0932 - Grausame Zeit
nahe an ihn heran, so daß er sich zur Seite werfen mußte, wollte er nicht getroffen werden.
Cichon fiel in einen Sessel hinein. Durch den Anprall rutschte er ein Stück über den Teppich, und dem Wärter war klar, daß ihn dieser Sessel in seiner Bewegungsfreiheit behinderte.
Er mußte ihn so schnell wie möglich verlassen, wälzte sich noch auf der Sitzfläche herum und sah den anderen dicht vor sich.
Beinahe kam es ihm vor, als wollte Buzea wie eine riesige Fledermaus auf ihn zuschweben. Er fiel bereits und holte mit der Hand aus, in der er das Rasiermesser hielt.
Der Henker keuchte und trat zu. Beide Füße wühlte er in den Bauch des Mörders, der zurückgestoßen wurde und quer über den Tisch mit der Leiche fiel.
Schreiend sprang Cichon in die Höhe. Er sah seine Chance. Bevor der andere noch in die Höhe kommen konnte und es nur halb geschafft hatte, war Cichon bei ihm und drosch mit dem Schlagstock zu.
Er traf den Körper auf der Brust, auch das Kinn wurde erwischt, und Buzea knurrte wütend.
Noch ein Hieb, dann…
Etwas biß in seinen linken Oberschenkel. Plötzlich wütete dort ein Schmerz und Cichon spürte die Feuchtigkeit aus der Wunde rinnen. Er hatte nicht mehr an das verdammte Rasiermesser gedacht und auch nicht daran, daß Buzea sich noch bewegen konnte.
Erwischt! Es hat mich erwischt!
Buzea kam wieder hoch. Sein Rasiermesser zielte auf Cichons rechte Wange.
Im letzten Augenblick duckte er sich. Die Klinge wischte haarscharf über seinen Kopf hinweg, aber der andere war wieder hochgekommen und rammte ihn.
Cichon konnte sich nicht mehr halten. Die andere Kraft wuchtete ihn zur Seite. Er verlor den Überblick, stürzte, verhedderte sich in einer Schnur und riß die Stehlampe mit zu Boden, die trotzdem nicht ausging, weil der Schirm sie abgefedert hatte.
Der Henker rollte sich herum. Er durfte trotz der Verletzung nicht aufgeben. Dieser Killer sollte nicht gewinnen. Er würde auch weiterhin morden, und er würde dabei grausamer sein als vor seiner Einlieferung ins Zuchthaus.
Er lief auf allen vieren, um Platz zu haben.
Das Licht legte einen weichen Schimmer über den Boden, aber Cichon wollte dorthin, wo es dunkler war. Die Zeit drängte. Er wußte nicht, ob Sekunden oder Minuten vergangen waren, aber seinen Gummiknüppel hielt er noch immer fest.
Buzea fluchte, als er die Verfolgung aufnahm. Er ging normal und schneller als sein Todfeind. Von der Klinge rann das Blut und hinterließ Flecken auf dem Teppich.
Er wollte dem Wärter in den Rücken springen. Da sich dieser herumwälzte, wurde es kein Volltreffer. Buzea glitt ab und knickte ein.
Die Chance nutzte der Wärter.
Er brüllte, als er den Schlagstock halbhoch und von der Seite her nach vorn rammte. Buzea wurde tief am Körper getroffen. Sein Heulen hörte sich schlimm an. Er wankte zurück und preßte eine Hand auf die getroffene Stelle. Mit der anderen fuchtelte er herum, und die Rasierklinge blitzte dabei auf wie ein Stern.
Cichon spürte eine grimmige Freude über diesen Treffer in sich und kam wieder auf die Füße, was ein verdammt mühsames Unterfangen war, denn der linke Oberschenkel schien von einem Feuerstrahl umweht zu werden. Die Wunde behinderte ihn, sie machte ihm zu schaffen, aber er war innerlich so aufgeputscht, daß er sie auch vergessen konnte, und er sah, wie der Killer mit verbissenem Gesichtsausdruck den Rückzug antrat.
Aufgeben würde er nicht, das stand für ihn fest. Das war seinem Gesicht abzulesen.
»Ich schlag dich tot!« spie der Henker aus. »Ich schlag dich zu Brei!« Er mußte einfach reden, um den inneren Druck loszuwerden. Die eigenen Worte taten ihm gut, denn sie stachelten ihn an. Er hielt den Mund offen.
Speichel rann hervor, was ihn nicht störte. Finster lachend näherte er sich seinem Todfeind.
Der drehte sich durch die Tür und verschwand. Cichon hörte ihn im Flur.
Das Lachen löste sich wie von selbst aus seinem Mund. »Du kommst nicht weg hier!«
Cichon rechnete damit, daß der andere das Haus verlassen würde, aber er hatte sich geirrt. Als er den Flur erreichte und nach vorn schaute, da sah er, wie Buzea die Holztreppe hochwankte. Sie war dunkelrot gestrichen worden und sah aus, als hätte jemand Blut vergossen.
Cichon zog das linke Bein hinter sich her. Bei jedem Auftreten jagten Flammen bis zu seinem Knöchel hinab, als wollten sie die Haut und die Knochen dort zerstören.
Er kämpfte sich voran, sah den Rücken des anderen und stieß einen Schrei aus, bevor er sich an
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