0939 - Wenn der Satan tötet...
nicht an der Vorderseite. Dort befand sich auch der breite Eingang und der freie Platz, auf dem wir den Wagen abstellen konnten.
Die Fenster waren blank geputzt. In ihnen verfing sich das helle Licht des Nachmittags und ließ sie manchmal aussehen wie schimmernde Spiegel.
Suko stoppte, schnallte sich los und nickte. »Geschafft«, kommentierte er, bevor er sich an mich wandte. »Geht es dir jetzt besser, alter Knabe?«
»Ein wenig.«
»Gut.«
Wir stiegen aus. Es war abgemacht, dem Abbé den Vortritt zu lassen. Er würde einen guten Eindruck machen, denn er gehörte im weitesten Sinne ja zur Kirche.
Es gab auch eine Klingel. Die Tür wurde aufgezogen, und eine ältere Frau in der dunklen Tracht einer Nonne schaute uns an. Unter der Haube schimmerte ein weißer Rand hervor. Die Haube selbst sah aus wie ein Schiff, dessen Segel zu den Seiten hin weggekippt war.
Sie lächelte erst, dann sah sie uns; und ihre Augen weiteten sich, ohne daß sie einen unfreundlichen, sondern nur erstaunten Blick bekamen. Der Abbé stellte sich und uns vor und erwähnte eine gewisse Schwester Daniele.
»Ja, die gibt es hier.«
»Ich habe mit ihr telefoniert.«
»Das weiß ich nicht, Abbé, aber kommen Sie doch herein. Ich werde Daniele Bescheid geben.«
Wir betraten einen schon hallenartigen Raum mit mehreren Sitzgruppen. Ältere Männer saßen dort, die sich unterhielten oder lasen oder einfach nur ins Leere starrten.
Es waren die Priester, die ihre Arbeit erfüllt hatten und nun den Lebensabend in diesem Heim verbrachten.
Schwester Daniele trat aus einer dunklen Tür an der Seite und bewegte sich lächelnd auf uns zu. Ich schätzte sie auf vierzig Jahre. Das Gesicht unter der Haube war leicht pausbäckig, sah frisch aus, und auch in den Augen blitzte die Frische.
Sofort ging sie auf den Abbé zu. »Wir also haben miteinander wegen des Bischofs telefoniert.«
»Ja, das haben wir.«
»Ich bin Schwester Daniele.« Sie reichte Bloch die Hand, dann waren wir an der Reihe, unsere Namen preiszugeben. Die Nonne trat einen Schritt zurück, schaute uns an und hob die Schultern. »So, womit kann ich Ihnen denn dienen?«
»Als ich mit Ihnen sprach«, sagte der Abbé, »haben Sie den Bischof nicht gefunden. Wie sieht es jetzt aus? Konnten Sie in der Zwischenzeit mit ihm sprechen?«
»Nein.« Sie entschuldigte sich. »Ich hatte hier sehr viel zu tun. War es denn wichtig?«
»Das wissen wir nicht«, sagte ich. »Können wir denn zu ihm gehen? Ist er in seinem Zimmer?«
Die Nonne schlug gegen ihre Stirn. »Himmel, ich bin dumm. Natürlich habe ich mit ihm gesprochen, nachdem Sie anriefen, Abbé. Ich fand den Bischof im Garten, wo er fast apathisch auf einer Bank saß. Ich habe ihn dann in sein Zimmer gebracht. Mir fiel allerdings auf, daß er sehr verschlossen war. Er wollte nichts essen und auch nichts trinken.«
»Und sonst?« fragte Suko.
»War nichts mit ihm.«
»Zeigte er sich deprimiert oder ängstlich?« wollte mein Freund wissen.
»Nein, das nicht. Wenn er es war, habe ich es zumindest nicht bemerkt.«
»Bringen Sie uns bitte zu ihm.«
»Werde ich machen, kommen Sie.«
Wir folgten der Nonne ins Kloster und durchschritten Gänge, die auf mich einen düsteren Eindruck machten. Wenn ich hier das Sagen gehabt hätte, dann hätte ich die Wände zumindest hell gestrichen und sie nicht in dieser traurigen Farbe belassen.
Mit jedem Schritt wuchs meine Besorgnis. Wenn man von unsichtbaren Bedrohungen sprechen konnte, dann waren sie jetzt vorhanden. Als hätten sich Schatten in meiner unmittelbaren Nähe aufgehalten, die dabei waren, mich zu greifen.
Noch bildete ich mir die Dinge ein, aber das Gefühl wurde bohrender. Ich kannte diesen Pater Carlos nur von Erzählungen her, doch das Bild des toten Pfarrers wollte mir nicht aus dem Kopf.
Wir alle drei spürten den Drang, alles so schnell wie möglich hinter uns zu bringen, denn auch die Gesichter meiner Freunde waren sehr ernst.
Schließlich blieb die Nonne vor einer schlichten braunen Tür stehen, und bei einem ersten Hinschauen entdeckte ich auch keine Kratzer an ihm oder am Schloß.
Schwester Daniele klopfte, erhielt aber keine Antwort, was sie verwunderte. »Vielleicht schläft der Bischof«, vermutete sie. »Er machte auf mich einen ziemlich müden Eindruck.«
»Darf ich mal?« fragte ich und griff an ihr vorbei. Ich legte die linke Hand auf das kalte Metall der Klinke, öffnete die Tür sehr schnell und schaute in einen halbdunklen Raum. Der Bischof lag auf dem Bett.
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