0934 - Der Arm des Monsters
hinter hohen Bäumen, Mauern oder Hecken. Man mußte sich schon auskennen. Suko und Shao waren relativ fremd und wären beinahe am Ziel vorbeigefahren, hätte Shao nicht gesagt: »Hier muß es irgendwo sein.«
Suko ging vom Gas. »Wo denn?«
Shao hielt an. Auch er schaute hin. »Viel ist da nicht zu sehen, Bäume und…«
»Licht«, sagte Shao. »Es schimmert durch die Lücken.« Sie klopfte mit der Fingerspitze gegen die Seitenscheibe.
»Dann kann dahinter ein Haus liegen.«
»Das meine ich auch.«
Suko fand, daß sie hier recht gut standen. Zumindest hatte er kein Schild entdeckt, das Parken verbot. Sie brauchten also keine Furcht vor der Parkkralle zu haben.
Sie stiegen aus und drückten die Türen wieder zu. Die dabei entstehenden Geräusche hörten sich an, als hätten sie ihre Beine aus einem schwammigen Sumpf hervorgezogen.
Sie überquerten die Straße, und als sie auf der anderen Seite standen, da nickte Shao, denn sie hatte einen Fußgängerweg entdeckt, der in das Gelände hineinstach. »Da müssen wir durch.« Sie hatte es entschlossen gesagt und war auch diejenige, die den Anfang machte.
Suko blieb dicht hinter ihr. War es an der Straße im Licht der Lampen noch heller gewesen, so kamen sich die beiden jetzt vor wie in einem Tunnel.
Rechts und links befanden sich die Grenzen der Grundstücke. An der rechten Seite von einer Mauer umfriedet, links wuchs eine sehr dichte und perfekt geschnittene Hecke hoch.
Als sie das Sperrgitter erreicht hatten, sahen sie die Lichter deutlicher.
Die Verteilung wies darauf hin, daß sie gegen die erleuchteten Fenster eines Hauses schauten. Es war nicht zu hoch gebaut worden und auch nicht in der einfallslosen, barackenartigen Form, sondern der Gegend angepaßt.
Ecken, Vorsprünge. Erker und Simse. Man hatte die Bauweise der ausgehenden victorianischen Zeit nachgeahmt.
Zum Grundstück gehörte auch ein Parkplatz, der allerdings von einer anderen Seite zu befahren war, und Suko kümmerte sich zuerst um die abgestellten Wagen.
Shao blieb zurück. Sehr bald sah sie Suko winken. Er hatte also Janes Golf entdeckt. Dann kam er wieder zurück. »Sie ist da«, sagte er und schaute sich um.
»Bist du ratlos?«
»Sieht das so aus?«
»Ja.«
»Danke für deine Ehrlichkeit.«
»Was tun wir?«
»Wir schauen uns um.«
Shao fragte nicht mehr nach, wo er sich umschauen wollte, sondern folgte ihm, denn er ging auf die Haustür zu, die im Schein einer Wandleuchte lag.
Shao blieb zurück. Sie fühlte sich nicht sehr wohl, obwohl sie keinen Grund wußte. Die Umgebung war ruhig, vielleicht lag es daran, daß sie so wenig hörte, denn auch die Geräusche von der Straße wurden durch den Bewuchs gedämpft.
Suko kehrte wieder zurück. Er nickte Shao zu, als er vor ihr stehenblieb.
»Sie wohnt im Erdgeschoß.«
»Hat das was zu bedeuten?«
»Es ist zumindest nicht ungünstig. Wir sollen uns mal auf der Rückseite umschauen. Ich denke, daß dort der Wohnraum liegt.«
»Gut, immer noch besser, als hier herumzustehen. In den Wagen willst du doch nicht wieder - oder?«
»Wir könnten ihn auf den Parkplatz fahren.«
»Vorher oder nachher?«
»Nachher.«
Beide hatten sich auf den Weg gemacht. Sie gingen an der Schmalseite des Hauses vorbei, um plötzlich stehenzubleiben, denn sie hatten zugleich ein Geräusch gehört.
»Was war das?« Shao hatte die Frage geflüstert und schaute Suko aus großen Augen an.
»Ich Weiß es nicht. Hörte sich an wie ein Hüsteln.«
»Dann sind wir nicht allein.«
»Schon möglich.«
Sie hatten sich nur flüsternd unterhalten und wurden nun vorsichtiger.
Kein Mieter hatte das Haus verlassen. Um diese Zeit saßen die Leute zumeist vor der Glotze. Warum sollten diese hier gerade die berühmten Ausnahmen machen?
Als sie die Rückseite des Hauses erreichten, fiel ihnen der Lichtschein auf, der aus der unteren Wohnung nach draußen fiel. Es waren eigentlich zwei Wohnungen, aber nur durch ein Fenster drang die Helligkeit. Das andere war dunkel. Da schien niemand zu Haus zu sein.
Suko ging noch einen Schritt vor.
Da genau traf ihn die Kugel zwischen die Augen!
***
Der Mann ging nicht normal. Er schwankte, er tappte, und es lag an seiner Blindheit, daß er sich so anders bewegte. Aber er wußte genau, wo er hinzugehen hatte. Sein Ziel stand fest. Es war die Scheibe des Wohnraums.
Nicht nur Jane hatte ihn gesehen und beobachtet. Auch Angela Maitland verfolgte seinen Weg. Sie mußte ebenfalls seine körperlichen Schäden entdeckt haben, aber
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