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0938 - Rabenherz

0938 - Rabenherz

Titel: 0938 - Rabenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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aufrichtig. Sein dunkles Gewand, der Brustpanzer, das Schwert in der Scheide an seiner Hüfte und die drei aus seinem Gürtel ragenden Messer sprachen jedoch eine andere Sprache.
    Kesriel, ein fünfzehnjähriger Junge aus verrufenem Hause, der uns die Unsterblichkeit in Aussicht gestellt hatte und dem wir trotz der Abenteuerlichkeit dieses Versprechens gefolgt waren.
    Und ich, eine Frau, die sich darauf verstand, den Wahrhaftigkeitssud zu brauen, und die ihre Mitmenschen deshalb häufig um Rat fragten - die aber sonst nichts getan hatte, um die Ehre des ewigen Lebens zu verdienen.
    »Und nun? Sollen wir hier hochklettern?«
    Mein Blick folgte der Felswand in die Höhe. Der Hügel, auf dem der Wald lag, stieg meist nur sehr sanft an, an dieser Stelle jedoch sah er aus, als hätte ein Gigant ein Stück herausgebissen und nur den steil aufragenden Fels stehen lassen.
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Kesriel. »Euer Weg ist nicht hinauf, sondern hindurch. Schließt die Augen.«
    Ich tat, wie mir geheißen. Kurz darauf spürte ich Kesriels Hand zwischen den Schulterblättern, die mich sanft nach vorne schob. »Und nun macht einige Schritte, bis ihr meine Hand nicht mehr fühlt.«
    Auch das tat ich. Ich setzte einen Fuß vor. Dann den nächsten. Und noch ein Schritt.
    Plötzlich war der schwache Druck von hinten verschwunden und ich blieb stehen. Ich zögerte noch einen Augenblick, dann öffnete ich die Augen - und fand mich in einer wunderschönen Landschaft wieder. Vom Wald war nichts mehr zu sehen, stattdessen umgaben mich saftige Wiesen voller bunt blühender Blumen.
    »Herzlich willkommen an der Quelle des Lebens .«
    Die Stimme erklang hinter mir, dort wo eigentlich Kesriel hätte stehen müssen. Aber es war nicht Kesriel gewesen, der gesprochen hatte.
    Langsam drehte ich mich um. Neben mir stand Atrigor. Auch er hatte diese unglaubliche Reise durch den Fels mitgemacht. Natürlich.
    In seinem Gesicht lag ein glückliches Lächeln, auch wenn die Augen eine gewisse Traurigkeit ausstrahlten. Der Grund dafür war offenbar die Frau, die uns begrüßt hatte.
    Eine lemurische Hohepriesterin!
    Ihre langen blonden Haare fielen auf die rote, reich bestickte Robe, die vor ihrem Leib auseinanderklaffte. Darunter trug sie bis auf einige durchsichtige, um ihren Körper geschlungene Stoff streifen nur den rituellen Chaff-ra'tyn, einen mit Edelsteinen versetzten goldenen Halsschmuck. Sie war nicht die Oberste der Priesterinnen, sonst hätte diese Farbe auch ihre Haut geziert, aber die violetten Zeichen um ihre Augen zeigten, dass sie dennoch einen hohen Rang einnahm.
    »Ich bin die Hüterin der Quelle. Bitte folgt mir.«
    Sie drehte sich um und schritt uns voran. Ohne Fragen zu stellen, gingen wir ihr nach. Durch blühende Wiesen, vorbei an prachtvollen Bäumen, die die saftigsten Früchte trugen, bis hin zu einem kristallklaren Teich.
    (»Moment mal«, sagte Zamorra. »Das, was du uns hier schilderst, ist nicht die Quelle des Lebens. Dort gibt es keine blühende Landschaft, sondern nur gelbes, krank wirkendes Gras. Und der Teich ist ein trüber, widerlicher Tümpel. «
    Dylan nickte. »Stimmt. Ein völlig unangemessenes Äußeres für einen so wundervollen Ort.«
    »Ganz davon abgesehen, dass die Hüterin die Umgebung des Teichs nicht verlassen kann, um jemanden abzuholen. Zumindest hat sie mir das bei meinem letzten Besuch gesagt!«
    Dunja zuckte mit den Schultern. »Ich kann euch nur schildern, was ich gesehen habe. Und das war eine Landschaft, die so von Leben erfüllt war, wie man es auf der Erde kein zweites Mal findet.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«)
    Als wir das Ufer erreichten, streifte die Hüterin ihre Robe ab und watete bis zu den Knöcheln ins Wasser.
    »Ihr seid hier, damit einer von euch die Unsterblichkeit erlange. Leider darf ich euch nicht beide von der Quelle trinken lassen, obwohl ich es sehr gerne tun würde. Nur der Stärkere ist würdig genug, das Geschenk des ewigen Lebens zu empfangen. Deshalb müsst ihr gegeneinander kämpfen.«
    Mein Blick ruckte zu Atrigor. Zu seiner Panzerung, dem Schwert und den Dolchen.
    »Das ist nicht dein Ernst!«, entfuhr es mir.
    Die Hüterin lächelte. »Mein voller Ernst.«
    »Aber… aber seine Waffen!«
    »Bitte legt alles ab, was ihr am Körper tragt. Auch eure Kleidung. Und dann beginnt!«
    Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Sicherlich raubte es Atrigor einen Vorteil, wenn er auf sein Schwert oder seine Panzerung verzichten musste.

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