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0931 - Shinigami

0931 - Shinigami

Titel: 0931 - Shinigami Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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ins Jenseits führen sollte. Er war nicht für den Tod verantwortlich und es war eigentlich auch nicht seine Aufgabe, ihn zu verhindern.
    Ein japanischer Kami. Was schon seltsam genug ist, denn eigentlich hätten diese Zeichen den Erzengel Uriel rufen müssen , dachte Nicole. Der sollte eigentlich die Toten ins Jenseits führen. Warum nun ausgerechnet in Paris ein japanischer Kami auftaucht, ist wirklich die 100.000-Dollar-Frage. Gähnend stand Nicole auf, wickelte sich erneut in ihren blauen Kimono und tappte in die kleine Küche.
    Während sie darauf wartete, dass das Teewasser kochte, sah Nicole gedankenverloren auf den Sekundenzeiger der Küchenuhr. Es war zehn nach drei, und seit sie vor über neun Stunden aus der Wohnung von Prosper Leloux gekommen war, hatte sie noch nichts weiter über ihren seltsamen Schwächeanfall herausgefunden. Nur, dass sie Kopfschmerzen hatte, als habe sie einen Kater. Und außerdem kämpfte sie immer noch gegen Wellen der Übelkeit - und das alles mischte sich mit der Müdigkeit und dem stundenlangen Sitzen vor dem Laptop, um übers Internet mehr über den Schatten oder zumindest den geheimnisvollen Samuraigeist herauszufinden.
    Sie gähnte herzhaft und goss sich eine weitere Tasse des Lavendeltees auf. Kaffee hatte sie in den letzten Tagen genug getrunken, jetzt hoffte sie, sich so entspannen zu können, dass sie vielleicht wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.
    Also. Der Reihe nach , dachte Nicole und machte es sich mit der Teetasse auf dem eigenen Sofa bequem. Sie sah aus dem Fenster über die trotz der späten - oder frühen - Stunde hell erleuchtete Rue Montmorency in der Innenstadt von Paris. Da ist Paulette Blazon und ihr Mann Claude. Er ist todkrank. Also ruft Paulette jemanden, der ihm das Sterben leichter macht. Das ist Yasmina. Die macht das zum ersten Mal seit Monaten wieder, um sich etwas Geld für die Haushaltskasse zu verdienen. Sie malt Zeichen auf den Boden, ein Sigill, das eindeutig den Erzengel Uriel rufen soll, das Vorbild für den Sensenmann, den Engel, der die Toten ins Jenseits bringen soll.
    Aber nicht der kommt - was Yasmina ja auch gar nicht beabsichtigt hat -, sondern irgendein Schatten, der von einem ausgerechnet japanischen Totengeist verfolgt wird. Der Schatten verschwindet, wahrscheinlich verjagt von diesem Totengeist.
    Nicole stand auf und lehnte sich ans Fenster. Der Duft des Lavendels stieg in ihre Nase.
    Warum war der Shinigami, so nannte man diesen japanischen Totengeist, das hatte Nicole heute Abend immerhin herausgefunden, und auch der Schatten erst bei den Blazons von Yasmina gerufen worden? Weil sie da die Zeichen ordentlicher gemalt hat , überlegte sie. Sie meinte, sie habe sie noch einmal nachgeschlagen, bevor sie zu den Blazons ging, und neu eingeübt. Also werden die beiden unter anderem von dieser Beschwörung gerufen. Gut, immerhin ist diese Teilfrage schon einmal geklärt.
    Aber warum war sie selbst dann bei diesem Finanzbeamten Leloux zusammengeklappt? Nicole musste sich selbst gegenüber zugeben, dass sie sich schämte. Noch nie hatte sie das Bewusstsein verloren, wenn ein Dämon auftauchte! Bin ich jetzt schon so lange aus dem Château weggegangen, dass ich die Anwesenheit von Dämonen nicht mehr aushalte?
    Das konnte nur direkt mit diesem Schatten, diesem Dämon zu tun haben. Sie hatte ihn ja gesehen, als er sich manifestierte. Warum auch immer er gleich wieder verschwand, sein Auftauchen hängt mit meiner Bewusstlosigkeit zusammen.
    Nicole nahm noch einen Schluck aus der großen Tasse. Dieser Schatten muss gespürt haben, dass Gefahr von mir ausgeht. Vielleicht doch das kleine Amulett. Oder vielleicht der Dhyarra. Immerhin hat er hohes magisches Potenzial, warum sollte ein Wesen mit hohem Parapotenzial ihn nicht spüren? Ich kann mich zwar nicht erinnern, ob Zamorra oder ich schon einmal schlechte Erfahrungen in dieser Richtung gemacht haben, aber das ist im Moment die einzige Erklärung, die mir einfällt.
    Nicole nippte erneut an ihrer Teetasse. Wenn dieser Schatten - oder Dämon - wirklich ihren Dhyarra erkannt hatte, dann war immerhin auch denkbar, dass er sofort einen Abwehrzauber hatte wirken können. Aber - sollte das in der Konsequenz vielleicht heißen, dass sie den Dhyarra demnächst zu Hause lassen musste, um nicht sofort angegriffen zu werden?
    Vielleicht wollte er mit diesem Zauber weniger mich als den Dhyarra ausschalten. Aber das nächste Mal werde ich besser aufpassen! , dachte sie entschlossen. Das wäre ja

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