte sie laut dagegen.
    Wenn mich überhaupt einer hört , dachte sie, denn immerhin war diese Wohnung die Quelle der lauten Musik. Aber sie hatte Glück, Schritte näherten sich und eine Gestalt riss die Tür mit den Worten auf: »Aber komm doch rein, Mensch, was glaubst du, warum wir die Tür aufgelassen haben!«
    Nicole war froh, dass sie diesmal nur eine einfache Lederjacke und Jeans trug, wenigstens machte sie sich hier nicht unmöglich. Sie schob die Brille in die Haare und betrat vorsichtig den Flur. Der Typ vor ihr trug zerrissene Jeans, er sah verschlafen - oder bekifft! - aus und musterte sie neugierig. Nicole räusperte sich. »Ich suche Yasmina Azari.«
    Der Kerl lächelte auf eine charmante Weise und zeigte ein hinreißendes Grübchen in der Wange. »Yasmina! Dein Typ wird verlangt.«
    »Jaja!«, tönte es aus einem Raum ganz in der Nähe. Es duftete nach frischem Kaffee, wahrscheinlich die Küche. »Ich komm ja schon.«
    Nicole hatte sich bisher nicht gewundert. Diese künstlerische Atmosphäre hier passte irgendwie zu Medien und Wahrsagern, doch die Person, die jetzt hinzukam, erstaunte die Dämonenjägerin dann doch. Eine zierliche, scheinbar sehr temperamentvolle junge Frau, offenbar Orientalin, die schulterlangen Haare in Hunderte kleine Rastazöpfchen geflochten, die alle mit einer gelben Perle geschlossen waren, tauchte in einem T-Shirt, auf dem ein Totenkopf zu sehen war, und ausgebeulten Jogginghosen vor ihr auf und streckte ihr einen Becher mit Kaffee hin. »Morgen«, sagte sie gelassen und nippte an einem eigenen Becher. »Du wolltest mit mir sprechen?«
    Nicole nahm sich zusammen. Wenn das alles keine Scharlatanerie ist, dann habe ich in meinem Leben noch keine gesehen , dachte sie beinahe schon amüsiert. Unwillkürlich schoss ihr durch den Kopf, wie laut Zamorra wohl gelacht hätte, wenn er bei ihr hätte sein können. Der Gedanke versetzte ihr einen Stich und so verdrängte sie ihn schnell.
    »Ja, wollte ich«, sagte sie. »Ich bin Julie Deneuve. Ich bin wegen des Ehepaars Blazon hier.«
    Die Miene von Yasmina Azari veränderte sich nicht. »Was hast du mit denen angestellt, Süße?«, fragte der Kerl neben ihr jetzt amüsiert. Nicole wandte sich zu ihm.
    »Ich glaube, ich würde das mit Yasmina lieber allein besprechen.«
    Bevor der Kerl protestieren konnte, nickte Yasmina. »Gaston, ist schon in Ordnung. Zisch ab.« Damit schob die junge Frau den verdutzten Kerl aus der Küche und schloss die Tür hinter ihm. Sie bat Nicole mit einer Geste, Platz zu nehmen und ließ sich dann selbst in einen der nicht zueinander passenden Stühle fallen.
    »Es wundert mich nicht, dass Sie mich deshalb aufsuchen. Sind Sie von der Bullerei?«
    Nicole stutzte. »Nein. - Aber fangen wir von vorn an. Ich arbeite für eine Organisation, die… Hinterbliebene unterstützt«, formulierte sie vorsichtig. »Paulette Blazon setzte uns über seltsame Umstände beim Tod ihres Mannes Claude in Kenntnis und sie benannte Sie, Madame Azari, als Zeugin.«
    Yasmina trank einen Schluck, wie um Zeit zu gewinnen, und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Das Gespräch ist ihr unangenehm , dachte Nicole und war sich sicherer als je zuvor, dass es sich bei Yasmina um eine Betrügerin und bei Paulette Blazon - bei allem Mitleid, das die gute Frau für den kürzlich erlittenen Verlust verdient hatte - um eine Abzockerin handelte. Aber dennoch würde sie die Arbeit hier zu Ende machen. Hinterher warf Louis Landru ihr noch vor, sie habe schlampig gearbeitet. So weit kommt's noch.
    »Bitte erzählen Sie mir doch einmal die Geschehnisse des Abends aus Ihrer Sicht«, bat Nicole. »Seien Sie ruhig ehrlich. Ich bin nicht hier, um über sie zu urteilen, sondern um zu erfahren, was an diesem Abend wirklich geschah.«
    Yasmina zündete sich eine Zigarette an und rauchte nervös. »Sie wollen eine ehrliche Antwort? Na gut, ich spiele in Fällen wie denen der Blazons das Medium. Ich mache aber keine Geschäfte mit Hoffnung! Ich gebe auch nicht vor, Dämonen auf

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