0936 - Belials Abrechnung
ahnte sie auch etwas, aber diese Umgebung war einfach nicht die richtige, um irgendwelche Eifersüchteleien auszutragen.
Statt dessen zog Jane ein Fazit, über das Glenda auch schon nachgedacht hatte. »Jetzt, wo wir wissen, daß wir leben, sollten wir überlegen, wo wir sind und wie wir wieder hier herauskommen.«
»Aus eigener Kraft sicherlich.«
»Da hast du recht.«
»Darf ich dich noch mal an den Alptraum erinnern?«
Jane legte den Kopf schief. »Willst du darauf hinaus, daß er sich bewahrheiten könnte?«
»Ich befürchte es.«
Die Detektivin drehte sich um. Sie schaute, ohne etwas zu sehen. Ihre Gedanken waren ebenso grau wie die Dunkelheit, die sie umgab, und sie suchte nach einem Argument, das Glendas Bemerkung entkräftete.
Schließlich sagte sie zu der Sekretärin gewandt: »Man treibt ein Spiel mit uns. Ein böses, teuflisches, hinterlistiges Spiel. Was wir erleben, ist kein Traum, sondern die Wirklichkeit. Keiner von uns ist in der Lage, das Spiel zu durchschauen. Fest steht nur, daß wir entführt worden sind. Aber wer hat es getan, Glenda, wer?«
»Ich kenne die Person oder Unperson nicht. Ich habe ebensoviel gesehen wie du.«
»Richtig. Nichts gesehen. Er war plötzlich da. Er war wie ein Schatten. Wie der Bote aus einer anderen Welt. Ein böser Geist, dem wir nichts getan haben. Zumindest sind wir uns dessen nicht bewußt. Ich frage mich mittlerweile auch, ob es überhaupt um uns geht oder um einen gewissen John Sinclair?«
Jane überlegte kurz. »Du denkst, daß man uns als Druckmittel gegen ihn einsetzen will?«
»Wäre doch möglich - oder?«
»Ich weiß es nicht«, murmelte Jane. Ihr fiel ein, wie oft sie diese Antwort schon gegeben und auch an sie gedacht hatte. Es paßte ihr nicht, daß es kein Voran gab, sondern immer nur ein Zurück. Sie selbst konnten nichts tun, sie steckten fest. Der einzige, der eine Chance gehabt hätte, war eben John Sinclair, nur befand er sich nicht in der Nähe.
»Und wo wir sind, wissen wir auch nicht. Irgendwo macht mich das verrückt.«
»Wir sollten warten, Jane.«
»Du hast gut reden. Auf was?«
»Er wird kommen!« behauptete Glenda. »Dessen bin ich mir sicher.«
»Meinst du den Schatten?«
»Ja, wie auch immer. Ob Schatten oder Gestalt. Er wird sich uns zeigen. Er will seinen Triumph auskosten.«
»Und es wird möglicherweise das eintreten, was John in seinem Traum gesehen hat«, vervollständigte Glenda den Satz und fing an, sich unwohl zu fühlen. Kalt lief es ihr über den Rücken. Sie hatte Jane das Bild nur beschrieben. Zwar hatte sie es selbst nicht erlebt und durchlitten, aber nach dem Bericht des Geisterjägers hatte Glenda beinahe geglaubt, es wäre ihr Traum gewesen.
Die Gedanken daran verwischten allerdings, als sie die Veränderung in ihrer beider Umgebung bemerkte. Da tat sich etwas. Das Grau lag nicht mehr in seiner absoluten Starre da. Eine gewisse Bewegung war in diese trostlose Farbe hineingeraten. Es zogen keine Wolken vorbei, es riß auch nicht auf, nur erschien aus dem Hintergrund ein Wesen, das wie eine kompakte Projektion aussah.
Glenda holte scharf Luft, als sie Jane anstieß. Sie spürte im Hals einen bitteren Geschmack und nickte in die Richtung. »Das muß er sein, Jane, da ist er auch.«
»Kennst du ihn?«
»Nein, aber er wird näher kommen. Vielleicht kann ich dir dann mehr sagen.«
Die beiden Frauen merkten die Spannung. Sie fühlten sich wie hin- und hergerissen. Auf der einen Seite wollten sie eine gewisse Aufklärung haben, auf der, anderen wiederum fürchteten sie sich auch davor, mit der Wahrheit konfrontiert zu werden, und gerade Glenda dachte in diesen langen Sekunden wieder an Johns Traumbeschreibung.
Ob der Schatten oder die Gestalt unbedingt näher kam, war auch nicht zu sehen. Jedenfalls verdichtet er sich, und schon jetzt spürten die Frauen die Bösartigkeit und Kälte, die von einer derartigen Gestalt ausging und sie streifte.
Er hatte sich nicht gemeldet, er hatte nichts gesagt, aber er wußte genau, was er wollte, und seine Kraft erwischte Glenda und Jane wie ein Sturm. Er machte sie klein. Sie fühlten sich ihm nicht gewachsen und regelrecht winzig.
Er trat hervor, und es sah so aus, als hätte er sich von seiner übrigen Umgebung gelöst, wäre einfach aus ihr herausgeschnitten worden. Er tat nicht viel, ging einfach nur weiter, aber er strömte etwas aus, das beide Frauen sehr genau spürten.
Es war die Macht!
Eine kalte und böse Macht, wie sie einem Menschen nicht zu eigen war.
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