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0938 - Rabenherz

0938 - Rabenherz

Titel: 0938 - Rabenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Amulett und wer weiß was sonst noch.«
    »Er hat mir zwar das Gedächtnis genommen«, meinte Dunja. »Aber er hat mir auch etwas hinterlassen.«
    »Nämlich?«
    »Die Fähigkeit mich von einem Ort an einen anderen zu wünschen, wenn ich ihn klar vor mir sehe.«
    »So, wie du auf dem Schlosshof erschienen bist?«
    »Ja. Diese Fertigkeit scheint ein Teil von Merlins Magie zu sein, die er zur Aufrechterhaltung des Erinnerungsblocks in mir verankert hat.«
    Dylan verzog das Gesicht. »Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass du das noch allzu lange beherrschst. Vielleicht geht es den Weg aller Hinterlassenschaften des alten Zauberers.«
    »Wie konntest du ihn vor dir sehen?« Alle Köpfe ruckten zu Rhett, der die Frage gestellt hatte.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Dunja.
    »Den Schlosshof. Um dich hierher zu wünschen, musstest du ihn klar vor dir sehen. Wie hast du das gemacht? Halte mich nicht für unhöflich, aber was willst du eigentlich hier?«
    Dunjas Blick verdüsterte sich. »Das Erwachen der Erinnerungen an die Quelle des Lebens hat mich so überrollt, dass ich den Sinn meines Besuchs tatsächlich vergessen hatte. Entschuldigt.« Sie räusperte sich. Es wurde langsam Zeit, dass William endlich mit dem Wein kam. »Mein Zukunftsblick hat mir eine Vision von Château Montagne gezeigt. Und von dir, Zamorra.«
    »Und?«
    »Zugleich habe ich eine Warnung erhalten. Wenn die Hülle in die falschen Hände gerät, werde ich sterben.«
    »Häh?«, machte Dylan. »Wie jetzt: Hülle?«
    Zamorra sah Rhett an. »Weißt du, was damit gemeint sein könnte?«
    »Nee, keinen Dunst.«
    Vier fragende Augenpaare richteten sich auf Dunja, doch die zuckte nur mit den Schultern. »Ich hatte gehofft, hier eine Antwort darauf zu finden, von welcher Hülle…«
    Ein Scheppern und Klirren ertönte von außerhalb des Kaminzimmers.
    Im ersten Augenblick vermutete Zamorra, William sei mit der Weinflasche und den Gläsern gestürzt, doch dann rief Rhett: »Das kam von oben!«
    ***
    Etwas hatte sich verändert!
    Noch immer beherrschte das Gefühl des Eingesperrtseins sein Denken. Aber die Gefahr, die außerhalb des Gefängnisses lauerte, die ihm einen Ausbruch bisher unmöglich gemacht hatte - sie war verschwunden.
    Auf ewig? Oder nur für den Augenblick?
    Egal, er musste es wagen. Jetzt oder nie!
    Er streckte sich, warf sich hin und her, stemmte sich mit aller Kraft gegen die Mauern, die ihn einsperrten.
    Vergeblich!
    Er war zu schwach. Oder sein Gefängnis zu stark. Bestünde es nur aus Ziegeln und Mörtel, könnte er es sicher durchbrechen. Aber die ehemals weichen Fasern hatten sich zu einem undurchdringlichen Panzer verdichtet. Noch immer nachgiebig und geschmeidig, aber beinahe unzerstörbar.
    Niemals würde es ihm gelingen, sich aus eigener Kraft befreien. Er brauchte…
    Ein Beben erschütterte sein Gefängnis, ließ ihn bis in die letzte Pore erzittern.
    Da! Ein Riss. Schwach sickerte das Sonnenlicht herein.
    Er streckte sich noch einmal. Dehnte sich. Drückte gegen den kleinen Spalt - und verbreiterte ihn Stück um Stück.
    Plötzlich fühlte er Kraftreserven in seinem Körper, die er nie für möglich gehalten hätte. Beinahe so, als habe ihn das Beben mit Energie ausgestattet.
    Dennoch hatte er Zweifel, dass sie ausreichen würde. Seine Bewegungen erlahmten.
    Und erwachten erneut. Er musste endlich hier raus.
    Hass und Schmerz trieben ihn an.
    Hass worauf? Er wusste es nicht. Er meinte sich zu erinnern, dass diese Empfindung nicht zu seinem Wesen passte. Ihm hatte doch niemand etwas zuleide getan. Warum also sollte er hassen?
    Doch wenn das Gefühl nicht seinem wahren Charakter entsprang, woher stammte es dann? Es fühlte sich an, als trage er in seinem Inneren etwas Dunkles, Böses, das ihm den Hass und den Zorn einflüsterte. Ihn aufstachelte.
    Er musste sich nur dagegen wehren. Er brauchte sich diesen Empfindungen nicht hingeben, wenn er nicht wollte. Oder wollte er etwa?
    Verwirrung.
    Ein neues Gefühl.
    Und noch eines kam dazu: Angst.
    Vor der Zukunft. Vor dem, der ihn in das Gefängnis verbannt hatte.
    (Er hat es nicht absichtlich getan! Er konnte nichts dafür.)
    Würde er sein neues Wesen akzeptieren? Das, das zu Hass fähig war? Würde er versuchen, gegen das Böse tief in seinem Inneren anzugehen?
    Ein Name wehte durch sein Bewusstsein.
    Zamorra!
    So hieß der, der ihn verbannt hatte. Seine Aufgabe war der Kampf gegen das Böse. Also auch gegen das Böse in seinem neuen Wesen!
    Angst. Hass. Zorn.
    Verwirrung.
    Mit

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