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0936 - Schattentheater

0936 - Schattentheater

Titel: 0936 - Schattentheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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hätte ihr gefallen, dass er diese Macht nur mit ihrer Kraft hatte erlangen können.
    Was er hier vor sich hatte, war wahrscheinlich ein Wesen, das gar nicht von dieser Welt war. Was er darin fühlte, war gefährlicher, mächtiger, boshafter als alles, was er bisher bei den Menschen gefühlt hatte.
    Das war die Kraft, die Nahrung, die er brauchte für seine große Aufgabe! Mit diesem Dämon, diesem Wesen einer anderen Dimension, würde er in der Lage sein, mehr Energie zu tanken, es würde ihm mehr Kraft zukommen zu lassen als alles, was er bisher kennengelernt hatte.
    Er spürte für einen Moment, wie etwas an ihm zog. Die Kontrolle! CHAVACH spürte sie genau. Wieder sollte er schlafen, kostbare Kraft abgeben.
    CHAVACH brüllte vor Wut und wehrte sich. Er stieß wieder auf den Dämon hinab, umhüllte ihn mit seinem Schattenkörper, den er in dieser Dimension besaß, und verbiss sich in dessen Nacken. Für einen kurzen Moment zuckte der Dämon und versuchte, ihn loszuwerden. Doch CHAVACH gab ihm nicht nach und saugte die bösartige, grausame Kraft des Dämons in tiefen Zügen in sich hinein. Er ignorierte den fremden Willen, der mit aller Macht an ihm zerrte. Er widerstand. Der Drang, sich der bewusstlosen Schwärze zu überlassen, ließ mit jedem Zug, den CHAVACH mit der Energie des Dämons zu sich nahm, nach, bis er schließlich ganz verschwunden war.
    CHAVACH trank weiter und wusste, der fremde Wille würde ihm jetzt nichts mehr ausmachen. Mit der Kraft dieses Wesens, dieses andersdimensionalen Geschöpfs, das nicht von dieser Welt war, würde er dem Drängen des Schlafs nie wieder nachgeben müssen.
    Er war unabhängig geworden und diesen Zustand würde er nie wieder hergeben.
    Er war frei.
    ***
    Für ein paar Sekunden gab sich Nicole Duval, seit Jahrzehnten erfolgreiche Dämonenjägerin, ihrer Verzweiflung hin. Es war, als hätte man ihr einen wichtigen Teil ihrer selbst genommen: Wieder war sie zu spät gekommen. Wieder hatte sie den Tod eines Menschen nicht verhindern können!
    Sie spürte den Verlust beinahe körperlich. Als hätte man ihr das Herz herausgerissen.
    Sie lehnte sich gegen die nächste Hauswand und schluchzte kurz auf. Auch das noch, ich heule! Wie lange ist es denn her, dass ich beim Anblick eines Dämonenopfers so ausgeflippt bin? Nicole war über sich selbst entsetzt und überrascht, doch in diesem Moment kam es ihr so vor, als fehle ihr etwas sehr Wichtiges.
    Zamorra. Ich glaube, ich habe ihn noch nie so vermisst wie heute , dachte sie. Für einen Augenblick war sie stark versucht, mit dem Château zu telefonieren. Doch kaum hatte der Gedanke in ihr Gestalt angenommen, verdrängte sie ihn auch wieder, als sei er giftig. »Bei der Schrumpelzehe der Panzerhornschrexe«, murmelte sie und zog die Nase hoch. »Ich habe doch weiß Gott schon Schlimmeres gesehen als das! Das ist einfach nur peinlich!« Sie starrte auf den kopflosen Rumpf von Tanabe-san, um den herum der See aus dunklem und zähflüssigem Blut immer größer zu werden schien, und überlegte fieberhaft. Sie hatte von Minamoto-san ein Prepaid-Handy bekommen, um ihn jederzeit erreichen zu können. Erst einmal Hilfe holen.
    Sie zog es heraus und benachrichtigte den Angestellten der deBlaussec-Stiftung. Er versprach sofort, sich zu ihr aufzumachen, sie solle fürs Erste nichts weiter tun, um die offiziellen Dinge würde er sich kümmern. Nicole unterbrach die Verbindung und sah etwas ratlos auf die entstellte Leiche hinab. Es war jetzt wieder still. Hier in der schmalen Gasse war der Verkehr der Hauptstraße ein paar Häuser weiter kaum zu hören. Weit und breit war niemand zu sehen. Einerseits kam Nicole das sehr komisch vor, denn auch wenn das hier nicht gerade eine belebte Gegend war, es war immerhin eine Straße im Zentrum einer Millionenstadt. Aber es war, als sei die Zeit für einen Moment stehen geblieben.
    Und vielleicht ist es auch ganz gut, dass hier nicht ein paar kreischende Passanten um mich herum stehen und mich für eine mörderische gaijin halten .
    Sie holte tief Luft: Das hilflose Gefühl ließ etwas nach und Nicole versuchte, die letzten Minuten in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen.
    »Die geehrte Weißmagierin sollte sich auch von solch beklagenswerten Rückschlägen wie dem Tod dieses Unglücklichen nicht beirren lassen«, hörte Nicole auf einmal eine Stimme, die klang, als befinde sich die sprechende Person tief im Nebel der Zeit. »Ihr seid auf dem richtigen Weg zu Eurer Bestimmung, Verehrte.«
    Nicole schrak

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