0934 - Der Arm des Monsters
darfst du.«
»Und was?«
»Ich weiß es selbst nicht. Jane Collins hat mir da eine Geschichte erzählt, mit der ich nicht so recht klarkomme. Es geht um eine Frau, um Augen an ihrem Arm, und darum, daß sie sich bedroht fühlt. Und irgendwo im Hintergrund baute sich noch die Vorstellung auf, daß möglicherweise die Person, die damals das U-Bahn-Phantom geschaffen hat, gewisse Dinge lenkt und steuert. Da war Lady Sarah auch mit von der Partie. Ich sehe mich jetzt noch aus dem Krankenwagen kommen, in dem sie bewußtlos gelegen hat. Wir waren doch alle frustriert, weil wir nicht herausgefunden haben, wer dieses Wesen wieder zusammengeflickt hat, um es mal ganz locker zu sagen.«
Shao schaute zu, wie Suko die Tür der Spülmaschine schloß. »Jetzt glaubt ihr, daß sich dieser Unbekannte wieder durch ein anderes Phänomen gemeldet hat?«
»Das liegt durchaus im Bereich des möglichen.«
»Einen konkreten Verdacht gibt es nicht?«
Suko hob die Schultern und verließ die Küche. Vom Wohnraum her rief er noch hinein. »Nein, das sind nur alles Vermutungen. Auf der anderen Seite solltest du auch daran denken, was schon alles aus Vermutungen entstanden ist. Da haben wir schon so manch böse Überraschungen erlebt. Hast du dich entschieden?«
»Ja, ich komme mit.«
Suko lachte. »Nimm dir ein Buch mit. Es könnte langweilig werden.«
»Wie lange willst du denn jemanden beobachten? Oder sollen wir zu Jane Collins Klientin gehen?«
»Nein, wir bleiben im Hintergrund.«
Shao holte ihre Wolljacke und streifte sie über. Es war kühl geworden.
Der heiße Sommer war nur mehr Erinnerung. Jetzt, im Herbst, konnten die Menschen wieder richtig durchatmen, auch den beiden machte dieses Wetter nichts aus.
Shao wickelte sich einen Schal um den Hals. Er zeigte dasselbe Muster wie die Jacke. Ein dunkles Grau von der Grundfarbe her, aber mit schwachen rötlichen Quer-und Längsstreifen. Dazu trug Shao eine schwarze Hose, die ihre Beine und das Hinterteil eng umspannte.
Auf dem ebenfalls schwarzen T-Shirt leuchtete allerdings eine gelbe Sonne.
Suko war sehr ernst, als sie in die Tiefgarage fuhren. Shao fragte nach dem Grund und kriegte auch eine Antwort, als sie ausstiegen und Suko ihr die Tür aufhielt.
»Weißt du, ich denke daran, wie sich an meinem Arm das Maul gezeigt hat. Damals, du bist ja dabeigewesen. Da ist es um die Satanisten gegangen. Als ich Durand tötete, da zerlief er. Da trafen mich Wolken eines widerlichen Gestanks. Einfach eklig. Es schüttelt mich noch heute.«
»Vergleichst du den Mund mit den Augen?«
»Irgendwo schon.«
Shao hob die Schultern. Dann trat sie hinter Suko, weil sie ein Auto vorbeilassen mußten, das einen Parkplatz ansteuerte.
Suko schloß den BMW auf. Der Wagen war mittlerweile älter geworden, aber noch immer top. Ein Wagen, den er nie hätte bezahlen können. Er hatte ihn gewonnen, und darüber hatte sich der Inspektor wahnsinnig gefreut.
Er fuhr den Wagen nur selten, meist lange Strecken, aber an diesem Abend brauchten sie nicht weit zu fahren, denn Belgravia lag in der Nähe.
Sie rollten durch das offene Tor die Einfahrt hoch. Aus dieser Perspektive kamen ihnen die beiden Hochhäuser noch gewaltiger vor.
Wie hochkant stehende Boote, die an den Seiten erleuchtet waren, als würden hinter den Fenstern Feste gefeiert.
Sie mußten in Richtung Süden fahren, durch ein vorherbstliches, nebelfreies London, das sein Lichterkleid angelegt hatte, und in bunten Farben strahlte.
Am Piccadilly, wo wie immer Hochbetrieb herrschte, rollten sie vorbei, ließen später den Hyde Park rechts liegen und tauchten schon ein in das vornehme Belgravia, wo auch zahlreiche Botschaften lagen. Wenigstens von den reichen Ländern, die es sich leisten konnten, hier ihre Vertretungen zu haben.
Österreich, Saudi Arabien, Deutschland, Belgien, Irland, Portugal und Brunei waren hier vertreten. Es gab noch andere, an deren Wänden die Heimatflaggen ihrer Länder im leichten Wind flatterten.
Die Adresse lag schon an der Grenze zu Brompton. In einer kleinen Straße, die weder Suko noch Shao kannten. Deshalb hatte sie Shao auf der Fahrt herausgesucht. Der Stadtplan lag auf ihren Knien, abgestrahlt von der vorderen Leselampe.
Sie und Suko waren ein eingespieltes Team, und Shao konnte ihren Partner dirigieren. In den schmalen Straßen fuhr man langsamer. Es parkten auch nicht viele Fahrzeuge am Straßenrand; viele Mieter der Hauseigentümer besaßen Garagen oder Stellplätze.
Viele Häuser versteckten sich
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