0934 - Der Arm des Monsters
geworden.
»Jane…?« Zum erstenmal seit einiger Zeit meldete sich ihr Schützling wieder.
»Ja, was ist?«
»Bitte - komm her. Komm zu mir. Ich möchte dir etwas zeigen. Aber komm sofort.« Ihre Stimme war immer hektischer geworden. Die Angst und die Nervosität hielten sie umklammert, und das Gesicht glänzte, als wäre es mit Öl eingerieben worden.
Jane brauchte nur wenige Schritte zu gehen, um den Sessel mit der Frau zu erreichen. Sie ließ dabei den Mann nicht aus den Augen. Er wußte noch nicht, wie er sich verhalten sollte. Auf der Terrasse bewegte er sich von einer Seite zur anderen, drehte sich auch und schlug mit seinem rechten Arm durch die Luft.
»Was ist denn, Angela?«
Sie streckte den linken Arm aus und drückte ihn dabei auf die Sessellehne, damit er einen gewissen Halt bekam. »Da, Jane, schau es dir an. Schau es dir bitte genau an. Steh hin. Ich - ich - habe nicht gelogen. Du kannst es sehen. Die dunklen Flecke sind schon da, und bald werden auch die Augen erscheinen. Ich weiß das.«
Die Detektivin gab keine Antwort. Ein Nicken mußte reichen. Sie berührte Angelas Hand, um ihr etwas Wärme zu geben und auch Vertrauen einzuflößen, dabei spürte sie überdeutlich, wie Arm und Hand zitterten.
Die beiden dunklen Flecke, von denen Angela Maitland gesprochen hatte, waren ebenfalls zu erkennen. Der eine befand sich in Höhe des Handgelenks, der andere weiter oben, zum Ellbogen hin. Sie sahen aus wie Male, aber Male zucken nicht, wie es hier der Fall war. Die Haut bewegte sich, sie zog sich zusammen, sie spannte sich wieder, und sie war dabei, etwas zu schaffen.
»Nicht berühren!« hauchte Angela. »Ich spüre es genau. Ich kenne mich aus. Ich weiß es - nicht berühren…«
»Nein, warum sollte ich es auch?«
»Gleich ist es soweit.« Angela flüsterte. Die Frau stand unter einem wahnsinnigen Druck. Sie wußte über die Reaktion des Arms Bescheid, obwohl sie ihn selbst nicht anschaute, sondern nach vorn blickte, eben durch die Scheibe in den Garten, denn dort hielt sich noch immer der Einarmige auf, um sieh zu sammeln.
Jane hatte für ihn keinen Blick mehr. Sie konzentrierte sich auf die dunklen Male in der Haut, die immer klarer hervortraten, weil sie sich auf eine bestimmte Zone begrenzten.
Die Haut bewegte sich. Sie zuckte. Sie glich tatsächlich der Haut, die zwei Augen umspannte. Dann klafften beide Male zugleich in der Mitte auf, und Jane konnte erkennen, was sich in diesen Spalten befand.
Zwei dunkelgrüne Pupillen.
Die Augen des Blinden da draußen!
***
Ich habe es gewußt, dachte Jane. Ich habe es gewußt, ich habe auch damit gerechnet, doch jetzt, wo sie diese unwahrscheinlichen Tatsachen sah, da rann ihr schon ein Schauer über den Rücken. Für einen Moment schweiften ihre Gedanken ab. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da war sie der Meinung gewesen, daß sie nichts mehr erschüttern konnte. Diese Vorstellung hatte sie revidieren müssen, wieder einmal, denn das hier hatte auch eine Jane Collins noch nicht erlebt.
Nicht nur der Arm zuckte, auch Angelas Mund bewegte sich. Sie hatte Mühe, die Worte zu finden und brachte sie dann stöhnend hervor. »Hast du es gesehen? Siehst du die Augen? Diese verdammten Glotzer mit den grünen Pupillen?«
»Ja, ich sehe sie.«
»Sie gehören mir nicht. Sie sind mir eingepflanzt worden. Ich habe es gewußt. Sie sind so schrecklich, sie gehören dem Mann da draußen. Hast du das jetzt begriffen?«
»Ich weiß es schon länger.«
»Toll, Jane, toll.« Angela rutschte unruhig auf der Sitzfläche hin und her.
»Was willst du jetzt tun? Sag es mir, Jane! Dafür bist du hier. Du bist ich habe dir vertraut. Du mußt doch eine Lösung wissen.«
»Das ist schwer«, murmelte sie. Die Folgerung dieser drei Worte ließ sie in ihren Gedanken entstehen. Wenn wenigstens John Sinclair hier gewesen wäre, hätte sie eine Chance gesehen. Zwar war das Kreuz des Geisterjägers kein Allheilmittel, aber er hätte es durchaus einsetzen können, um damit einen Test zu machen.
So aber war sie auf sich allein gestellt. Sie warf einen Blick nach draußen.
Der Einarmige verhielt sich zum Glück ruhig. So konnte sich Jane weiterhin auf die grünen Augen konzentrieren.
Sie starrten sie an.
Jane hatte Mühe, diesem Blick standzuhalten. Jane überlegte, was die Augen waren. Sollte sie sie als gnadenlos bezeichnen, vielleicht auch als leer oder nur als böse, dunkle Spiegel einer noch böseren Seele?
Wie es war, eine Lösung bekam sie nicht, aber sie wollte
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