0937 - Belials Mordhaus
daß er ihn nicht aus den Augen verlor, und zweitens durfte er auf keinen Fall die Dämonenpeitsche aus der Hand geben. Sie war für ihn zu einer wichtigen Waffe geworden. Er ging schneller als Belial, bewegte sich ebenfalls um die Hausecke herum und sah die Gestalt vor sich.
Ein breiter Rücken, aus dem die Flügel hervorwuchsen. Suko nahm auch einen Geruch wahr, diesen scharfen Ozongestank. Er dachte daran, daß Belial inmitten eines mörderischen Unwetters den Weg in die Welt gefunden hatte, begleitet von den Blitzen gewaltiger elektrischer Entladungen, die ihn umgeben hatten wie ein Mantel.
Noch näher heran.
Das Haus wuchs vor den beiden hoch.
Belial stand auf der Schwelle. Er ging noch nicht hinein, was Suko wiederum wunderte. Er rechnete mit einem Trick und natürlich damit, daß man ihn entdeckt hatte.
So war es auch.
Weshalb sonst hätte sich Belial plötzlich umdrehen sollen? Er tat es mit einer heftigen Bewegung und starrte Suko an, der genau wußte, daß er etwas tun mußte.
Keine Sekunde warten.
Bevor Belial seine Kräfte gegen ihn einsetzen konnte, wuchtete sich Suko auf die Gestalt zu. Obwohl ihm nur wenig Zeit geblieben war, hatte er sich alles ausgerechnet. Es war die erste, die letzte und auch die einzige Chance.
Belial schien überrascht zu sein, denn er tat nichts. Ging nicht zur Seite, wehrte sich nicht, und Suko hielt die Peitsche in beiden Händen. Die drei Riemen straff gespannt, wie bei einer Schlinge, die er um den Hals der Gestalt drehen wollte.
Das tat er.
Plötzlich spannten sich die Riemen um Belials Hals. Suko wuchtete die Gestalt herum, damit er den Rücken vor sich sah, was er auch schaffte, dann zerrte er die Schlinge am hinteren Hals des Lügenengels zu und wartete auf Belials Tod…
***
Der trat nicht ein!
Drei, vier, fünf Sekunden vergingen. Es zuckten keine Flammen auf. Der Hals des Lügenengels brach nicht durch. Die Kraft der Peitsche rauhte ihn nicht auf, sie riß keine Spalten oder Löcher, aus denen stinkender Brodem drang, denn das alles wäre normal gewesen, so kannte Suko die Kraft seiner Peitsche.
Nicht bei Belial.
Er war immun!
Als Suko dieser Gedanke überflutete, fühlte er sich wie auf der Verliererstraße, was Belial auch merkte, denn trotz der um seinen Hals gedrehten Schlingen konnte er reden.
»Willst du gegen mich antreten? Gegen mich, den Engel der Finsternis, gegen Luzifers rechte Hand?«
Suko gab keine Antwort. Seine eigene Furcht unterdrückend, zischte er: »Geh hinein! Los, geh in das Haus, verflucht!«
»Und dann?«
»Geh!«
»Willst du deinen Freund noch einmal sehen? Und auch die beiden Frauen, bevor meine Hunde sie zerreißen?«
»Geh!« Suko blieb hart.
»Gut«, sagte Belial mit einer für ihn normal klingenden Stimme, die trotzdem schrill klang. »Ich werde es dir beweisen. Dieses Haus wird auch zu deinem Grab werden.«
Er ging vor, und es kümmerte ihn nicht, daß noch immer die drei Riemen der Peitsche um seinen Hals hingen. Sie hatten versagt, er, der Engel der Lügen, war einfach zu mächtig, und mit diesem Problem mußte Suko erst einmal zurechtkommen…
***
Ich hatte die Schritte gehört und mich gedreht. Irgendwo war mir schon klar, wer da das Haus betrat. Ich sah auch den Schatten dicht hinter der Schwelle. Wegen der noch hellen Szenerie dort draußen erkannte ich, daß es Belial war, der nun sein Haus betreten hatte, um mit mir abzurechnen.
Aber er war nicht allein.
Eine zweite Person befand sich hinter ihm: Suko. Mir fiel auf, daß beide nicht normal gingen, auch blieb mein Freund dicht hinter Belial, der den Kopf weit zurückgelegt hatte.
Den Grund konnte ich nicht erkennen, aber ich glaubte daran, daß einiges nicht stimmte.
Ich ließ die beiden näher an mich herankommen. Bevor ich reden konnte, zeigte mir Suko, daß er mich entdeckt hatte. »Ich bin es, John, und ich glaubte, ihn zu haben.«
Was redete er da? »Wieso? Was meinst du damit. Ich gerate noch durcheinander.«
»Die Peitsche klemmt um seinen Hals!«
Mein Freund hatte mir nur diesen einen Satz gesagt. Mehr brauchte er nicht hinzufügen, denn ich erkannte nun die gesamte Tragweite dessen, was uns widerfahren war, und ich wußte genau, wer hier der große Sieger sein würde. Die Dämonenpeitsche hatte bei Belial nichts, aber auch gar nichts bewirkt. Wo andere längst vergangen wären, war bei ihm alles normal geblieben. Ebensogut hätte Suko ihm auch ein normales Band um die Kehle wickeln können, was letztendlich denselben Effekt gehabt
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