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0936 - Schattentheater

0936 - Schattentheater

Titel: 0936 - Schattentheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Betrachtete man sie von oben, lächelte sie, sah man gerade darauf, war sie eher gleichgültig. Von leicht unten war sie eher… ja, traurig. Oder auch grimmig.«
    Minamoto antwortete nicht sofort. Als Nicole wegen der Pause zu ihm hinüberblickte, sah sie erstaunt, dass er kalkweiß geworden war und sie entsetzt anstarrte. Sie hatte absichtlich nach der Maske des Shinigami gefragt und war gespannt auf die Antwort von Minamoto-san. Immerhin hatte er öfter mit Geistern zu tun und glaubte erklärtermaßen selbst daran. »Madame«, sagte er schließlich und Nicole fragte sich, warum er auf einmal so nervös war. »Sie spielen da auf eine ganze besondere… Maske an. Darf ich fragen, in welchem Zusammenhang Sie sie gesehen haben?«
    Die Dämonenjägerin zögerte. »Es war… es war im Zusammenhang mit einem meiner… Interviews.«
    Minamotos Augen wurden groß. »Ich verstehe«, sagte er langsam. »Nun, einige Nô-Masken sind äußerst selten. Diese gehört dazu. Einer der Kollegen, die Ieyasu-san nachher zu einer Gesellschaft bitten will, hat mehr Erfahrung auf diesem Gebiet als ich. Vielleicht…« Er schluckte und drehte sich weg, als wolle er die Fassung wiedergewinnen. »… vielleicht kann er Ihnen später weiterhelfen. Ich kenne mich da einfach nicht gut genug aus.« Minamoto wandte sich der Bühne zu und begann zu Nicoles Überraschung, die dissonante Melodie mit geschlossenen Augen demonstrativ mitzusummen. Für ihn schien das Thema abgeschlossen.
    Nach all den Erklärungen ist die Behauptung, er kenne sich damit nicht gut genug aus, wohl ganz klar gelogen , dachte Nicole. Wie es aussieht, will er nur einfach nichts darüber sagen.
    Es scheint ganz so, als wäre der Shinigami Minamoto ein Begriff…
    ***
    Unruhig wartete Nicole in den nächsten Stunden darauf, Ieyasu-san auf die Maske des Shinigami anzusprechen. Das Verhalten von Minamoto-san auf ihre Frage kam ihr zunehmend seltsam vor. Nachdem die Dämonenjägerin ihn danach gefragt hatte, hatte Minamoto seine Erklärungen zum Stück und den Einzelheiten und Besonderheiten des Nô-Theaters eingestellt und kaum noch ein Wort an Nicole gerichtet.
    Natürlich tat Nicole so, als fiele ihr das veränderte Verhalten des japanischen Mitarbeiters der deBlaussec-Stiftung nicht auf. Und das war nicht einmal schwer, denn das Stück dauerte nicht mehr lange. In dem folgenden Gedränge gesellte sich Ieyasu schon bald zu ihnen, traditionell gekleidet in einen dunklen Hakama, eine Art Hosenrock mit japanischer Jacke, einem Haori. Beides war aus fester dunkler Seide und so erinnerte er Nicole an einen Samurai aus einer alten Geschichte. Der Theaterdirektor stellte Madame Julie Deneuve seinen anderen Gästen als eine junge Journalistin eines französischen Frauenmagazins vor, die einen Bericht über japanische Kultur schreiben wollte, was alle Anwesenden - alles Männer, wie Nicole auffiel -, ohne weitere Fragen hinnahmen. Einer, den Ieyasu als Tanabe Shinobu vorstellte, war besonders an Julie Deneuve und ihrer Arbeit interessiert.
    Als Direktor des Museums für japanische Volkskunde ist Tanabe-san sicher derjenige, der mir sagen kann, was es mit dem Shinigami und seiner Maske auf sich hat , dachte Nicole neugierig und konnte die Gelegenheit kaum noch abwarten.
    Die Gesellschaft, die Ieyasu für seine Stammgäste gab, erschien Nicole als eine ausgesprochen langweilige Sache. Die zu Beginn steife und förmliche Atmosphäre wandelte sich bereits nach wenigen Bechern Sake. Allerdings nicht gerade zu Nicoles Vorteil - der Alkohol löste die Zungen und die Hemmschwellen der anwesenden Herren. Und Nicole musste zu ihrem Leidwesen feststellen, dass sie dem doch manchmal recht kindlichen Humor, der sich schon bald ausbreitete, nicht viel abgewinnen konnte. Der sonst so förmliche Ieyasu scherzte und lachte auf ziemlich alberne Weise mit den anwesenden Geishas, und Nicole fühlte sich in Japan fremder als je zuvor. Darüber hinaus ärgerte sie, dass sie so gar nicht dazu kam, sich mit Tanabe-san über die Maske des Shinigami zu unterhalten. Davon abgesehen, dass die Suche nach CHAVACH und damit auch dem Totengeist ihr viel dringlicher schien, als diese Sache mit dem Dämon, der Ieyasus Gäste angeblich verfolgte, hatte sie Minamotos Reaktion auf ihre Frage nicht abgeschreckt, sondern nur noch neugieriger gemacht. Hier zu sitzen und zu trinken hielt sie für Zeitverschwendung. Jeder Dämon wirkte angesichts der furchterregenden Aura CHAVACHS, die sie immer wieder in ihren Albträumen

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