0936 - Schattentheater
Auch wenn die Jagd auf diesen Dämon gerade erst begonnen hat. Zum ersten Mal, seit ich das Château verlassen habe, bin ich mit mir und der Welt im Reinen, es scheint alles auf dem richtigen Weg.
Vor zwei Stunden hatte sie mit Louis Landru telefoniert und ihm gesagt, dass sie mit ihrem Bericht noch nicht fertig war. Minamoto war bei ihr gewesen und hatte ihn beschwichtigt, als Landru mehr als unwillig gesagt hatte, dass er nicht so lange auf eine so gute Mitarbeiterin verzichten wollte. Doch dann hatte Minamoto hastig etwas in Japanisch gesagt und aus irgendeinem Grund hatte das den Ausschlag gegeben.
Nicole dachte daran, dass Landru seinerseits Minamoto darauf aufmerksam gemacht hatte, dass mehr in ihr stecke, als man vermute.
Wahrscheinlich hatte Minamoto darauf noch einmal hingewiesen. Nicole fragte sich erneut, ob Landru wohl herausgefunden hatte, wer hinter Julie Deneuve steckte. Na, sagen wird er mir das nicht. Aber dafür bin ich ja auch dankbar. Wenn er es mir nicht sagt, wird er wohl auch im Château nicht Bescheid geben. Ich weiß, dass es nicht richtig wäre, wenn ich diesen Weg, den ich hier angefangen habe, mit Zamorra weitergehen würde. Es gibt einen Grund, dass ich diesen Weg alleine gehe.
Aber wie dem auch immer sei, ich habe eine Woche gewonnen. Eine Woche, in der ich wieder mit dem Shinigami Kontakt aufnehmen kann. Oder mich selbst auf die Suche nach CHAVACH machen kann.
Nicole Duval hatte keine Bedenken, dass sie auch zur Not alleine mit diesem Dämon fertig geworden wäre, ohne den Shinigami. Aber es wäre wesentlich schwieriger geworden, auch das wusste sie und so war sie dankbar, dass sie den Totengeist und seinen Herrn hinter sich wissen konnte. Auch Minamoto und Madame Ichiko hatten sich als echte Freunde erwiesen und Nicole hatte sich vorgenommen, die beiden zumindest teilweise einzuweihen.
Sie wusste nicht, was die Zukunft bringen würde, aber das erste Mal seit Monaten hatte Nicole keine Angst mehr davor.
***
Er war wütend.
Er tobte und brüllte.
Der Geist, von dem er glaubte, dass er ihn kontrolliert hatte, hatte es wirklich geschafft, ihn von dem nahrhaften Wesen, dem Dämon, zu trennen, indem es diesen schlicht und ergreifend getötet hatte. Er hätte ihm einfach die Nahrung genommen!
Das würde er büßen. Nichts und niemand stellte sich unbesiegt gegen CHAVACH und hinderte ihn an seiner Aufgabe. Und das hatte dieser Geist getan!
Das würde er nicht ungestraft lassen. Niemand hinderte CHAVACH.
Niemand.
Doch noch während er grollte, fühlte er immerhin eines: Die Kraft des Dämons, die Energie, die er ihm hatte absaugen können, war ihm nicht genommen worden.
Er würde sie weiterhin nutzen können. Er war frei. Zumindest das war ihm geblieben. Frei, sich seine zukünftige Nahrung selbst zu wählen, und niemand würde ihn mehr davon abhalten.
Er wurde zu einem kaum wahrnehmbaren Schatten und stürzte sich auf einen der kleinen, leuchtenden Punkte, die die Erde bevölkerten. Eine von Myriaden Seelen. Nicht viel, aber immerhin etwas, bis er wieder so ein stark magisches Wesen wie diesen Dämon gefunden hatte.
Er dehnte sich aus und hüllte den schwächlichen Körper ein. Niemand hörte den Schrei des Entsetzens, den die Seele ausstieß und der CHAVACH vorkam wie ein Elixier der Stärke, und der nur seine Gier weckte. Er wickelte sich um den schwachen Körper, drang ein, umschlang fest und unerbittlich die schwache Seele, die sich nur noch schwach wehrte.
Er genoss den Widerstand eine kleine Weile, dann schlug er seine langen Zähne hinein und trank sich satt.
ENDE
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 867 »Die Pesthexe von Wien«
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